Mariela
Mal wieder ein richtig schöner Duft der Skandalfirma État Libre d’Orange. Eigentlich erwarte ich einen richtigen Patchoulikracher und war deswegen schon sehr skeptisch, denn so richtig dicke Freunde sind wir nicht. Wie schön, wenn man eines Besseren belehrt wird. Tatsächlich geht es gleich ordentlich mit Patchouli los, wird aber von der Bergamotte sanft aufgefangen und verbindet sich bald mit schwarzem Pfeffer und den sehr erdigen Karottensamen zu einer hinreißenden Mixtur. Perubalsam und Opoponax verleihen eine ganz warme, leicht vanillige Süße. Es entsteht eine unglaublich pudrige Note, die an Lippenstifte von früher oder eben auch Puder erinnert. Ich muss gestehen, mit diesem Patchouli kann ich gut leben, ja ich finde ihn in dieser Zusammenstellung sogar sehr gut. Der Duft wird auf der Produkt-Homepage mit einer Initiationsreise nach Kathmandu verglichen, als eine Einladung sein Innerstes zu entdecken. Tatsächlich erinnert er mich an Hindu Grass von Nasomatto, der eine ähnliche Intention hat.
Was hat es aber mit dem Bauchnabel auf sich? Ob es mit dem Sakralchakra zu tun hat, das eine Hand breit unter dem Bauchnabel sitzt? Ich könnte es mir gut vorstellen, steht es doch für Lebensfreude, Schaffenskraft, Kreativität, Selbstbewusstsein und Sinnlichkeit. Zudem für das Loslassen und mit dem Leben fließen. Das passt doch, oder?
Da sprühe ich doch gleich nochmal in der Hoffnung, dass das Chakra besonders stark angeregt wird…
Die Reise nach Kathmandu ist nicht aus der Luft gegriffen. Ich muss an Tempel denken, an Räucherstäbchen, Mönche und an die Tibet-Krimis von Eliot Pattison, die ich so sehr liebe. Kurz gesagt: der Duft atmet Spiritualität – durch und durch. So! Und jetzt leg’ ich mich gleich auf meine Yoga-Matte.
Bis bald,
Eure Mariela
Harmen
Nombril Immense – ein riesiger Bauchnabel hat sicherlich keinerlei Vorteile, oder doch? Außer vielleicht, dass man an ihm große Schmuckstücke befestigen oder in ihm selbst gar transportieren könnte. Dem Produkttext zufolge liegt dem Konzept des Duftes eine spirituelle Idee zu Grunde, eine innere Offenheit, die unter Mithilfe des heiligen Hindu-Patchouli ein Stückchen Nirvana erfahrbar machen soll, usw. usf. Nach meinen Recherchen gibt es sogar ein Nabelchakra, aber darf ich ganz ehrlich sein? Nirvana und Kurt Cobain: sehr gerne, Nirvana und Esoterik-Plunder: nein danke.
Haben wir es also hier mit einem 70er-Jahre-Hippieduft zu tun, der endlose Strandparties in Goa wieder aufleben lässt? Oder wird gar der Schwarzen Szene (siehe Ulis kürzlich erschienene Bekenntnisse) mit ihrem Hang zum Patchouli-Öl gehuldigt? Und noch etwas anderes: warum haben Adam und Eva eigentlich quer durch die Kunstgeschichte einen Bauchnabel, wo sie doch gar nicht geboren wurden? Kann ich mir Nombril Immense vielleicht auch in den Nabel träufeln, Bauchnabel – Ihr ganz persönliches Duftreservoir in der Körpermitte!? Viele Fragen, die möglicherweise der Selbstversuch beantworten wird. Ich sprühe mir den Duft einfach auf, nicht in den Bauchnabel, denn um dann an ihm schnuppern zu können, würde mir als Sofakartoffel eindeutig die Gelenkigkeit fehlen.
Die erdige Schwere des reinen Patchouli-Öls, dessen modrige Töne, die ihm auch schon den wenig schmeichelhaften Namen des „Leichenöls“ einbrachten, finden sich hier nicht eins zu eins wieder. Im Kopf scheint mir Nombril Immense eher krautig und fast frisch zu sein, unterlegt mit einer zurückhaltenden Süße. Aber die warmen und charakteristischen Aspekte des Patchouli tönen wie in leichten Schwaden immer wieder hervor, unterstützt von den harzigen Anklägen des Opoponax. Ich fühle mich etwas an den sakral anmutenden und vor kurzem erst besprochenen Messe de Minuit von Etro erinnert und assoziiere dabei eine gewisse Trockenheit und Ernsthaftigkeit. Auf dem Duftstreifen funktioniert der Duft überhaupt nicht und erweist sich als säuerliches Fensterputzmittel für Fortgeschrittene. Ist bei Euch der Unterschied zwischen Duftstreifen und Haut auch derart groß? Ich überlege, ob ich in Zukunft nicht ganz auf ihn verzichten soll.
Nombril Immense duftet nach spiritueller Geborgenheit – wie die Hände eines Mönchs bei der Vesper, nach getaner Arbeit im Kräutergarten des Klosters, abgeschirmt vom Lärm der Welt. Und vielleicht ist es dann doch viel mehr die innere Einkehr und leichte Heiterkeit einer dicken Buddha-Statue, die das Gesamtbild des Dufts ein wenig treffender zeichnet.
Kopfnote: Bergamotte; Herznote: Patchouli, Schwarzer Pfeffer, Karottensamen; Basisnote: Perubalsam, Vetiver, Opoponax, Ambrettesamen
Euer Harmen
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