… ist die französische Bezeichnung für jenes wundervolle Dessert, das bei uns Birne Helene heißt. Wird einem heute meist irgendein zusammengepanschter Haufen mit Birne, häufig noch aus der Dose, serviert, der in Sahne und Instantschokosauce zu ertrinken droht, ist das Original tatsächlich eine gar deliziöse Angelegenheit: Frische Birnen in Zucker pochiert, nach dem Auskühlen mit Vanilleeis angerichtet und gesäumt von kandierten Veilchen sowie überzogen von einer heißen Schokoladensauce – mmmmmhh!
Bei all den komischen Verschnitten, die einem diesbezüglich so serviert werden, muss ich immer an den grandiosen Loriot als Heinrich Lohse in Pappa ante Portas denken, der seiner Frau Renate (natürlich dargestellt von Evelyn Hamann) im Verlauf des Films den letzten Nerv raubt. Unter anderem schafft er das vor allem mit seiner Pedanterie, welche er auch im Bezug auf das Dessert Birne Helene auslebt, siehe hier (Szene kommt ganz am Schluss):
Ob nun Apfel, Pfirisch oder Birne – der eigentliche Schöpfer der Birne Helene hat sie wohl alle adäquat „verwurstet“: Auguste Escoffier, der als Gründer der modernen Grande Cuisine gilt, mit dem Guide Culinaire die Grundlage für die Kochkunst des 20. Jahrhunderts schuf und in legendären Hotels und Restaurants wie dem Savoy und dem Ritz kochte, erfand nicht nur das Dessert Birne Helene, sondern auch den Pfirsich Melba sowie einige andere bahnbrechende Kreationen. Die Birne Helene im übrigen wurde 1870 kreiert – zu Ehren der Uraufführung von Jacques Offenbachs Operette „Die Schöne Helena“ in Paris.
Kommen wir aber nun zu meinem eigentlichen Anliegen: Parfums MDCI haben gerade, wie ich neulich schon ankündigte, ihren zehnten Duft lanciert – La Belle Hélène, eine Hommage an die Birne Helene. Ich hatte das Thema des Duftes folgendermaßen beschrieben:
Der Fokus liegt bei diesem Duft, für den man den momentan omnipräsenten Bertrand Duchaufour verpflichtet (was ihn natürlich noch interessanter macht…) auf Osmanthus, jener eigenartigen Blüte mit ihrer aprikosig-ledrigen Anmutung. Duchaufour hat daraus wie man liest eine helle Schönheit gemacht, die sich auf zwei lichte Gourmandsäulen stützt: Die der Birne aus dem Dessert, einer saftigen, grünen und die der aprikosigen Osmanthusnatur. Die Ingredienzen: Birne, Aldehyde, Mandarine, Osmanthus, Limettenblüte, Rose, Ylang-Ylang, Iris, Weißdorn, Pflaume, Mirabelle, Myrrhe, Vetiver, Patchouli, Zedernholz, Ambra, Eichenmoos, weißer Moschus, Sandelholz und Süßholz (Lakritze).
Birnendessert und Gourmand… Ich kann mich dessen nicht entheben und muss sofort an Duchaufours letzten Duft denken, der das Etikett eines Gourmands trug und diesen Begriff sehr weitläufig interpretierte: Der wunderschöne Traversée du Bosphore für L’Artisan Parfumeur, das Irislederchen mit seinem leichten Gourmandanstrich von pudrigem Lokum, den ich hier bereits rezensierte. Auch bei der Birne Helene hier wird wohl kein knalliger Krawall-Gourmand zu erwarten sein – weder bei diesem Parfumeur noch wenn vorab bereits die Rede von chyprierten Anklängen ist, wie ich zwischendurch noch erfahren habe. Aber ich will Euch nicht länger auf die Folter spannen und komme jetzt dann endlich auch mal zum Duft 😉
La Belle Hélène beginnt gleich mit ihrer Hauptprotagonistin, der Birne: Eine saftige, grüne und fest-fleischige stolze Vertreterin ihrer Gattung, flankiert von einer noch sehr jungen Aprikose. Jene letzte verwandelt sich in einem Zeitsprung im späteren Duftverlauf in ein getrocknetes und dezent süßes Exemplar, dass die papierne Trockenheit der Birne sowie die der alsbald auftauchenden Pflaume versüßt. Kontrastierend zu den verhaltenen Früchtchen gesellt sich etwas, was ich als eine lose Ähnlichkeit zu Traversée du Bosphore bezeichnen würde: Eine gar wundervolle Iris mit samtig-pudrigen Elementen, die von Rosenwasser noch verstärkt und durch eine elegante Ledernote unterstrichen werden, für die auch der hier sehr dunkel und überhaupt nicht fröhlich, sondern sehr sinnlich umgesetzte Osmanthus verantwortlich ist. Noten grüner und kandierter Veilchen säumen das Geschehen, von der Iris herrührend, welches mit einer warmen und dezent, vielmehr: abstrakt orientalischen Basis ausklingt: Ein subtiler Hauch Lakritze auf einem ambrierten Bett von Wattemoschus, sanft holzige Akzente und, ja – ein Chypre-Kissen.
Mir persönlich gefällt La Belle Hélène aus vielerlei Gründen sehr: Diese wunderschön umgesetzte trocken-fruchtige Birne, die Lokum-Anklänge von Rosenwasser und Pudernoten, das Irisledrige und die verhaltenen Orientalenanklängen in der Basis, vor allem aber auch das ambivalent-kontrastreiche Spiel der Osmanthusfacetten, jener fruchtigen Aprikosennoten im Widerschein der dunklen, pflaumig-ledrig gesäumten Seite der Blüte und das ganze noch umgesetzt als moderner Chypre – toll.
Wer Birnen liebt, wird um einen Test nicht herumkommen. Freunde von Herrn Duchaufour, vor dem ich – Chapeau – meinen Hut ziehe, auch nicht und wer seinen letzten L’Artisan Parfumeur-Duft Traversée du Bosphore liebte, erst recht nicht. Ansonsten sollten Liebhaber von besonderen Chypres einen Test wagen. Und wer Histoires de Parfums Moulin Rouge 1889 mochte sollte auch mal die Nase offen halten.
Habt Ihr schon getestet? Ich bin gespannt auf Eure Meinungen!
Liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Bildquelle: Harvest1 – Birnenstillleben von Friedrich Plechschmidt, Pears and Plums 3 von michaelaw, beides via stockxchng, some rights reserved – vielen lieben Dank!
Hier erhalten Sie La Belle Hélène in unserem Shop.
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