waren die große Zeit einiger französischer Parfumhäuser – neben Caron, Guerlain, Isabey und Lubin schillerte auch Jovoy, was unter anderem auch an Blanche Avroy lag, der Gründerin, und wie man munkelt eine bekannte Pariser Persönlichkeit. Wie leider bei einigen dieser Häuser verglühten deren Sterne Jahrzehnte später, so strahlend sie auch einmal am Himmel standen – um Jovoy wurde es genauso still wie einst um Lubin. Umso schöner, dass sich in beiden Fällen jemand berufen fühlte, diese klassischen Häuser wieder aufleben zu lassen. Über Thévenin, den Mann hinter Lubin, diesem altehrwürdigen Haus und Stück französischer Kulturgeschichte, habe ich schon viele Loblieder gesungen. Heute ist nun Jovoy Paris an der Reihe.
Einige werden sich fragen, wie ich JETZT auf Jovoy komme – Jovoy hatte doch bereits vor einigen Jahren eine Renaissance erlebt, die allerdings eher unter ferner liefen gehandelt wurde. 2006 kamen sie auf den Markt, Les 7 Parfums Capitaux – eine in lilablassblaue Flakons gehüllte Dufttruppe von sieben Düften, die auf die Namen klassischer Parfumfamilien hörten – Marine, Chypre, Fougère, Poudre, Boisé, Hesperidé und Oriental. Ich habe sie damals alle getestet und fand sie – schön, durchweg. Zwei davon wanderten in meinen Besitz – Boisé sowie Chypre, von denen mir vor allem letzterer gefällt: Ein klassischer Chypre, nicht mehr und nicht weniger. Das trifft so auch auf den Rest der Kollektion zu, zumindest meines Erachtens nach: Man bekommt, was auf dem Etikett zu lesen ist. Handwerklich sehr gut umgesetzt, aber nicht wahnsinnig innovativ – muss es aber auch nicht immer sein, das meine ich ganz ernsthaft. Ich in jedem Fall bin glücklich mit meinem Chypre.
Als dieser Tage bei uns die zweite Renaissance (oder der erste Relaunch seit der Renaissance) von Jovoy eintrudelte, war ich mehr als neugierig: Ganz andere Namen, komplett geänderte Flakons, Düfte, deren Beschreibungen einiges versprachen, deren Zutaten sich so lasen, als ob sie wesentlich komplexer und kantiger sein dürften als ihre Vorgänger, und nicht zuletzt Jungparfumeure, die schon anderen Stellen von sich hören gemacht hatten. Meine Neugierde wurde nicht enttäuscht – und Ihr dürft gespannt sein auf eine tolle kleine Kollektion, die ich Euch diese Woche vorstellen werde.
Beginnen möchte ich heute mit Ambre Premier und Psychédelique.
Ambre Premier, der erste Amber, vereint Fans aller möglichen Ambrafacetten: Am Anfang war… trockene Würze. Rauch. Harzigkeit, glühende, gülden schimmernde. Ernsthaft und erhaben schreitet er einem entgegen, König Ambra der 1., gehüllt in einen dunklen Mantel erdig-süßen Patchoulis, um dann im Tête-à-Tête seine weichen Seiten zu offenbaren. Gewürznelke meine ich da zu entdecken, die auf einer Vanillewolke ruht, einer pudrigen. Piment? Muskat? In jedem Fall aber entspringt aus der Mitte ein Fluss von Rosenwasser, üppig floral und perfekt harmonierend mit jener mittlerweile samtigen Ambra, von subtilem Tabakrauch eingerahmt.
Ambre Premiers Basis ist dann noch eine Spur versöhnlicher – und ich sehe in dem Duft tatsächlich den Duft eines Rendezvous, den Ablauf eines Rendezvous. Er erinnert mich an eine undefinierte Filmschönheit, eine selbstbewusste – vielleicht an die alte Sophia Loren? In jedem Fall stelle ich sie mir eher dunkelhaarig vor, was aber nicht heißt, dass dieser Amber nicht auch von hellhaarigen Damen getragen werden kann oder auch Männern – an denen stelle ich mir dieses verführerische Düftchen nämlich ebenfalls ganz hervorragend vor.
Ambre Premier ist, obgleich ein typischer Italiener, ein innovativer Amber: Jene Rosen-Ambra-Mischung ist ein noch unausgetretenes Thema, und der zwischen harter Schale und weichem Kern oszillierende Amber gefällt mir ausnehmend gut. Der Parfumeur ist im übrigen Michele Saramito, der mich schon mit Amouages wunderbarem Fougère Opus II hellauf begeisterte und darüber hinaus noch Prince Jardinier Citrus Allegro sowie Ferrès Gieffeffe und zwei Düfte für Lily Prune kreierte.
Psychédelique ist ein… Patchouli, was sonst. Gebetsmühlenartig wiederhole ich es: Jede italienische Linie, die etwas auf sich hält, hat einen – einen Patchouli. Ein solcher steht uns nächste Woche, soviel sei verraten, mit den Antonio Visconti-Düften noch ins Haus – jetzt aber wieder zurück zu Jovoy Paris und zu François Hénin, dem jetzigen Mann dahinter. Dessen große Liebe ist er, dieser Patchouli, ambriert, üppig und opulent, Woodstock lässt er natürlich auch nicht unerwähnt… Schauen wir uns das gute Stück doch einmal an, dass von Jacques Flori kreiert wurde.
Ich glaube, ich hatte es schon ausführlich erwähnt – ich bin, im Gegensatz zu meinem Chef, kein ausgesprochener Patchoulifan, um es mal diplomatisch auszudrücken. Zu viele New Wave-Clubs in meinen Jugendjahren, zu viele schwarz gewandete Teenager auf Selbstfindungstrips, die in wogenden Wolken von Patchouli ihre hormonellen Depressionen (durch)lebten (wovon ich mich, ganz ehrlich, nur teilweise ausnehmen kann und darf ;)). In jedem Fall befinden sich exakt vier eher monothematische Patchouli-Düfte in meiner Kollektion: Borneo 1834, Mazzolaris Patchouly, Mazzolaris Lui und Etros Patchouly – die ersten drei liebe ich heiß und innig, letzteren benutze ich selten zum Layern.
Psychédelique nun vereint, wie schon sein soeben besprochener Amberbruder, alles Gute jener Düfte und bringt somit die Ingredienz ganz vortrefflich zum Strahlen: Sanfte Erde, likörige Süße, Karamell, ein Hauch nassen Laubs, Samtigkeit, an Kakao, tiefdunklen, erinnernde Pudrigkeit. Das Beste aller Welten vereinigt sich hier – und ich muss sagen, dass mich Psychédelique wirklich äußerst positiv überrascht hat, New Waver und Barfuß-Hippies hin oder her. Auch, wenn es schon viele Patchouli-Düfte gibt – sich diesen hier anzusehen ist ganz bestimmt kein Fehler!
Morgen geht es weiter mit einer Kollektion, auf die ich immer neugieriger werde…
Liebe Grüße und bis dann,
Eure Ulrike.
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