Der russische Winter…

… der sprichwörtliche, hat uns die letzten Jahre hier in Deutschland nicht wirklich verschont: Jedes Jahr aufs Neue wird bereits September, Oktober schon darüber spekuliert, ob es nun wieder einen Jahrhundertwinter gibt, Schneechaos macht sich häufig schon lange vor und dann noch nicht mal direkt an Weihnachten in Deutschland breit, sehr zum Unmut vieler Kinder. Und kaum freut man sich im Januar dann über ein paar gemäßigte Tage, hat einen Väterchen Frost bald wieder zwischen den eisigen Fingern, aus denen er einen ungerne vor März wieder entlässt.

Will sagen: Wir sind noch mittendrin in diesem Winter. Und, allen Blümchen zum Trotz, die mich dieser Tage immer mal wieder olfaktorisch überfallen haben, nach denen ich mich gesehnt habe wie nach den ersten Tulpen, jenen Boten des Frühlings – es ist noch Platz und Zeit für Winterdüfte.

Ich habe mal wieder sehr gefroren dieser Tage in meinem prächtigen und exzellent isolierten Altbau hier und falle bei derlei Temperaturen ähnlich wie Gevatter Bär in eine Art Winterstarre: Am liebsten irgendwo unter einer Decke verkrümeln, eine Duftkerze an, eine große Kanne Tee und ein gutes Buch – niemals nicht vor die Türe, und wenn, dann wenigstens gut gewappnet.

Dazu gehört nicht nur ein dicker Wintermantel, sondern im besten Falle auch ein idealer Duft. Und ein solcher, der einen von innen wärmt bei klirrender Kälte, ist Ambre Russe von Parfum d’Empire.

Die Firma des Sizilaners Marc-Antoine Corticchiato hat es sich zum Ziel gesetzt, mit ihren Düften bedeutenden Epochen olfaktorisches Leben einzuhauchen – und verhilft mit Ambre Russe der Zarenzeit zu einer Renaissance. Was stellt man sich darunter vor? Gedanken an die russische Seele, Melancholie, Wodka und überschäumende Gefühle in jegliche Richtung und jeglicher Art…

Das passt schon zu den Ingredienzen, die Ambre Russe uns bereithält: Kopfnote: Champagner, Wodka; Herznote: Tee, Ambra, Zimt, Koriander, Kumin; Basisnote: Weihrauch, Leder, Vanille.

Bereits der Auftakt beschert mir einen halben Schwips, denn alkoholische Noten sind definitiv präsent und zeigen sich in lüsterner Umgebung: Honigsüße drängt sich mir entgegen vor dem Hintergrund brennender Bienenwachskerzen, die rußig vor sich hinflackern. Vorhang auf für den Ambra-Zaren: Kräftige Ambra, dunkel, majestätisch und trocken thront über allem, von Weihrauchschwaden harzig-trocken umhüllt. Mit deren Rauchigkeit eine Symbiose eingehend duftet der Tee hinein, bester russischer Schwarztee, auf einem Tablett feinsten Wildleders serviert. Jenes ruht auf einer weich-würzigen Vanillebasis, die von Gewürzen samt einer sehr sanften (und diesmal nicht schweißigen) Kuminnote vervollkommnet wird.

Ambre Russe ist – wie der Zar – ein Herrscher von Gottes Gnaden: Für mich persönlich der Holy Grail in Sachen Ambra. Ein großartiger Vollblutduft voller Phantasie, der mächtige Bilder zu evozieren vermag. Eigen, sinnlich, warm und charaktervoll und von einer erlesenen Präsenz. Da ich wirklich den Russen in ihm zu sehen vermag muss ich immer an eine meiner Lieblingskrimiserien denken, die in derselben Zeit spielt, in die Ambre Russe einen versetzen mag: Boris Akunins Fandorin-Romane.

