Brecourt…

lautet der Name eines neu oder besser erneut ins Leben gerufenen französischen Hauses. Verantwortlich für die Quasi-Renaissance ist Emilie Bouge, deren Großeltern das Parfumhaus „Bruno Court“ betrieben, einen 1812 in Grasse gegründeten Familienbetrieb. Dieser wurde wohl in den Sechzigern von Mane geschluckt, was das Ende des vorher unabhängigen Hauses bedeutete. Bouge lag somit – wie einigen anderen auch, siehe Patricia de Nicolaï oder auch Romano Ricci (Juliette has a Gun) – das Parfum bereits in der Wiege: Sie wuchs ebenfalls in Grasse auf, wie das Pressematerial ausmalt zwischen wertvollen Baccarat-Flakons und kostbaren Ingredienzen für die Parfums des russischen Zarenhauses. Sie absolvierte natürlich jene klassische Ausbildung, die so gut wie jeder Parfumeur von Rang und Namen hinter sich hat: Ein Studium an der legendären, von Jean-Paul Guerlain gegründeten ISIPCA. Bevor sie sich nun einen Lebenstraum erfüllte und das Erbe ihrer Familie mit ihrer Firma Brecourt wieder aufleben ließ, arbeitete sie für Charabot und kreierte unter anderem Düfte für Clarins, Esteban, Salvador Dalí, Isabel Derroisné und weitere.

„From my first trials, each of my creations bears a part of an ccomplishment in a job which I always dream of. Through my company, Brécourt, I wanted to freely explore all the modern contours of a polysensorial formulation. If the olfactive emotion is a subtle amalgam between the fragrance, a person and a context; I see the context as the most important emotional vector because it recalls to mind all the memories of the other senses: this had been my major inspirational source. I have therefore put into a bottle the places and the special moments to highlight the personality of those who might take pleasure in it. To feel a scent is to explore humanity from the inside.“

Düfte, Emotionen, Gefühle – nicht neu, aber immer wieder zutreffend. Und Frau Bouge war enorm fleißig: Elf Düfte umfasst ihre Brecourt-Kollektion zu deren Beginn, sieben als Damen- und vier als Herrendüfte klassifiziert – diesen widmen wir uns diese Woche.

Nachdem sonst immer die Frauen zuerst dran sind beginne ich diesmal mit den Herren, genauer: mit den ersten beiden Herrendüften: Mauvais Garçon und Esprit Mondain.

Mauvais Garçon, in etwa „böser Junge“ ist natürlich ein kokett gewählter Name, und wenn man Bouges Zeilen dazu ließt, würde man doch gerne etwas mehr zu den Hintergründen des Duftes wissen:

„He thought that he could seduce the whole world with his physique and virile attitudes. He almost convinced me by his guile and polish. Too late, I realised that he is a bad boy…“

Ein Verführer, der ihr den Kopf verdrehte? Eine leidenschaftliche Liaison, eine verflossene Liebschaft oder Affäre? Was da vorgefallen ist werden wir nie erfahren, denke ich… Dem Duft nach zu urteilen muss es aber äußerst reizvoll gewesen sein: Ein Hesperidenspritzer in der Kopfnote hält sich der Duft nicht lange mit Nebensächlichkeiten auf und kommt alsbald zur Sache. Streng-muskulöser Lavendel, eine Prise Muskat und Zimt für die Schärfe, ein Hauch floraler Träume, nicht näher definiert und – jede Menge Haut, weiche, warme und süße Haut, von der Basis aus Sandel- und Zedernholz, Patchouli sowie Tonkabohne und Vanille vortrefflich gezeichnet und von einer sehr erotischen… Würze.

