Wie gestern versprochen geht es heute weiter mit Atelier Cologne, genauer: mit dem nächsten Duft von Jerome Epinette, Oolang Infini.
Oolang Infini, der endlose, unendliche Oolong, wird von folgender Impression begleitet:
“His breath fogged the window while he watched new snow fall upon the frozen lake. He came here to catch up on his writing and escape the city. At that moment, the fireplace crackled, ice settled in his glass and his thoughts made their way back to the ink.”
Ein einsamer Schriftsteller im Winter, eremitisch in die Einsamkeit geflüchtet, aha! So könnt ihr Euch in etwa also auch mein Leben hier vorstellen, nur fehlen in diesem Stillleben definitiv die schlafenden Katzen. Zu einem Kamin hat es mir auch noch nicht gereicht, aber die Gasheizung knackt und knarzt ebenfalls – zugegeben, ein erbärmlicher Ersatz, aber er macht ebenfalls warm 😉
Lese ich Winter und Kamin kommt mir gerade als erstes Annick Ménardos Patchouli 24 von Le Labo in den Sinn, jenes alte Bauernhaus im Schwarzwald, in dem ein paar Kilo Räucherschinken der Einsamkeit trotzen. Kamin hört sich für mich nach Prasseln und Knistern an, nach loderner Glut – entsprechend ist meine Assoziation auch eine olfaktorische Trutzburg gegen den Winter und die Zivilisation: Ein Duft, warm und ein wenig distanziert zugleich vielleicht? In jedem Falle behütend und beschützend sowie wärmend, alles unter dem Stern des Namenspatens Oolong, jener traditionell chinesischen Teesorte?
Ein Blick auf die Duftnoten allerdings stellt diese meine Vorstellungen bereits ein wenig in Frage: Kopfnote: Bergamotte, Neroli; Herznote: Tee, Jasmin, Leder; Basisnote: Tabakblüte, Guajakholz, Vetiver.
Atelier Cologne selbst lassen über ihre Kreation verlauten:
„Oolang Infini, a full-bodied, mysterious concoction, captures blue tea and bergamot in the warmth of smoke and leather.“
Die Hesperiden in der Kopfnote eröffnen Oolang Infini spritzig-prickelnd und zitrisch, ziehen sich aber alsbald zugunsten des Hauptprotagonisten in den Hintergrund zurück: Tee, auf eine seltsame Art irgendwo zwischen krautiger Herbheit und einer aromatischen Samtigkeit changierend. Subtil schillern einzelne Blüten hindurch, ihre wahre Natur (und somit auch ihren Namen) verschleiernd, sich zu einer einzigen homogenen Riesenblüte vereinigend, die auf einem weichen Wildlederbett ruht, das sich sanft-samten unter ihr ausbreitet. Vetiver greift die latent vorhandene Rauchigkeit des Tees auf und stiftet verhaltene Spitzen.
Ich habe keine Ahnung, was für ein Schriftsteller mit jener Impression oben gemeint war. In jedem Falle ist es kein Jack Nicholson, der in der Abgelegenheit eines einsamen Hotels in Colorado nach einem psychischen Zusammenbruch Amok läuft wie in Stanley Kubricks Meisterwerk Shining. Auch kann ich mir beim besten Willen ehrlich gesagt im Zusammenhang mit diesem Duft keinen Winter vorstellen, wie wir in aus hiesigen Gefilden kennen.
Oolang Infini ist harmonisch, ein leiser, meditativer Duft, der vor allem von einer gelungenen Mischung aus Samtigkeit und Rauchigkeit lebt. Niemals würde ich Schnee oder Eis damit assoziieren, sehr viel eher Regen, und zwar warmen. Regen, wie er vielleicht in bestimmten Regionen Asiens im Herbst oder Winter fällt.
Aufgrund der Beschreibung und der Ingredienzen mag man vielleicht geneigt sein an etwas wie Etros Palais Jamais zu denken – dieser ist absolut kein Vergleich, weil er seiner Natur nach viel harscher, direkter und kompromissloser ist. Auch im Vergleich mit den anderen, rar gesäten Teedüften mag mir nichts einfallen, was eine zu zitierende Ähnlichkeit aufweisen würde.
In jedem Falle ist Oolang Infini meines Erachtens nach federleicht und zart-pastellig, was ich so nicht erwartet hätte, was mir deshalb aber nicht minder gefällt.
Liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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