ist Duft Nummer zwei aus der Evanescent-Kollektion von Yosh Han, die ich Euch dieser Tage vorstelle. Der Name kommt, wie nicht zu übersehen, aus dem Italienischen und weist auf das englische Wörtchen „subtle“ hin, dass im Deutschen einige Entsprechungen hat: Fein, zart, unaufdringlich, dezent, subtil, raffiniert – man sieht bereits, es deutet in verschiedene Richtungen.
Yosh Han mit ihrem Zahlensystem verbindet den Duft mit Klarheit, dem Selbst (also vermutlich auch Selbstfindung), mit Eleganz und Understatement, Freiheit, Sensibilität – sowie mit der Duftfamilie der klassisch floralen Düfte und mit der Farbe Pink, die sich mir irgendwie in Verbindung mit dem Duft und den Prädikaten gar nicht erschließen mag.
Dafür kann ich den kompletten Gedankenbogen, den Yosh Han zu dem Duft spannt, sehr gut nachvollziehen und finde ihn sehr anziehend: Sottile sei der perfekte Duft für Stunden und Momente der Reflexion, für einsame Spaziergänge oder Gartenarbeit. Die meisten Menschen, vornehmlich Frauen, die sich von Sottile angezogen fühlen, seien feminin, sensibel, elegant und anmutig – Attribute, die Sottile auch ausstrahlt und bei jedem Träger zutage fördert: Eleganz, Selbstbewusstsein und Einfachheit. Letztere natürlich im positiven Sinne – hier springt Yosh schon wieder und erzählt von dem Rosengarten ihrer Mutter, den sie so sehr liebte und in dem sie Stunden mit Tagträumerei verbringen konnte, sich ganz dem Duft und der Sanftheit der Rosen hingebend. Bei dessen Betrachtung sei ihr bereits aufgegangen, dass die schönsten Blumen nicht immer die auffälligsten, augenscheinlichsten sein müssen. Da wird wohl keiner widersprechen, denke ich – eine alte Weisheit, die man schon in zig Sprichwörtern verewigt hat.
Sottile nun ist auch betreffs der Ingredienzen der Simplizität verpflichtet: Wie gestern bei Stargazer finden sich lediglich zwei Zutaten – Teerose und Maiglöckchen. Und selbst nach einem wiederholten Test finde ich nichts, was ich darin noch entdecken könnte – ich rieche genau das: Rose, und zwar nicht irgendeine, sondern Teerose. Und eben Maiglöckchen.
Mit der Rose hat es bei mir lange gedauert, bis wir uns anfreunden konnten – der Weg ebnete sich mir über die vielen Dunkelrosen, jene Rosendüfte mit Oud, Gewürzen, Hölzern oder ähnlichem. Maiglöckchen und ich sind auch eine relativ neue Liebesgeschichte – der geneigte Blogleser wird es wissen. Ich jedenfalls als Rosenfan und vor allem: Teerosenfan und noch junger Maiglöckchenliebhaber habe mein Herz schon jetzt an Sottile verschenkt: Nicht nur sehe ich exakt jene Attribute, die Yosh ihrem Duft zusprach, erfüllt – Sottile ist elegant und gleichermaßen natürlich, ist Understatement bei gleichzeitigem Selbstbewusstsein. Ist reduziert, unkompliziert und dabei überaus feminin, voller Anmut und Erhabenheit.
Der durchdringende Duft von frischer, leicht perlender Teerose in vollendeter Harmonie mit dem sauberen Duft von Maiglöckchen, dazu ein klitzekleiner Hauch Erdigkeit und jene subtile Süße, die jenen beiden Blüten innewohnt. Perfekt. Wie sagte Saint-Exupéry, der Autor des Kleinen Prinzen:„Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann“ – das trifft uneingeschränkt auf Sottile zu.
Maiglöckchendüfte gibt es etliche schöne: Meine große Liebe 2011, Carillon pour un ange von Andy Tauer, dann das fruchtige Cassis-Maiglöckchen von Micallef, Lucky Charm. Der Klassiker Diorissimo, Lily of the Valley von Penhaligon’s und Floris sowie Muguet de Bonheur von Caron. Parfums MDCI ließen sich von Madame Nicolaï mein zweites Lieblingsmaiglöckchen kreieren, Un Cœur en Mai, das Maienherz.
Mit Teerosen wird es da schon schwieriger: Allen voran ist natürlich Creeds göttlicher Klassiker Fleur de Thé Rose Bulgare zu nennen, als da dann noch wären Simone de Cosacs wunderschöne Patchouli-Rosen-Interpretation Trama, Goutals nostalgisches Birnen-Pfingstrosen-Magnolien-Teerosen-Stillleben Rose Splendide sowie Fontana di Trevis No. 16, das völlig unterschätzte Juwel.
In beiden Kategorien gibt es noch ganz karma-unabhängig genügend Platz für einen weiteren würdigen Duft, der in seiner reduzierten Schönheit durchaus das Zeug zum Klassiker hat – Sottile 1.61.
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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