Gelegenheit macht Düfte…

… oder so ähnlich: Kennt Ihr das auch? Düfte, die Ihr nur und wirklich ganz ausschließlich zu bestimmten Gelegenheiten tragt? Ich habe mich neulich ertappt: Während der letzten Wochen, in denen es, was man dieser Tage kaum glauben mag, nicht so richtig Sommer sein wollte. Es regnete, war dabei kalt, für sommerliche Verhältnisse. Aber doch warm, weil – es war ja Sommer, hätte ja eigentlich Sommer sein sollen. Ein idealer Tag für – Bosque.

Humiecki & Graefs kleines Meisterwerk, welches ich Euch vor einiger Zeit bereits anhand des Mythos‘ des Aristophanes vorgestellt habe, trage ich nur, wenn es regnet. Und zwar nur bei warmem Regen, niemals im nasskalten Herbst/Winter und erst recht nicht bei Schnee. Das passt nämlich nicht – zu jener seltsamen Palette Gelb, die Bosque offeriert. Jenem warmen Büffelgras, das von Vetiver hauchzart angeraucht wird, den Primeln und Narzissen, die schüchtern ihr Blütenkleid darbieten und eine eigenartige Süße verströmen, während Grapefruit säuerlich-keck prickelt auf der Haut, eine zweite ebensolche bildend, zusammen mit jener nach mehr duftet und Erwartungen weckt… Regen, warmer Regen ist dafür einfach exakt richtig.

Penhaligon’s Opus 1870 ist ebenfalls ein solcher Kandidat bei mir: Wann immer ich einen klaren Kopf brauche, das Bedürfnis habe, aufzuräumen im Oberstübchen, wann immer mich Kopfweh plagt – Gott sei Dank selten – und wann immer ich der Illumination bedarf – exakt dann kommt 1870 zum Einsatz und nur dann. Opus – gemeinhin ein Meisterwerk, der Name verspricht viel und stapelt nicht unbedingt tief, zugegeben. Außerdem handelt es sich bei der Jahreszahl natürlich um das Gründungsjahr des Hauses, klar. Gewürze und Zitrusfrüchte, denkt man auf den ersten Blick – Kopfnote: Schwarzer Pfeffer, Yuzu, Koriander, Zitrische Noten; Herznote: Gewürznelke, Zimt, Weihrauch; Basisnote: Sandelholz, Zedernholz, Hölzer, Moschus. Opus bietet aber mehr: Hesperidenfrische von einer transparent-transzendenten Klarheit, versehen mit einem exotisch-fremdartigen Yuzu-Anstrich, von Pfefferschärfe gelungen-gekonnt kontrastiert. Ein paar trockene Hölzer in einem Rauchschleier – schon ist er fertig, jener unprätentiöse, absolut zeitlose Duft, der in der Tat meiner Meinung nach ein Meisterwerk ist. Mein Intellektuellen-Düftchen, ein stylischer Camus.

Mit Serge Lutens kuschele ich wahnsinnig gerne auf dem Sofa, genauer – mit Douce Amère. Anfangs hatten wir es schwer, wir zwei: Lange habe ich gebraucht, um diesen Duft zu verstehen. Eigen- und einzigartig ist er, und der Name ist wahrlich Programm: Bittersüß. Absinth oder besser Wermut und Schokolade, karamellige Anklänge, eine Armada von Blüten, zumeist weiß, die aber als betörende Einheit auftreten, und Lederanklänge sowie Hölzer. Seltsam ist sie, die Mischung aus Bitterkeit und Süße, aus Wärme und Frische, Trockenheit und Herbheit. Allerdings, nach dem wir uns angenähert hatten, wurde Douce Amère zu meinem Couchkuschler. Nirgendwo anders trage ich ihn und immer nur ihn.

Weiter in die Horizontale geht es mit Botrytis von Ginestet: Es gibt im Winter nichts Besseres als mit Botrytis im Bett zu liegen, diesem kleinen, zu einem Lächeln ermutigenden Honigkuchenpferd. An Herbst erinnert er, einen in satte Farben getauchten, gülden strahlenden, am besten in Frankreich und natürlich auf einem Weingut zu verbringenden. Wein, Honigwein, Gewürze – ein echter Gaumenschmeichler. Bei derzeitigen Temperaturen undenkbar, für mich aber außerhalb meines Nachtlagers auch nicht vorstellbar. Dort allerdings liebe ich ihn. Und harre dieser Tage sehnsüchtig auf (noch mehr) nachlassende Temperaturen und die Möglichkeit, nicht nur meine Herbt-/Winterlieblinge wieder auszupacken, sondern auch Botrytis einmal wieder im Bett zu tragen.

Geht es Euch aus so? Habt Ihr ebenfalls Düfte, die nur zu ganz bestimmten Gelegenheiten ihren Auftritt haben (dürfen)? Erzählt mal!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: A rainy day von kaxmopp, some rights reserved – vielen lieben Dank! Darüber hinaus, weil Ihr es seid: Ein Schnappschuss von meiner Couch samt Mini-Maya und Zora.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

