Die Schöne und das Biest: Fat Electrician.

Letzten Freitag hatte ich es bereits angekündigt und „die Katze aus dem Sack“ gelassen – und hier ist sie nun: Eine auf Basis meiner Eingebung umgesetzte neue Rubrik namens „Die Schöne und das Biest“. Wieso der Name? Weil sich diese Rubrik hauptsächlich Mariela und Harmen teilen werden, die ich Euch bereits vorgestellt habe. Die beiden werden sich demnächst auch noch selbst in unserem Menüpunkt „Über Uns“ verewigen.

„Die Schöne und das Biest“ – Ein Duft, zwei Meinungen, und zwar gerne subjektiver Natur. Mariela, Duftliebhaberin alter Schule, Schöngeist und Designfan. Und Harmen, Duftneuling, Literaturwissenschaftler, Skandinavienfan, Skeptiker mit bisweilen losem Mundwerk gepaart mit einer gesunden Neugierde. Ich verspreche Euch, es wird unterhaltsam! Viel Spaß mit unseren beiden Neuen!

Heute an der Reihe: État Libre d’OrangeFat Electrician.

Mariela

Nun, wie riechen wohl Elektriker? Als unsere Wohnung renoviert wurde war einer dieser Gattung täglich zu Gange, jedoch fiel damals kein besonderer Geruch auf. Auch kein schlechter… Also was stellt man sich darunter so vor? So viel fällt mir erst einmal nicht ein, vielleicht Schweiß und verschmorte Kabel? Vielleicht eine Mischung aus Comme des Garçons Odeur 53 und État Libres Secretions Magnifiques? Allerdings erwartete mich etwas ganz anderes.

Auf der Produktwebseite stößt man sogleich auf den Hinweis, dass Fat Electrician nach einem Film konzipiert wurde und zwar Midnight Cowboy. Er handelt von einem unbedarften jungen Mann, der vom Lande in die Stadt kommt, um dort Karriere als Gigolo zu machen. Er scheitert natürlich kläglich. Den Film habe ich leider nicht gesehen, jedoch kommt eine Erinnerung auf, die jetzt einfach einmal herhalten muss:

Mein Elektriker war in jungen Jahren ein unglaublich gut aussehender Mann. Ich würde mal sagen einer der schönsten Männer, die ich je gesehen habe, mit dem entsprechenden Charme natürlich. Diese Mischung war unwiderstehlich, nicht nur für mich, sondern auch für viele, viele andere Frauen und Mädchen. Dementsprechend war auch sein Verschleiß.

Jeder dachte, dass dieser junge Beau Kapital aus seinem Aussehen schlagen würde. Ich bin mir sicher, er hätte Karriere als Model machen können oder welche Berufe es sonst noch in der Schönheitsbranche geben mag. Aber falsch gedacht, er blieb in dem Kaff hängen und wurde dick. Was für eine Enttäuschung, als ich ihn nach Jahren wiedersah. Der Charme war noch da, jedoch empfand ich ihn nicht mehr als anziehend, sondern nur noch als traurig. War er vermutlich auch, denn nach den Jahren der Fülle an Frauen, war er mittlerweile allein. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, ständig sein Glück beim anderen Geschlecht zu versuchen. Ich komme jetzt leider nicht darauf, welchen Duft er benutzte. Es könnte aber von der Thematik her durchaus Fat Electrician gewesen sein…

Mit dem ersten Spritzer geht es gleich ordentlich los. Die État Libre Düfte zieren sich nicht, da wird gleich gezeigt, wo der Hammer hängt. Gut so, weiß man doch gleich, woran man ist. Dasselbe ist mir auch schon bei Noël au Balcon aufgefallen. Die herbe, wunderbar trockene Süße, die mir ins Gesicht schlägt, nimmt mich gleich gefangen: Vetiver in Kombination mit Opoponax und Myrrhe finde ich unwiderstehlich. Ganz leicht schimmert auch noch eine süße, runde jedoch nicht allzu liebliche Vanille hervor. Für mich ein unglaublich sinnlicher Duft, den ich definitiv tragen werde, obgleich ich ihn lieber an einem Mann riechen würde. Ein Duft, nicht für den Allerweltsmann, sondern für einen sehr selbstbewussten, einen der sich nicht immer in sicheren Gefilden bewegen muss, der nicht mit dem Strom schwimmt, sondern gern auch mal entgegen. Und dabei unwiderstehlich anziehend wirkt. [Wie der Elektriker oder eben NICHT wie der Elektriker? 😉 – Anmerkung: Uli.]

Harmen

Ich muss zugeben, ich hatte die schlimmsten Befürchtungen als es darum ging, dass ich diesen Duft testen soll. Zwar war mir bekannt, dass État Libre d’Orange sich einerseits rebellisch und anzüglich geben, andererseits aber auch wahre Meister der Parfumherstellung sind – aber wie mag wohl ein Duft riechen, der „Fat Electrician“ getauft wurde? Meine Angst erklärt sich vielleicht noch ein bisschen besser, wenn ich hinzufüge, dass vor nicht allzu langer Zeit in unserer frisch bezogenen Wohnung ein Abflussrohr verstopft war und wir, nachdem die Waschmaschine das kühle Nass statt in die Kanalisation gleichmäßig unter die Schränke befördert hatte, zu guter Letzt den Handwerker rufen mussten. „Frische“ Erinnerungen also. Wie mag ein fetter Elektriker riechen?

