Grossmith die Zweite…

Gestern hatten wir, hatte ich es schon von den Londonern von Grossmith. Einen Duft ihrer Klassikerneuauflage habe ich mir aufgespart für heute, meinen Favoriten – und ja, Margot, ich weiß, Du siehst das sehr ähnlich 😉

Shem-El-Nessim ist der Nachzügler, benannt nach einem Festival des Frühlings, das in Ägypten am Nilufer gefeiert wird. Übersetzt heißt der Name soviel wie „Rieche den Wind“. Sheem-El-Nessim huldigt der Iris, jener bis heute teuren Ingredienz und soll an einen anderen Klassiker erinnern, an Cotys L’Origan. Belle Epoque und das Schwelgen in (der) Weiblichkeit…

Jene Veilcheniris, die vielbeschworene Iris Pallida, ist es, jene Kostbare, die Parfumeursnasen schon seit geraumer Zeit zu verzaubern vermochte – und nicht nur deren, muss ich doch gestehen, dass Iris(wurzel) auch zu meinen erklärten Lieblingsingredienzen zählt. Ihr wisst schon – Iris Poudre, jener geniale Entwurf von Pierre Bourdon für die Edition von Frédéric Malle, meine große Liebe. Und, eine weitere große Liebe: L’Artisan Parfumeurs kühle Schönheit Iris Pallida, einstmals limitiert, die im Sommer diesen Jahres auch in kleiner Größe erscheinen soll, was mich über alle Maßen erfreut. Auch LeLabos Entwurf vermag es immer wieder Faszination auf mich auszuüben. Derer ließen sich noch etliche Irisdüfte erwähnen, die ich als gut oder auch sehr gut gemacht empfinde – lediglich meine Top-List ist nahezu unumstößlich.

Shem-El-Nessim nun mag auf den ersten Blick seiner Ingredienzen nicht unbedingt als Hommage an die Iris erscheinen: Kopfnote: Bergamotte, Neroli; Herznote: Geranium, Jasmin, Rose, Ylang-Ylang, Iriswurzel; Basisnote: Moschus, Patchouli, Zedernholz, Sandelholz, Heliotrop, Vanille. Aber, wie so oft – man kann sich täuschen, verlässt man sich nur auf die Ingredienzen beziehungsweise deren Zusammensetzung.

Denn Shem-El-Nessim ist tatsächlich in allererster Linie eine Iris: Ein prächtiges Exemplar derselben thront in samtiger Pudrigkeit erdverbunden erdig über allem. Und lässt sich schmeicheln von einem zarten Blütenbouquet zurückhaltender Weißblüher und Rosen, die von Geranium in ihrem Naturell noch unterstrichen werden. Ein frischer und dezent vor sich hin prickelnder Hauch Hesperiden stiftet sanfte Umrahmung, während die Basis durch warme Weichheit samt holziger Süße brilliert.

Für mich ist Shem-El-Nessim der Klassiker der drei Grossmith-Klassiker: Ladylike ist er und für den großen Auftritt gemacht. Aber, wie jede Iris – königlich, majestätisch und präsent, aber von einer selbstgewissen Bescheidenheit und Zurückhaltung. Understatement eben. Überaus feminin und von einer gewissen Erotik, aber sicherlich nicht kinky, fancy oder sexy.

Und erinnert mich deshalb am ehesten an eine jener alten Filmdiven: Eine jener eher kühleren, aber in jedem Falle auch natürlichen, vielleicht an Katherine Hepburn, eher aber noch an Lauren Bacall, die es mit ihrer gelungenen Kombination aus Stärke, Intelligenz und Weiblichkeit damals schaffte, Humphrey Bogart zu (be)zähmen. Hach.

Auch wenn ich nicht so viele solche Auftritte in meinem Leben habe, bei mir im Schrank etliche wirklich schöne Kleider hängen, die schon sehr lange auf jene großen Abende warten – ich bin mir sicher, ich würde Shem-El-Neem auch mit Freuden an einem solchen tragen. Und hoffe dann auf eine ähnlich adäquate Begleitung wie den guten Humphrey… 😉

Einen schönen Tag Euch und liebe Grüße,

Eure Ulrike.

P.S.: Habt Ihr Grossmith schon getestet? Und?

Bildquelle: Iris Pallida von Radomil, Lauren Bacall (1944) in dem US-Magazin Yank, the Army Weekly, beides via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. margot
    10. März 2011
    Antworten

    Liebe Uli,

    DAS ist der Duft, in den ich mich spontan verliebt habe! Obwohl er für mich totale Opulenz ausstrahlt, ein Duft wahrlich für den roten Teppich, Oscar in Empfang nehmen, königliche Hochzeit und ich bestimmt kaum Gelegenheit haben werde, ihn zu einem solchen Ereignis zu tragen, werde ich ihn für meine persönlichen großen Momente nutzen. Finde ihn absolut göttlich! Und ja, ich hab ihn eindeutig als Iris identifiziert! Der Hasu-no-Hana belegt bei mir Platz 2 und Phul-Nana den dritten Grossmith-Platz. Bin total begeistert, dass jemand den Mut fand, diese 3 wieder aufleben zu lassen.

    Liebe Grüsse,
    Margot

    • Ulrike
      15. März 2011
      Antworten

      Huhuu liebe Margot,

      jaaa, in der Tat, sehr schön, dass man diese Reihe nochmals wiederbelebt hat!

      Liebe Grüße,

      die Uli.

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