Wenn Herr Tauer von Lavendel träumt

Britannica LavenderUnd schon geht es weiter mit der Lavendelserie… übrigens habe ich gar nicht mehr so viele Düfte „auf Halde“, wenn Ihr also Vorschläge für Lavendeldüfte habt, die ich hier unbedingt einmal vorstellen sollte, dann nur heraus damit. Heute habe ich einen Duft auf dem Tisch, der, wie eine kurze Recherche zeigt, durchaus polarisiert. Die einen kommen mit den üblichen Vorurteilen von wegen Omas Schrank um die Ecke, die anderen sehen in ihm einen spannenden dunkel-grünen Duft: „Rêverie au jardin“ von Andy Tauer.

Ein Blick auf die Duftnoten lässt eine interessante Mischung erwarten:
Kopfnote: Lavendel, Galbanum, Bergamotte, Tannenbalsam, Rose; Herznote: Weihrauch, Ambrettesamen, Iris; Basisnote: Vetiver, Tonkabohne, Eichenmoos, Ambra, Sandelholz, Zedernholz

Unter den meisten Duftnoten kann ich mir etwas vorstellen – Galbanum gehört nicht dazu: Mein schlaues Buch verrät, dass es sich bei Galbanum um ein Gummiharz aus Steckenkraut-Arten aus dem Iran handelt, aus dem man wiederum per Wasserdampf-Destillation ein ätherisches Öl gewinnt. Dieses Öl soll grüne, waldige und balsamische Noten haben. Ich bin gespannt, ob ich es gleich entdecken kann.

Auf dem Duftstreifen ist der Lavendel sogleich präsent, aber auch eine frisch-würzige Komponente, die ich dem Tannenbalsam und auch ein wenig dem Galbanum zuschreiben möchte. In dieser Kombination ist das natürlich ein Kracher. Der ohnehin schon würzig-herbe Lavendel wird nun auch noch von einem Kiefernnadel-Tannenharz-Bergamotte-Verbund aufgerüstet, was selbst den Teststreifen zu einer äußerst intensiven Aromabombe macht.

Nach dem Aufsprühen auf die Haut bin ich überrascht, denn ich bin es mittlerweile gewohnt, dass sich die Kopfnoten eins zu eins wie auf dem Streifen wiederholen. In diesem Fall überhaupt nicht. Natürlich ist der Lavendel mit seinen Nadelholz-Kompagnons anwesend, aber der Rest vom Fest ganz deutlich auch. Die harzig-balsamischen Noten kommen klarer zum Tragen – ich denke das Galbanum kommt besser heraus und verbündet sich mit dem moschusartigen und blumigen Öl der Ambrettesamen sowie der Rose und dem Weihrauch. Was auf dem Duftstreifen intensiv krautig, harzig und frisch war, erweist sich auf der Haut im Verhältnis als insgesamt süßer mit einem blumigen Akzent, und was ich besonders ungewöhnlich finde ist, dass die Basis eigentlich kaum in Erscheinung tritt.

Ruined Wall, Coate Moor - geograph.org.uk - 1004031

Bei Traum und Garten hätte ich einen leichten, sommerlichen Blütenduft erwartet, aber das ist eine ganz falsche Fährte. Ich möchte überhaupt niemandem auf den Schlips treten, deswegen schreibe ich dies ausschließlich als meine Privatmeinung. „Rêverie au jardin“ ist eine ungewöhnliche Kreation, die den Mut hat, neue Wege zu gehen. Allein dafür schon großen Respekt. Meiner Meinung nach harmoniert die Komposition aber nicht optimal, zumindest nicht auf meiner Haut. Als Störfaktor würde ich das Tannenbalsam oder eben diese Nadelholzaspekte ausmachen, welche die Harmonie des Duftes unterlaufen. Auch nach längerer Zeit auf der Haut mag dieser Eindruck nicht schwinden und darüber hinaus geht der Lavendel leider auch unter.

Ich sehe hier keinen Garten, eher ein Waldrand, an dem einige Büsche blühen, eine verwunschene Lichtung, die nach geschlagenem Holz duftet und in ein dunkles Grün getaucht ist.

Deep-in-the-forest

Aber auch wenn der Duft meinen Geschmack nicht ganz trifft, bin ich beeindruckt von der unkonventionellen Vorgehensweise und kann allen Freunden extravaganter Düfte eine Probe dringend empfehlen. Ich denke, das ist ein Duft, der die Geister scheidet, aber wenn sich einer der Geister einmal dafür „be-geistert“ hat, ist es um ihn geschehen. Für jedes weitere Geister-Wortspiel lege ich fünf Euro ins Phrasenschwein, aber um diesem Spuk zu entgehen (Mist!), verabschiede ich mich lieber und bitte um reges Kommentieren, da ich sehr gespannt auf Eure Meinung bin.

Es grüßt aus dem dunklen Tann
Harmen

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

4 Kommentare

  1. Margot
    5. Dezember 2011
    Antworten

    Hallo Harmen,

    adhoc fallen mir nur noch 2 Lavendeldüfte ein:
    – Caldey Island Lavender (von dem L.Turin ja so begeistert ist)
    – Gris Clair von Serge Lutens, der mE ebenfalls ein Anders-Lavendel ist.

    Viel Spaß weiterhin und LG,
    Margot

  2. Harmen
    7. Dezember 2011
    Antworten

    Hallo Margot,
    danke für die Tipps. Da muss ich mal schauen, wo ich die herbekomme.
    Liebe Grüße
    Harmen

  3. Katharina W.
    11. Dezember 2011
    Antworten

    Lieber Harmen,

    Gris Clair ist ein unbedingter Vorstell-Kandidat!

    Mein liebster Lavendel-Duft ist Caldey Lavender Water. Das ist ein reiner Lavendel-Duft, ohne störendes Beiwerk. Er wird von Mönchen und Nonnen auf der walisischen Insel Caldey destilliert.

    Liebe Grüße
    Katharina

  4. Harmen
    12. Dezember 2011
    Antworten

    …der Caldey Lavender ist schon bestellt 🙂 Den anderen muss ich wahrscheinlich Uli aus den Rippen leiern 😉
    Danke und liebe Grüße
    Harmen

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