… ist die deutsche Übersetzung von Rocca della Signoria, einem weiteren Duft aus der La Collina Toscana Reserve-Kollektion, der ich diese Woche widme. Als Signoria (Signorie) wird laut Wiki „in der historischen Forschung die Form monokratischer Herrschaftsausübung bezeichnet, die in den Kommunen Ober- und Mittelitaliens zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert weit verbreitet war. Der Begriff bezeichnet dabei die faktische Regierungsform, bei der ein „starker Mann“ (signore) an der Spitze stand.“ Eine Stadtregierung also, wobei sich normalerweise auch die Ratsversammlung, die den Signore samt der Beamten wählte, Signoria nannte.
Bei dieser Art italienischer Polis denke ich an kleine mittelalterliche Städtchen, die von oder vielmehr nach außen wie Trutzburgen von meterdicken Mauern geschützt werden. Und wenn ich schon das Mittelalter mittels meiner überschwänglichen Phantasie romantisiere, kann ich gleich weiter brainstormen: Festung assoziiere ich mit Trutzburg, Sicherheit, Stärke, nicht mit Offensivität, aber mit Standfestigkeit, mit einem festen Bezugspunkt. Ein Heimathafen quasi, der unverrückbar da ist, Geborgenheit ausstrahlt und identitätsstiftend wirkt. Die Hälfte von Euch kringelt sich jetzt sicher auf den Sesseln – was man so als studierter Geisteswissenschaftler für komische geistige Pirouetten dreht…
Allerdings liebe Freunde – das Düftchen löst dieses mir gegebene Versprechen durchaus ein… Zuerst aber einmal die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Sternanis; Herznote: Weihrauch; Basisnote: Hölzer, Zedernholz, Patchouli, Sandelholz.
Rocca della Signoria zeigt in den Kopfnoten hervorpreschenden Sternanis, flankiert von vereinzelt aufblitzenden Bergamottesprenklern von zitrisch-säuerlicher Herbheit. Aus mir wird in diesem Leben kein großer Anisfan mehr – zu sehr erinnert mich jenes Gewürzpflänzlein an das Nationalgetränk der Griechen, Ouzo. Und seitdem einmal Etros Anice, der Traum aller Anisliebhaber, durch Zufall temporär in meinem Besitz gelandet war, kann ich mich beim Tragen von sehr anislastigen Düften des Gefühls nicht mehr erwehren, ich sei in einem großen Fass dieser beliebten Spirituose gelandet. Rocca della Signoria quält mich Gott sei Dank diesbezüglich gar nicht, ganz im Gegenteil: Der Sternanis, vielleicht liegt es am Stern, ist hier mild und von leichter Fruchtigkeit, was von der Zitrusfruchtbegleitung noch untermalt wird – er erinnert mich ein wenig von seinem Auftreten an das tolle Cologne Mirra e Anice Stellato aus der Borsari-Arte-Kollektion, das ich schon rezensiert habe – siehe hier.
Dem prächtigen Anis-Bergamotte-Gespann direkt auf dem Fuße folgt eine rauchig-holzige Trockenheit, die ihre Energie aus der Weite des Weihrauchherzens speist und von der Zeder in der Basis gestärkt wird. Ruhig und kontemplativ, aber sehr bestimmt kreieren die Protagonisten eine gleichermaßen samtig-weiche wie würzige Aura die mich in ihrer Ambivalenz ein bisschen an eine Opiumhöhle erinnert, in der ich natürlich nie gewesen bin: Ein verhangener großer Raum mit dunklem Holzboden und vielen Sitz- oder besser Liegemöglichkeiten aus schweren samtigen Stoffen, in dem sich Licht und Schatten zu einem raffinierten Spiel vermischen unter den Substanzen, die es zu konsumieren gilt und die einem des Diktats der Zeit entheben.
In der Basis erwartet einen eine Wärme, deren holzig-harzige Süße dort eigentlich Ambraanteile suggerieren würde. Alles in allem schaffen die Ingredienzen ohnehin in der Kombination die Anmutung von Karamellnoten, die mich sehr an die ziemlich eigenartigen Karamellnuancen in Serge Lutens‘ Douce Amère sowie Etros Etra erinnern (welche ich für eben jene liebe…). Darüber hinaus vermeine ich anfänglich auch pudrigen Kakao über den Duft gestäubt zu bekommen, welcher bei mir Erinnerungen an den Signatureduft des Litauer Modeschöpfers Juozas Statkevicius/Josef Statkus, jenen Schokoweihrauch weckt.
Die Beschreibung von Rocca della Signoria als einer „raffinierter Mischung aus bernsteinfarbenen, orientalischen und würzigen Duftnoten“ wirkt leider ein wenig farblos im übertragenen Sinne, obgleich sie dem Duft bereits eine Farbigkeit verleiht – Bernsteinfarben, was wiederum zu Assoziationen einlädt: Naturtöne, Braun in verschiedenen Nuancen, Goldgelb und Sandfarben kommen mir in den Sinn genauso wie Grau in all seinen Facetten.
Rocca della Signoria ist gleichermaßen ein überaus geerdeter Geselle, der beruhigende und verlässliche Fels in der Brandung genauso wie das stille Wasser, das bekanntermaßen tief gründet, denn in der näheren Betrachtung erwartet einen hier ein durchaus facettierter Duft mit interessanten und klugen Aspekten, welcher eine überaus ausgleichende Wirkung hat und Kraft ausstrahlt. Eigentlich ein bisschen wie der Traummann, den man sich als Frau so wünscht. Insofern – liebe Frauen, hier ist er! Und liebe Traummänner – der passt zu Euch! Was ich damit sagen will: Ein sehr schöner Begleiter, der für beiderlei Geschlechter tragbar ist.
Was die Verwandtschaftsverhältnisse angeht, komme ich nicht umhin außer den oben bereits genannten Düften auch noch jene Riege ins Spiel zu bringen, die mir sehr ans Herz gewachsen ist und die ich unter „Kontemplative Düfte“ ablegen würde: Miller et Bertaux A quiet morning, Hotel Costes 1 (der frühere Signature), Il Profumo Touaregh, ferner auch Corso Como 10 und Montales Greyland sowie natürlich Cristiano Fissores Cashmere for Man, der leider, leider mittlerweile discontinued ist (und von dem ich mir neulich dank der superfreundlichen Hilfe des Vertriebes noch eine Flasche sichern konnte – aber das ist eine andere Geschichte, die unter das Thema „Der Schrecken von Verlustängsten und die damit verbundenen Panikattacken“ fällt…).
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Bildquelle: Festung Hohenwerfen von Memorator via Wiki Commons, „A New Vice: Opium Dens in France“, Cover des Le Petit Journal, 05.07.1903 via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!
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