Als „oriental, woody, spicy“ würde ich persönlich den Duft nicht bezeichnen. Aber viril, maskulin, roarrr – das kann ich definitiv unterschreiben. Und das obgleich ich Vanille an Männer tatsächlich nicht schätze – normalerweise… Mauvais Garçon allerdings ist was anderes, sozusagen die wirklich männliche Variante von Givenchys Pi – falls mein alter Kumpel Arthur mitlesen sollte: Kaufen! Tragen! [Anmerkung am Rande: Auch wenn Du vermutlich kein solches Sixpack mehr hast wie auf dem Pressefoto…]

Esprit Mondain, der mondäne Geist, das hört sich nach einem noblen Gemüt an – und in der Tat, der Duft ist der (männlichen?) Eleganz gewidmet, für Bouge eine gekonnte Mischung aus Dezenz und Präsenz:

„For me, the height of elegance is to know when to symbolise/trace a discreet presence when the occasion calls for it. Worldly Spirit is a school for rigeur, serenity and delicacy.“

Mir war eigentlich schon vorher klar, was für eine Art Duft mich hier erwartet und Madame Bouge enttäuscht meine Erwartungen keinesfalls: Die frische Kopfnote, nach der es ihr gelüstete, ist ihr hervorragend gelungen – Zitrone, hell, prickelnd, zitrisch, und Galbanum, mit dezenten minzigen Waldmeisteranklängen, die in ihrem Zusammenspiel eine leicht aquatische (aber angenehme!) Note generieren und von einer Prise Pfeffer fachmännisch akzentuiert werden. Keine Ahnung, wo jetzt der Cabernet-Sauvignon-Akkord sein soll – davon kann ich mir höchstens ein Glas in der Hand dieses George-Clooney-Verschnittes vorstellen, der damit auf einer Terrasse irgendwo in mediterranen Gefilden steht in seinem Leinenanzug mit leicht geöffnetem Hemd und gebräunter, warmer Haut – ambrierte Zeder – und einfach nur gut aussieht.

Morgen geht es weiter mit den beiden restlichen Brecourt-Männern – bis dahin viele liebe Grüße und einen guten Start in die Woche –

Eure Ulrike.

Bildquelle: Die neueste Dandymode aus dem Journal des Dames et des Modes von 1831, Terrasse von Cerland, beides via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Hier finden Sie die Herren-Kollektion von Brecourt bei uns in unserem Shop.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Stefan
    14. Juni 2011
    Antworten

    Mannomann, nun war ich sooooo gespannt wie selten auf diese beiden Neulinge – und war so enttäuscht. Selten habe ich so belanglose Düfte, die dann auch noch so leicht „über allbekannte Douglas-Mainstreamer zu legen“ sind, getestet! Ehrlich.

    Der böse Junge ist nichts anderes als Joop’s Homme. Ja, dieser Duft, der mich an meinen fürchterlichen Sportlehrer in seinem lila-farbenen Ballonseide-Trainingsanzug erinnert…

    Und ein Kopie von Issey Miyake’s L’eau d’Issey pour homme (hoffentlich habe ich das nun richtig geschrieben) war ja schon Dior Homme Sport – allerdings mit einer schöneren Würze dank des Ingwers, so dass man sich diese hier wirklich sparen kann. Mann! War ich enttäuscht…

    Liebe Uli – hoffe, Dir geht es gut… Vor lauter Frust musste ich heute gleich mal ein paar Luxus-Testerchen bei Le Labo bestellen… Sende Dir sonnige Grüße in den Süden!
    Stefan

  2. Avatar-Foto
    Ulrike
    14. Juni 2011
    Antworten

    Huhuu lieber Stefan,

    Sportlehrer in seidenen Trainingsanzügen hören sich schrecklich an 😀
    Ich bin ja prinzipiell kein solcher Vanillefan, insofern finde ich den bösen Jungen zwar nett, aber es ist kein Must-Have. Allerdings gibt es für mich auch ebensolche in der Linie, yep.

    Was durfte denn von LeLabo einziehen? Ich scharre ja schon mit den Hufen zwecks Santal… Und ansonsten – danke der Nachfrage, ich habe meinen letzten Magen-Darm-Virus überlebt, der mir zwar die Nase nicht verstopft hat aber ansonsten nicht so wahnsinnig viele Vorteile zu bieten hatte 😉
    Ich hoffe jetzt auf angenehm sonnige Tage… Und selbst Monsieur? Viele liebe Grüße nach Hamburg!

    Uli.

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