Kopfnote: Schweiß – Herznote: Leberwurstbrot – Basisnote: Pümpelgummi?

Aber Spaß beiseite. Da ich zu den Düften wie die Jungfrau zum Kinde kam, verzeiht mir meine etwas unfachmännisch geäußerten Assoziationen. Mein erster Eindruck ist Weihrauch, jedenfalls etwas Holzig-Harziges, Räucherstäbchen, aber ohne die erdrückende Schwere. Es sind zudem zurückhaltend süßliche Noten vorhanden – ist das die angegebene Vanille? Diese nehmen etwas von der trotzdem vorhanden Schwere und auch der an Papier erinnernden Trockenheit des Harzes – Opoponax und Myrrhe, wie der Hersteller angibt. Auf dem Testreifen nehme ich anfangs eine alkoholische Note wahr, die mich an den Geschmack von Wodka erinnert, auf der Haut bleibt dieser Effekt aus, wobei sich hier im Gegensatz zum Teststreifen auch wärmere Aspekte des Duftes ergeben. Es macht sich natürlich Erleichterung breit, wenn die befürchteten Duftmerkmale ausbleiben. Alles in allem ein Winterduft, für meinen Geschmack etwas zu schwer und anstrengend, aber trotzdem ein ungewöhnliches Dufterlebnis.

Bildquelle: Lewis Hine (1920): Power house mechanic working on steam pump via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Mariela Verfasst von:

12 Kommentare

  1. Margot
    22. Dezember 2010
    Antworten

    Hallo ihr beiden,
    das ist ja schön! Finde diesen Einstieg in diese „Rubrik“ klasse! Vor allem dass die Beschreibungen so herzerfischend anders sind!
    @Harmen: Freue mich schon auf Deinen ersten, selbst kreierten Duft: Kopfnote: Schweiß – Herznote: Leberwurstbrot – Basisnote: Pümpelgummi
    Bin mir sicher, dass Du damit gar nicht so weit neben dem einen oder anderen bereits existierenden „Parfum“ liegst. Bis jetzt fehlt mir nur die Leberwurstbrot-Note 😀

    Liebe Grüsse,
    Margot

    • Ulrike
      24. Dezember 2010
      Antworten

      Ich bin ja auch gespannt was „meine beiden“ in nächster Zukunft noch so produzieren 😉 … vor allem kenne ich ja schon einige Artikel, jawohl – es wird noch spannend(er)!

  2. Harmen
    23. Dezember 2010
    Antworten

    Hallöchen, mal sehen ob sich vielleicht „Leberkäswecken“ als neue Duftfamilie etabliert 😉 Viele Grüße!

  3. Almut
    25. Dezember 2010
    Antworten

    was für eine schöne idee! bin schon sehr gespannt auf weitere „duokommentare“.

    der duft klingt nicht unspannend, auch wenn ich bisher mit dieser firma noch kein olfaktorisches glück hatte. meine haut und nase konnten bisher nicht glücklich werden.

    liebe grüße!

    • Ulrike
      3. Januar 2011
      Antworten

      Wirklich Almut? Keiner für Dich dabei? Dachte ich ja auch immer… bis Like This kam. Und einige andere finde ich jetzt, da ich mich mal mit einer ganzen Anzahl Düfte näher beschäftigt habe, auch gar nicht übel. Der fette Elektriker gehört im übrigen auch dazu 😉

  4. margot
    25. Dezember 2010
    Antworten

    @Harmen: Für die Norddeutschen könnte auch „Labskaus“ eine interessane Variante darstellen und für Westdeutschland „Currywurst“. Damit hättest Du doch schon jede Menge Ansatzpunkte für eine komplette Kollektion!

    Schöne Feiertage, Margot

    • Ulrike
      3. Januar 2011
      Antworten

      Auf Labskaus bin ich schon gespannt… an Silvester gab es (für die anderen) Heringssalat – vielleicht auch eine Option? Saure Kuddeln? In Skandinavien gibt es sicher auch einiges Ekliges, gell Harmen?

  5. Almut
    4. Januar 2011
    Antworten

    uli, ich kenne natürlich nicht alle. einige, die ich kenne finde ich ganz nett, aber mehr meist auch nicht. den erdbeeramber mag ich doch recht gerne und der neue (wie hieß er nochmal) hat auch was. aber aus den socken hat mich noch keiner gehauen 🙂

    liebste grüße
    almut

  6. Michaela
    6. Januar 2011
    Antworten

    ….Erdbeeramber? Oooh, welcher ist das denn?

    Liebe Grüße
    Michaela

  7. Harmen
    7. Januar 2011
    Antworten

    Ekliges aus Skandinavien kann ich nur bestätigen…man koste nur einmal Surströmming aus Schweden oder Hákarl aus Island…hat beides mit gesäuertem/fermentiertem Fisch zu tun 🙂

  8. margot
    7. Januar 2011
    Antworten

    @Michaela:
    Also, ich weiß auch nicht, welchen man mit Erdbeeramber assoziiert … würd mich auch mal interessieren

    @Harmen:
    Den eklig, stinkenden Fisch aus Skandinavien hab ich schon mal gesehen, in einer Reportage: „Die 10 ekligsten Speisen“ oder so. ICH möchte den NICHT probieren 🙂

    LG, Margot

  9. Ulrike
    8. Januar 2011
    Antworten

    Bah! Das würden sicher noch nicht mal meine Katzendamen fressen lieber Harmen!

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