Prudence Paris Teil 2.

Diese Woche ist Prudence-Paris-Woche und heute klemme ich mir deshalb Duft No. 2, No. 3 und No. 4 für Euch unter die Nase.

Prudence No. 2 ist, wie ich bei uns im Shop schon geschrieben habe, eine Ode an die Rose, jene Blume der Liebe. Rosendüfte gibt es viele – dieses Argument ist durchaus stichhaltig und ein berechtigter Einwand. Allerdings ist die Rose eben nicht nur sehr beliebt, sondern bietet darüber hinaus auch etliche Facetten, die es auszuloten gilt. Mit No. 2 hat die Parfumeurin sich das zu Herzen genommen und einen kleinen, feinen Rosenduft kreiert, der sich auf eher leiseren Sohlen in die Herzen der einen oder anderen Dame schleichen wird.

Ein dichtes, volles Bouquet verschiedener Rosensorten, unter anderem Provence-Rose und Damaszener Rose, geben sich hier ein Stelldichein, schillernd und frisch die unterschiedlichen geruchlichen Seiten der Rose(n) abbildend: Frische, Fruchtigkeit, dezente Säuerlichkeit, pfefferminzige und auf meiner Haut auch himbeerige Anklänge. Luzidität, ätherische fast schon, von einem Blattgrünkrönchen geschmückt und herrlich von Sternanis kontrastiert.

Im Gegensatz zu normalem Anis empfinde ich den Geruch von Sternanis immer als zurückhaltender, komplexer und harmonischer. Anis erinnert mich in Düften, siehe zum Beispiel Etros Anice, immer sehr an Ouzo, einen der leider einzigen Exportschlager Griechenlands. Zum Essen – hervorragend, aber bitte nicht zu viel davon. Auf meiner Haut fühle ich mich mit derlei Düften immer so, als ob ich in ein Ouzofass gefallen wäre und rechne jederzeit damit, von der Polizei an- und aufgehalten zu werden. Die meisten Düfte, in denen Sternanis vertreten ist und die mir aus dem Stegreif einfallen wie Borsaris Mirra e Anice Stellato oder Byredos Fantastic Man, weisen Sternanis-Noten auf, die überhaupt nicht an den durchdringenden Duft von Anis erinnern, sondern eher süßlich-frisch und gleichzeitig warm-würzig aromatisch wirken. Und das, obgleich Sternanis und Anis – die im übrigen NICHT verwandt sind – eine ähnliche Zusammensetzung der ätherischen Öle aufweisen und deshalb ähnlich schmecken sowie riechen und wirklich für dieselben Zwecke verwendet werden.

Nun, in jedem Falle zeigt sich jener Magnolienverwandter in der No. 2 als perfekte Ergänzung zur Rose, deren weiche warme Basis aus Vanille und Ambra wunderbar abfedernd. Das Duo aus Rosen und Sternanis harmoniert exzellent und offeriert sanfte aromatische Frische und Wärme, die auf jener warmen Basis zur Ruhe kommt.

Mich erinnert der Duft immer ein bisschen an – ich weiß nicht, einen Raum, in dem etwas Handwerkliches betrieben wird. Eine Küche in einem alten Bauernhaus vielleicht, in der das Rosenwasser für die Konfektherstellung bereitsteht? Eine alte Apotheke, in der man auch Rosenblätter kaufen kann? Eine schöne Stube in einem alten Haus, in der Kosmetik selbst hergestellt wird? In diese Richtung gehen die Impressionen, die ich zur No. 2 im Kopf habe und die diesen friedvollen und freundlichen Duft für mich bebildern.

