Schon seit längerem bin ich neugierig, was es mit den Düften von Domenico Caraceni auf sich hat. Neugierig machte mich vor allem die Unternehmensgeschichte. Ein Modedesigner, der auch eine Duftkollektion herausbringt ist ja nun beileibe kein Einzelfall. Wenn es aber um den „Vater der italienischen Schneiderkunst“ Domenico Caraceni geht, der bereits 1913 sein Geschäft gründete, sieht die Sache anders aus. Der werte Herr muss direkt am Puls der Zeit gelebt haben, denn seine Entwürfe begeisterten illustre Namen wie Tyrone Power, Humphrey Bogart, Gary Cooper, Cary Grant, Yves Saint Laurent, Gianni Agnelli, Sophia Loren und Valentino Garavani. Auch Kunden aus dem europäischen Adel ließen sich in Caraceni hüllen, etwa Rainier von Monaco, Aristoteles Onassis oder aber heute auch der allseits bekannte Partylöwe Silvio Berlusconi.
Als heutigen Kandidaten habe ich mir Ivy League herausgesucht, kein Efeuduft, so viel sei verraten. Bei Ivy League handelt es sich um eine Liga im amerikanischen Hochschulsport, welcher die acht Eliteunis im Nordosten der USA angehören: Brown University, Columbia University, Cornell University, Dartmouth College, Harvard University, University of Pennsylvania, Princeton University und Yale University. Eine beliebte Herleitung des Namens „Ivy League“ besteht in dem Verweis auf die altehrwürdigen, efeubewachsenen Universitätsgebäude. Eine andere Theorie besagt, dass der Name aus der römischen Zahl IV der ursprünglichen vier Mitglieder stamme. Wie dem auch sei, es handelt sich in jedem Fall um die Kaderschmieden der Oberklasse, denen auch der wissbegierige Studienanwärter nur nach äußerst strengen Auswahlverfahren beitreten darf.
Welche Auswahlverfahren die folgenden Zutaten wohl hinter sich gebracht haben, um als glückliche Gewinner in Ivy League zu landen?
Kopfnote: Zitrone, Bergamotte, Mandarine, Kamille; Herznote: Geranium, Ylang-Ylang, Jasmin; Basisnote: Sandelholz, Vetiver, Moschus, Ambra
Gewissheit bringt letztlich nur der Selbstversuch. Frisch geht es los mit einer verhaltenen Zitrone und Kamillenoten. Recht schnell wird jener Auftakt von Blütennoten abgelöst, ohne dass jedoch die Kamille verloren geht. Beeindruckend finde ich, dass solch ausgeprägte Blüten nicht süß riechen können. Auf die Basis muss man ein wenig warten, doch ich meine, dass Sandelholz und Moschus sauber-seifig die Aspekte der Kamille aufgreifen und untermauern, ansonsten findet sich hier keinerlei Schwere. Die Blüten bilden für sich eine Einheit, wobei herb-würzige Noten der Kamille jegliche Süße unterbinden.
Für meinen Geschmack hätten die seifigen Töne etwas zurückhaltender sein dürfen. Trotzdem ein wirklich ansprechender Herrenduft mit einem klaren Geist und einem geradlinigen Charakter, aber auch für eine Frau ebenso tragbar. Dieser Universitätsduft hat überhaupt nichts von staubigen Bibliotheken mit Schweinslederbänden oder knarzenden Kathedern. Er passt meines Erachtens perfekt zu einem sportlichen Akademiker, der Traditionen zu schätzen weiß.
Mit dem Leitsatz des Dartmouth College verabschiede ich mich
Vox clamantis in deserto
Harmen
Hallo Harmen,
ja, ich sehe, Du bleibst weiterhin den Zitronendüften treu! Vielen Dank für Deine ebenfalls immer interessanten und aufschlußreichen Interpretationen in diesem Duftsegment.
Sollte es Dich trotzdem mal nach „….staubigen Bibliotheken mit Schweinslederbänden oder knarzenden Kathedern …“ gelüsten, empfehle ich Dir Baudelaire von Byredo 😉
LG, Margot
Hallo Margot,
ja den sollte ich wirklich mal testen! Der Name allein ist ja schon sehr vielversprechend. 🙂
Liebe Grüße
Harmen