8 Kommentare

  1. Jutta L.
    30. August 2011
    Antworten

    Hallo liebe Uli,

    das ist aber ein schön entspanntes Bild! Danke auch noch für die Farmacia Annunziata Reviews, ich werde sie mir alle nochmal vornehmen, die schönen Düfte.
    Ich habe auch einige besondere-Gelegenheiten-Düfte, oft sind es auch besondere-Zustände-Düfte. Einer davon ist von MPG, Santal Noble, für mich das beste Anti-Depressivum, die Sandelholz-Kaffee Mischung zum Kuscheln. Opus 1870 finde ich übrigens auch sehr sehr schön, von dem hört man nicht viel, daraus entnehme ich, dass er etwas unterschätzt wird, oder?
    Mein neuestes Antidepressivum enthält übrigens auch vieeel Sandelholz und geht das ganze Jahr, Loggia dei Mercanti von La Collina Toscana. Das ist mein Sofaduft! Mein ich-bin-sexy-und-mir-kann-keiner-was-Duft (Leute die mich kennen, möchten das bitte mit einem Augenzwinkern betrachten) ist immer noch Cafe Noir von Dawn Spencer Hurwitz, nach vielen Jahren. Aber in der Kategorie ist noch der sonnige Carnal Flower dazu gekommen. Mehr fällt mir bestimmt später ein. Übrigens ist die Whiskeyprobe nicht vergessen, muss nur noch geplant werden. Derzeit bin ich im Urlaub am wunderschönen Idrosee in Italien…. liebe Grüsse
    Jutta L.

  2. Ulrike
    31. August 2011
    Antworten

    Huhuu liebe Jutta,

    ja, mit Katzen kuschelt es sich sehr entspannt auf dem Sofa, aber das kennst Du sicher aus eigener Erfahrung 😉 Und mit einem Whisky in der Hand geht es noch besser – mittlerweile stehen hier schon einige Fläschchen, trotz allem bin ich einem Tasting nach wie vor immer noch sehr zugetan 🙂 Dann planen wir mal nach Deinem Urlaub, sehr gerne!
    Santal Noble – sehr schön, den könnte ich auch mal wieder vorholen. Und Loggia ist wirklich auch ein nettes Düftchen. Den Cafe Noir von DSH kenne ich leider noch nicht, dafür ist gerade Carnal Flower bei mir eingezogen 😉

    Einen schönen und erholsamen Urlaub wünsche ich und viele liebe Grüße,

    die Uli.

  3. Annette
    31. August 2011
    Antworten

    Hallo liebe Uli,

    jaa, die Tiger (wobei ich das zweite Exemplar erst nach dem Lesen der Bildunterschrift wirklich enteckt habe *g*) und ein Sofa, das ist schon was Feines!

    Zur Zeit sind meine „Stimmungsdüfte“:
    1. Wetter ist mies, alles mies aber hey, ich habe auch ein Sofa und Katzen und ein neues Buch! : Ambre russe
    2. Jetzt wird in die Hände gespuckt, heut schmeiß ich die Welt um! : Yuzu Man
    3. Miß Super-Sexy-auch-wenn’s-keiner-sieht verbunden mit „heut gönne ich mir was“: Le Dix
    4. Wetter mies, alles mies und Stimmung _auch_ mies und überhapt gehe ich jetzt unter „Wähgeschrei“ ins Bett: Divin‘ Enfant
    5. Kopf klar kriegen: CdG Odeur 71

    Viele liebe Grüße!

    Annette

  4. Ulrike
    31. August 2011
    Antworten

    Hallo liebe Annette,

    yep, Zora ist als Kissen gut getarnt, nicht? 😉
    Ambre Russe als Kuschler, das kann ich mir auch gut vorstellen bei Schmuddelwetter im Herbst mit (Duft)Kerze oder, wer hat, Kamin an… Divin‘ Enfant – schön 🙂 Da leg ich mich zum Plärren glatt daneben 😉
    Und den Odeur muss ich glatt nochmals testen demnächst!

    Viele liebe Grüße zurück,

    die Uli.

  5. Margot
    6. September 2011
    Antworten

    Hallo Uli,

    ja, schönes entspanntes Bild und Mini natürlich im Mittelpunkt!
    Also mit dem Botrytis kann ich Dir gar nicht folgen, sorry. Der ist für so was von bäääh, den würd ich im Bett nicht mal tragen, wenn ich jemanden daraus verscheuchen wollte.
    Ein schöner Couch-Kuschler ist für mich Patchouli von Micallef. Ansonsten bin ich nicht so fixiert auf einen bestimmten Duft zu einer bestimmten Gelegenheit. Allerdings fällt Thundra von Profumum für mich auf einen grauen, kühlen Regentag, aber noch nicht zu kalt!

    Liebe Grüße und eine entspannte Woche,
    Margot

  6. Ulrike
    8. September 2011
    Antworten

    Nun, wenn man HONIG in Düften nicht mag, liebe Margot, dann ist es wahrlich keine Kunst, den Botrytis nicht zu mögen 😉 *lach*
    Hast Du mal Lutens‘ Miel de Bois versucht? Das müsste dann ein echter Abschrubber für Dich sein 😀
    Thundra bei Regen? Muss ich mal versuchen. Und wirklich wenige(r) Düfte zu Situationen? Mir fallen ziemlich sicher noch viele mehr ein bei längerer Überlegung.
    Zum Thema Bild: Ich MUSS ja immer Decke haben, egal welche Temperatur 😉

    Liebe Grüße zurück,

    die Uli.

  7. Margot
    13. September 2011
    Antworten

    Hallo liebe Uli,
    so, heute war esrelativ war und geregnet hat’s auch. Was lag da näher, als heute den Bosque einem Langzeittest zu unterziehen? Also, ich hab’s getan und finde diese Kombination sehr schön! Vor allem ist es ein sehr haftender Duft so dass ein Nachlegen bis jetzt nicht notwendig war.
    Wer hätte das gedacht?

    Liebe Grüße,
    Margot

  8. Ulrike
    15. September 2011
    Antworten

    Tja, sag ich doch 😉
    Finde ich schön, dass Du ihn auch als Regenduftkandidaten empfindest 🙂

    Liebe Grüße zurück,

    die Uli.

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