Fandorin, Sonderermittler des Zaren, ein dandyesker Schöngeist blauen Blutes und von schönem Wuchs, der als eine Art Mischung aus Sherlock Holmes, Arsène Lupin und James Bond Fälle im opulent-dekadenten Russland des 19. Jahrhunderts löst. Exakt die richtige Lektüre für Winternachmittage auf dem Sofa – samt jener Kanne dampfenden Tees und eingehüllt in Decke und Ambre Russe?

Kommt bei mir gar nicht so selten vor. Und bei Euch? Kennt Ihr Duft und/oder Buch?

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Hier finden Sie Ambre Russe in unserem Shop.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

6 Kommentare

  1. Annette
    25. Februar 2011
    Antworten

    Hallo Ulrike,

    eine schöne Beschreibung! Danke!

    Das Buch kenne ich nicht und vom Duft besitze ich (noch!) nur eine Abfüllung, aber die ist – hach!

    Direkt nach dem Aufsprühen „schnapselt“ das auch bei mir ganz heftig, nicht unangenehm, aber deutlich alkoholisch und das etwa/mindestens eine halbe Stunde lang. Beim ersten Versuch wäre das fast zum Ausschlußkriterium geworden…

    Dann kommt für mich eine Note von eben geöffneter Dose frischen englischen aromatisierten Pfeifentabaks (ich weiß nimmer war’s „cherry“ und/oder „plum“, google bringt mich gerade nicht weiter, gelbe flache Blechdose, mit Bärenmützenträgerporträt, wer weiß was?), die relativ lange anhält und darunter ledert’s – edelstes Leder. Den Weihrauch merke nur schwach, er ist aber präsent und immer noch schwingt die Fruchtnote mit (nicht süßlich, eher herb jetzt, eher Richtung Cranberry, ohne säuerlich zu werden).

    Ein absolut opulenter Duft, üppig, fast ein bissl schwülstig.
    Drama! (nein, nein nicht lauwarm Bruce-amerikanisch, „Drama, Baby“) Sondern richtig. Mit rrrrussisch rrollendem R 😉

    Anmerkung:
    Allerdings empfehle ich zur Kombination Ambre russe, Decke, Tee & Buch dringend noch einen Holzofen, in dem die Scheite knacken. Und, wer mag, -stilecht- einen oder zwei Pelze – in denen die Katze noch drin ist, versteht sich. Läßt sich (bei mir) zum Glück leicht verwirklichen, denn: auch meine beiden Katerviecher sind ganz bemerkenswert hingerissen vom Ambre russe *lach*

    Fazit:
    Unbedingt testen, diesen tollen Duft solange es noch so winterlich ist, damit läßt sich diesem ***-Wetter richtig Genuß abgewinnen!

    Liebe Grüße
    Annette

    • Ulrike
      1. März 2011
      Antworten

      Das rrrusssich rrrollende Rrrr finde ich hier ebenso vor – genauso wie die „russische Seele“, wie ich sie mir aus der Literatur „meiner Russen“ zusammenreime… Zu dem Holzofen sage ich nur: Daumen hoch – genauso wie im übrigen zu Fandorin – absolut empfehlenswert!

      Liebe Grüße und danke für die Blumen 😉 – Ulrike.

  2. Lena
    9. Dezember 2012
    Antworten

    Liebe Ulrike,

    Den Duft kenne ich noch nicht, aber das lässt sich leicht beheben;-) Zumal die Fandorin-Romane in Russland ein absolutes Muss sind (und der neue „Die schwarze Stadt“ ist gerade (auf Russisch) veröffentlicht wurde – ich freue mich schon riesig auf die BEIDEN:-)). Ich bin auch ein großer Fan. „Die Diamantene Kutsche“ war eins der (durch die Gepäckregelungen der Airlines) wenigen Bücher, die ich beim Umzug nach Deutschland vor ein paar Jahren mitgenommen hatte, da ich wusste, dass ich es noch einige Male lesen und genießen werde.