Prudence No. 3 bietet auch Rosenwasser, allerdings kann dieses hier nur in Kosmetik oder Haarpflege gelandet sein, denn der Duft entführt uns nach anfänglicher floraler Koketterie gleich ins Boudoir: Während der Auftakt von rosenrotem Rosenwasser, lilablassblauen Veilchen und von Blattgrün umranktem Jasmin geprägt ist, von Bergamottesternchen zart beleuchtet, findet man sich alsbald in ganz anderen Gefilden wieder. Ich fühle mich erinnert an das Umkleidezimmer eines großen Stars, vielleicht einer Sängerin, Tänzerin oder Schauspielerin, das über und über mit Blumengrüßen mehr oder minder schüchterner, aber unzähliger Verehrer gefüllt ist. Und natürlich einen Schminktisch beherbergt, auf dem sich Schminkutensilien wie kostbare Puderdosen mit riesigen Quasten und Lippenstifte in kraftvollen Farben türmen. Ganz großes Kino – für Fans pudriger Düfte, die Weißblüher nicht scheuen.

Prudence No. 4 verwirrt mich vollkommen: Ein weißblühendes Herz ist gelistet, Jasmin, Maiglöckchen, Magnolie sowie Veilchen, Nelke und Pflaume, frische Bergamotte im Kopf und Vanille in der Basis… und ich rieche permanent Melone beim Aufsprühen. Vielleicht habe ich schon zu viel Melone gelesen, in den Beschreibungen der anderen Düfte, die da noch kommen? Ich weiß es nicht, wußte es nicht, beim ersten, zweiten Mal. Mittlerweile, zig Tests später, bin ich schlauer: Die säuerlich-fruchtigen Bergamottesprenkler sind es, die zusammen mit wässriger Magnolienblüte meine Nase durcheinander brachten. Alsbald allerdings gesellt sich zu deren Düft ein überaus üppiger Jasmin süß-fruchtiger Natur, von frisch-sauberem Maiglöckchen begleitet und von würzig-ernster, ein wenig bitter-grüner Nelke kontrastiert. Fruchtig-herbe Noten kommen ins Spiel, eine noch nicht ausgereifte Pflaume, satt-fleischig und saftig. Und die Basis rundet mit würziger Vanillesüße ab, die den Anschein erweckt, als hätte sie sich auf einem Sandelholzstühlchen niedergelassen.

Morgen geht es weiter mit Prudence Paris – bis dahin alles Gute,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Detailaufnahme einer Rose von Erixsen, Salt and Light von kslyesmith, Junge Dame im Boudoir (1829, Maler unbekannt), some rights reserved, vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Evelyn
    23. November 2011
    Antworten

    Guten Morgen liebe Uli,

    hach, heute machst Du mich ganz verliebt in dieses wunderschöne Bild da oben!!! „Salt and light“, welch traumschönes Foto!!! Da komm ich am hellen Morgen schon ins Träumen und genieße es sehr.

    Meine (bisherigen) Favoriten von Prudence sind: 6, 7, und die 8. Die 6 hat sogar schon den Weg zu mir nach Hause gefunden und bei der 7 überlege ich noch, ob ich dieses überaus leckere Zwischending aus „Jailia“ und „Angel“ auch noch besitzen muss… *soifz*

    Ich bin und bleibe also weiterhin gespannt auf Deine Ausführungen!! 🙂

    Herzlichst
    Evelyn

  2. Ulrike
    28. November 2011
    Antworten

    Hallo liebe Evelyn,

    das freut mich sehr, dass ich Dir schon morgens Schmetterlinge in den Kopf zaubern konnte (und hoffentlich doch auch in die Nase? Oder hast Du ALLE schon getestet?) – ich gebe mir immer sehr viel Mühe mit den Bildern, das ist oft ganz schön aufwändig, die Suche nach EXAKT DEM Bild, dass mir dann zum Duft im Kopf herumschwebt 🙂

    Ich finde No. 5 am schönsten – gefolgt von 2, 6, 7 und 8 in noch nicht sortierter Reihenfolge. Und – ich mag die beiden Mädchenparfums, die kommen aber diese Woche noch 😉

    Liebe Grüße zurück,

    Uli.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert