Das italienische Parfumhaus Casamorati 1888, von Xerjoff vor einiger Zeit erfolgreich wiederbelebt, erfreute uns gerade mit zwei neuen Düften – Lira und Regio, ganz gerecht aufgeteilt natürlich ein Damen- und ein Herrenparfum.
Heute gebe ich den Damen den Vorzug und beginne mit Lira: Als „geheimnisvoller, provokanter und talentierter Star“ wird der Duft, vielmehr wahrscheinlich die Frau beschrieben, die ihn trägt. Souverän, faszinierend, sensibel und so charmant wie verführerisch soll sie sein – eine, wie ich meine, nicht sonderlich innovative Beschreibung, was angesichts des Duftes dahinter sehr schade ist. Aber zuerst einmal die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Blutorange, Lavendel; Herznote: Rose, Jasmin, Zimt, Süßholz (Lakritze); Basisnote: Vanille, Moschus, Karamell.
Herb-prickelnd gewährt einem Bergamotte Einlass und leitet über zu ernst-würzigem Lavendel, welcher auf einem üppigen Gourmand-Divan ruht. Cremig-milchige Vanille von samtener Süße, zuckriger Karamell sowie watteweicher Moschus bereiten der Lavendeldiva ein angenehmes Lager, die kokett mit zimtigem Schimmer lockt. Zimt, Lakritze und Lavendel ergänzen sich hier auf derart vorzügliche Art zu einem würzigen Etwas von verhaltener Süße, das von der Gourmandbasis harmonisch ergänzt und von fruchtiger Blutorange sowie floralen Anklängen perfekt abgerundet wird.
Lira ist ein Erwachsenen-Gourmand-Duft, der verführerisch an… ich musste lange nachdenken, habe es jetzt aber: Spanische Leckereien erinnert. An Menjar Blanc, jenen göttlichen Mandelpudding, mit einem Schuss Orangenlikör und von Zimt überstreut? An spanischen Mandelkuchen mit Zimt und Orange? An Mandeleis mit eingestrudelten Zimt-Orangenlikör-Spuren?
Ich finde Lira unglaublich lecker und könnte mir, obgleich kein Gourmandfan, sehr gut vorstellen ihn zu tragen. Er hat die Klasse und die trockene (Lavendel)Süße eines Maharadjah von Patricia de Nicolaï, stellt sicherlich für alle Zimtliebhaber eine gelungene Antwort auf ihre Gelüste dar und dürfte erwachsene Leckermäuler hochgradig erfreuen. Ohne Zweifel – eine Italienerin mit Starcharakter und voller Sinnlichkeit.
Regio, der neue Casamorati-Mann, zollt einer typisch maskulinen Domäne Tribut und huldigt denjenigen Gesellen, die noch echten Männertätigkeiten nachgehen: Seefahrt, Seefahrer und Eroberer, Abenteuer nahm man sich als Vorbild.
„Inspiriert von dem atemberaubenden Meer und dem leichten Wind an den Küsten im Süden Italiens ist Regio ein wertvolles Mosaik aus mediterranen Schätzen.“
Von einem „sehr ungewöhnlichen“ und „markanten“ Aroma ist da die Rede – was sich wie Marketingblabla anhört, trifft hier in der Tat zu: Lange habe ich gebraucht, um einigermaßen Worte zu finden für den Duft und das, was ihn ausmacht. Extravagant im Duft und schwer auseinanderzudröselnd. Nichtsdestotrotz werde ich es für Euch versuchen 😉
Der Auftakt bereits offenbart das wahre Naturell, zeigt sich durchdringend, gleichermaßen spritzig-leicht, aber auch verwegen und von Tiefgang geprägt. Verantwortlich dafür ist eine Melange aus prickelnder Grapefruit, deren säuerliche Herbe sich durch Bergamotte bekräftigt sieht. Kardamom zaubert grün-luzide Frische, während dunkelviolette Patchouli-Pflaumen rauchig-eigenartige Fruchtigkeit malen. Lavendelwürze akzentuiert dieses ungewöhnliche Gespann und kreiert Emergenzen: In Verbindung damit, vornehmlich mit den Hesperiden, entwickelt sich eine Art maritim-aromatische Note, die leicht salzig-metallische Anklänge besitzt und mich die Seefahrerkurve in diesem olfaktorischen Bild nehmen lässt, welches auf einer holzigen Basis weicher Natur ruht, von einer dezenten Wärme umweht.
Immer wieder und wieder habe ich Regio getestet – mit dem Ergebnis: Schlussendlich mag ich ihn, sehr sogar. Aber er brauchte seine Zeit, vielmehr: ich brauchte meine Zeit und einige Anläufe. Mit was man ihn vergleichen könnte? Mit gar nichts eigentlich. Vielleicht eine Art Indult Isvaraya auf hoher See? Mit maritimer Ausstattung und Fougère-Akzenten? Irgendwo da könnte man fündig werden.
Habt Ihr schon getestet? Ich stehe beiden Düften sehr wohlwollend gegenüber – und muss sagen, dass sie bei mir mehr Eindruck hinterlassen haben als die restlichen Casamoratis, die ich mir vielleicht nochmals zur Brust nehmen sollte (da war doch ein schöner Tabak…).
Liebe Grüße und einen schönen Tag Euch,
Eure Ulrike.
Bildquelle: Monica Bellucci von Manfred Werner – Tsui, Norwegian Sailor (1943), Much tattooed sailor aboard the USS New Jersey (1944), alles via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!
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