    Ich würde dir gerne eine weitere Bücherreihe von Akunin empfehlen (falls du diese noch nicht entdeckt hast): Wenn du irgendwann wieder Lust auf das 19. Jahrhundert in Russland bekommst, könntest du dich im Geiste in die „Provinz“ begleiten lassen. Dort ermittelt die scharfsinnige Nonne Pelagia, die zwar ihre Vergangenheit als Dame aus der feinen Gesellschaft ruhen lässt, aber nicht ihre außerordentlichen Fähigkeiten. Die Atmosphäre ist ganz anders als die in den Hauptstadtromanen um den raffinierten Erast Petrovitsch, erlaubt aber einen Blick auf ganz anderes, etwas verschlafenes Russland, wo sich so Vieles auf der Terrasse des Hauses oder in den riesigen Parks/Wäldern um das Familienanwesen des Dorfadels abspielt, dem man ein wenig hinterhertrauert. Als wüsste man, wie das gewesen sein muss, von einer Mahlzeit zur anderen zu schlendern, sentimentale Romane auf der Gartenschaukel zu lesen, aber sich doch so weit von Leidenschaften leiten zu lassen, dass auch mal Arbeit für Schwester Pelagia da ist;-)

    Pelagia und die weißen Hunde ISBN 3-442-45479-4
    Pelagia und der schwarze Mönch ISBN 3-442-45500-6
    Pelagia und der rote Hahn ISBN 3-442-45501-4

    Absolut empfehlenswert. Ich beneide alle , die es noch nicht gelesen haben, um die Endeckung, die ihnen noch bevorsteht:-)…

    Begeisterte Grüße,
    Lena.

  3. Ulrike
    18. Dezember 2012
    Antworten

    Vielen lieben Dank für den Tipp, liebe Lena! Ich habe alle Fandorins durch und auch schon einige andere seiner Bücher hier stehen, unter anderem mindestens einen Pelagia-Roman. Ich werde gleich nachher mal nachsehen, welchen. Ich bin gerade ohnehin noch dabei, mir ein paar Bücher für meinen Urlaub zusammen zu suchen – und ich möchte gerade niveauvolle, aber schöne Lektüre – nichts allzu Schwieriges und erst recht (ausnahmsweise mal ;)) nichts Melancholisches oder Problematisches, insofern ist der Tipp Gold wert!

    Viele liebe Grüße,

    Ulrike.

  4. Dorothea
    19. Dezember 2012
    Antworten

    Ich stelle auch gerade meine Bücherliste für den Februar-Urlaub zusammen, das ist gar nicht so einfach… Bisher habe ich mich für „Die Liebeshandlung“ von Jeffrey Eugenides und „Blasmusikpop“ von Vea Kaiser entschieden, wobei letzterer Roman recht unterhaltsam zu sein scheint… Es müssen auf jeden Fall aber noch mehr Bücher her…

    Nur bei der Duftgarderobe war ich bislang wenig erfolgreich – kann mich noch nicht entscheiden, was zum andalusischen Frühling passen könnte…

    Schöne Grüße an alle Leseratten,
    Dorothea

  5. Lena
    22. Dezember 2012
    Antworten

    Hallo liebe Ulrike,

    ja, dein Urlaub, ich denke immerzu daran… Den gönne ich dir natürlich vom ganzen Herzen, jedoch bin ich ein wenig traurig. Was machen wir bloß ohne dich? 🙂 Na ja, irgendwie werden wir es wohl ohne dich eine Weile aushalten müssen:-)

    Ich wünsche dir eine wunderschöne, erholsame und spannende Urlaubszeit, viele aufregende Eindrücke, interessante Begegnungen und olfaktorische Entdeckungen!

    Weihnachtliche Grüße aus Bremen,
    Lena

    PS. Ambre Russe ist bereits zu mir unterwegs, und Fandorin (sorry, aber ich verrate das dir) wird im neuen Roman ermordert… so ein Mist:-(

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