Gangsta’s Paradise: Courvoisier

Mit Courvoisier oder Cognac generell würde man in der Regel distinguierte, ältere Herren verbinden, die nach einer anstrengenden Fuchsjagd auf ihrem Landsitz an Kamin und Bärenfell sitzen und trockene Bemerkungen über ihr Handicap verlieren. Das ist natürlich etwas überzogen. Dass sich Courvoisier allerdings großer Beliebtheit in der amerikanischen Hip-Hop-Szene erfreut, liegt nun nicht gerade auf der Hand. Hip-Hop, wir erinnern uns: amerikanische Halbwüchsige mit Kleidergröße XXL, in welche sie niemals mehr hineinwachsen werden, Schirmmützen auf drei Uhr, Goldketten so dick, dass man damit das Traumschiff vertäuen könnte, und hüpfende Autos, mit denen die „Bitches“ durch den Problembezirk gefahren werden. Und wie es so oft ist, wenn viel Geld auf Armut trifft, es wird geprotzt und geprollt, wir kennen diesen erlesenen Geschmack beispielsweise von hiesigen Lottomillionären. Und dort ist eben auch die Verbindung zum Hip-Hop gegeben. Courvoisier ist schlichtweg ein Statussymbol, man könnte auch sagen: das Dolce & Gabbana des Alkohols.

Zusammen mit P. Diddy und dem Soul-Sänger Pharell brachte der Rapper Busta Rhymes 2002 das Musikstück „Pass the Courvoisier, Part II“ heraus – der Clip ist im Übrigen durchaus sehenswert. Achten Sie auf die immer wieder auftauchenden „Courvoisier XO Imperial“-Flaschen und das Wort „Kurwossijäj“.


Busta Rhymes Feat Pharrell – Pass The… von Kenpucho

Der Sprechsänger hatte sich auch schon zu Beginn seiner Karriere erfrischend avantgardistisch vom Prolo-Einerlei seiner Zunft abgehoben, hörbar in seiner Musik, sichtbar in seiner Haarpracht. Wer es genau wissen will – siehe hier. Und so verwundert es nicht völlig, dass er in diesem Videoclip durchaus selbstironisch Geprolle und Luxussucht durch Blödeleinlagen und übertriebene Zuhälterästhetik konterkariert. Für „Kurwossijäj“ ist diese Platzierung im jungen Markt Gold wert, auch wenn nach offiziellen Angaben kein Geld geflossen sein soll. Wir erinnern uns an den kometenhaften Aufstieg des Altherrengesöffs Jägermeister zu einem kultigen Szenegetränk.

Aber das alles erzähle ich ja nicht zum Selbstzweck, sondern werde umgehend meine Nase in den Signature-Duft L’Édition Impériale des in Jarnac beheimateten Cognac-Hauses stecken. Ich bin angenehm überrascht wie gut er riecht. Kennt Ihr das? Man riecht etwas und kommt einfach nicht darauf, was es ist, obwohl man es kennt? – Jetzt weiß ich es. Er riecht wirklich wie Nivea-Creme oder bebe-Creme, unterlegt mit holzigen Noten, die aber im Hintergrund bleiben. Übrigens hätte ich es lustig gefunden, hätte man den Flacon wie einen Flachmann gestaltet, aber Selbstironie ist dann doch eher das Metier des „Herrn Rhymes“.

Die angegebenen Duftnoten: Kopfnote: Kardamom, Mandarine, Tagetes, Koriander; Herznote: Atlas-Zedernholz, Tee, Drachenwurz (Calla Palustris), Veilchen; Basisnote: Vetiver, Fichtenbalsam, Leder, Ambra.

Da ich ja inzwischen weiß, dass sich Düfte auf der Haut oft fundamental vom Teststreifen unterscheiden, sprühe ich ihn auf: hier erweist er sich als ungemein vielschichtiger, keine Nivea-Creme mehr, Krautiges (Vetiver?), Anklänge von Mandarine lassen sich tatsächlich wiederfinden, auch etwas Frisch-Holziges, möglicherweise der Fichtenbalsam…habt Nachsicht mit mir, ich bin noch Lehrling….wie Tagetes riecht weiß ich beispielsweise einfach nicht. In der Küche habe ich gerade mal am Kardamom geschnuppert und muss zugeben, dass der Geruch durchaus deutlich vorhanden ist. Da bekomme ich glatt Lust auf einen Glühwein.

Den Duft kann ich mir gut an klassisch gekleideten Männern jeden Alters vorstellen. Er ist außergewöhnlich, aber unaufdringlich und kein schwerer Brocken, einfach ein angenehmer Begleiter. Man muss sicher kein Napoleon sein, um ihn tragen zu können. Courvoisier war übrigens das Lieblingsgetränk des Korsen und soll mit ihm fässerweise ins Exil gegangen sein.

Zum Wohle!

Euer Harmen.

Bildquelle: Courvoisier von Ged Carroll via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Beitragsbild: von StuartWebster [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

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