Drei auf einen Streich sind es diese Woche, drei Artikel zu den „Vergessenen“: Düfte, die schon seit langem der Entdeckung in meiner riesigen Schublade harrten um der Öffentlichkeit, also: Euch, in schönen Worten preisgegeben zu werden.
Heute bleibe ich wie gestern auch in Frankreich und stürze mich als alter Komplettierer auf drei Düfte aus der Kollektion des ubiquitären Monsieur Pierre Montale. Fleißig war der gute ja schon immer – kaum ein Jahr vergeht, in dem er nicht mit einigen – die Betonung liegt hier auf dem Plural – Neuveröffentlichungen seine ohnehin schon ziemlich umfangreiche Linie ergänzt. Die letzten Dazukömmlinge sind: Aoud Ambre, Full Incense und Black Musk.
Das hört sich nach einer Reihe finsterer Buben an, ich bin gespannt… 😉
Und in der Tat – diese Jungs machen keine Gefangenen, zumindest Aoud Ambre und Full Incense nicht. No mercy sage ich da nur…
Aoud Ambre ist ein „richtig fettes Brett“, wie ein Kumpel von mir sagen würde. Von Labdanum ist da die Rede und von Ambra sowie natürlich Oud. Und, ganz ehrlich, auf meiner Haut überdeckt das alles: Dicke durchdringende medizinische Oudwolken in Kombination mit Leder, altem ehrwürdigem. Ein Hauch würziges Tier mischt ebenfalls mit genauso wie der likörig-trocken-süße Namenspate Ambra. Ich fühle mich erinnert an – Freuds Arbeitszimmer, damals in London gesehen. Eine ernsthafte Angelegenheit und eine schwere, bedeutungsträchtige – das genaue Gegenteil eines leichtlebigen Leichtgewichts.
Full Incense verspricht ebenfalls einiges – und hält sein Versprechen auch. Hier finden laut Herstellerangaben Elemiharz und Labdanum zusammen, beides Räucherwaren, welche von Patchouli und Zedernholz abgerundet werden. Ist jetzt Weihrauch mit drinnen? Oder bezieht sich der Name nur auf das ganze andere Räucherwerk? Ich sage – Ja. Für mich ist auch Weihrauch mit drin und nicht zu knapp: Ein dichter Kirchenweihrauch. Überhaupt präsentiert sich Full Incense überaus kühl – entgegen dessen, was man vielleicht hinter einem Harzduft vermuten könnte. Keine warm-würzig-süße Oud-Rauchigkeit. Eher eine fruchtige, ein wenig an Wacholder erinnernde rauchige Kühle, sakral anmutend. Eine, die an die kräftigeren Kandidaten aus Comme des Garçons Series 3 erinnert oder an Etros Messe de Minuit genauso wie an Herrn Tauers gelungene Weihrauch-Experimente. Patchouli hilft hier vermutlich der Tiefe Ausdruck zu verleihen, ist für mich aber nicht einzeln zu entdecken, das Zedernholz allerdings dürfte dem ganzen noch mehr saubere Kälte stiften und rundet Full Incense somit gelungen ab. [Edit: Und natürlich ist Weihrauch drin. Denn Elemi entstammt dessen direkter Verwandtschaft: Eine Quelle, aus der Elemiharz gewonnen wird, ist neben anderen Pflanzen auch Boswellia frereana, eine Weihrauchart. Lieben Dank an dieser Stelle an Christof, der mich darauf aufmerksam gemacht hat!]
Black Musk, der dritte Kandidat im Bunde, hätte jetzt eigentlich nichts für mich sein dürfen… Moschus ist nicht unbedingt meine Kragenweite, eigentlich. Ich besitze und liebe Anamor All that matters, einen überaus kuscheligen Muckelmoschus. Dann hatte ich das Narciso Rodriguez Musc for Her Oil (ganz wichtig – das Öl!) – einen sauberen, sehr skinnigen Moschus mit sanften Neroliakzenten sowie Malles Musc Ravageur, der Sexy-Moschus überhaupt. Und, mein neuer spät entdeckter Freund – Etros Musk. Damit wäre die helle Moschusfraktion abgedeckt. Einen Düstermoschus, einen dreckigen, hätte ich schon lange gerne gehabt. Lutens‘ Muscs Koublai Khan verwandelte sich bei mir von einem auf dem Duftstreifen durchaus überzeugenden Ziegenbock in einen zahmen Skinduft auf der Haut – was war ich enttäuscht… Montales Black Musk nun könnte mich vielleicht retten: Was mir vom Duftstreifen entgegenduftet ist eine Mischung aus frischen, sehr sauberen hellen Moschusnoten mit einem Tick Graphit (einen reinen Moschus-Graphit gab es einmal von Indult, wie hieß er doch gleich?), die sich mit ledrig-dreckigen Moschusanklängen vermischen. The Marriage of Heaven and Hell.
Diese entwickelt sich auf meiner Haut anders, aber nicht weniger interessant: Sauber bleibt es, irgendwie. Und eine Frische hat das auch, was mir da entgegenwallt – aber eine, die durch unverhohlen ledrige Akzente korrumpiert wird, welche die mir wohlbekannt vorkommen, da sie ein ähnliches Kaliber besitzen wie die Ledernoten in Oud Cuir d’Arabie. Überhaupt denke ich permanent an Oud, es mutet nämlich auch ein wenig nach Black Oud an…
Testet selbst, ich bin gespannt was für eine Dynamik vor allem letzterer Duft an Euch entwickelt 🙂
Dessen Ingredienzen: Kopfnote: Moschus, Ambra; Herznote: Leder, Sandelholz; Basisnote: Schwarzer Pfeffer, Muskatnuss.
Einen wunderschönen Tag wünscht Euch
Eure Ulrike.
Liebe Uli,
Du weißt ja, von FULL INCENSE hatte ich mir ja schon was versprochen. Und Dein Vergleich mit Etro’s Messe und den CdG Krachern? Also ich weiß nicht, ich fand ihn für „FULL“ viel zu flach. Nicht das was ich mir gewünscht hatte sonst wäre er schon längst bei mir eingezogen. Und die Incense-Tauer’s sind mir zu heftig. Ich mag sie, aber sie haben etwas, da wird mir nach einer Weile ganz komisch. Vielleicht muss ich ja doch noch mal dem Black Oud testen. Für Amber und Moschus hab ich grad nicht den richtigen Kopf, aber irgendwann werde ich mich auch diesen Gesellen widmen. *Kicher* wollte mich doch tatsächlich die letzten Tage mal mit Oud Cuir d’Arabie einnebeln *ggg*. So langsam werde ich wohl richtig mutig!
Liebe Grüsse,
Margot
Liebe Uli,
ich habe den Artikel gerade erst gelesen, gut wie immer. Die vorgestellten Düfte habe ich noch nicht probieren können, mache ich aber bestimmt noch. Hören sich alle so an, als könnten sie mir gefallen.
Hellhörig bin ich bei dem Graphit-Moschus geworden, hatte ich noch nie gehört. Meintest du den C16 von Indult? Den finde ich nämlich zum Niederknien und wäre froh, wenn es etwas in der Art gäbe.Na, ich muss den Black Musk dringend testen.
Dir einen lieben Dank für deine wunderbaren Artikel, ich lese sie sooo gern. LG Gudrun
Hallo liebe Gudrun,
exakt, ja, C16 war es 🙂 Ich hatte ihn jetzt nicht mehr zum Paralleltesten da, allerdings hatte das, was mir in Erinnerung geblieben ist, doch durchaus Ähnlichkeit mit diesem 🙂
Danke für die virtuellen Blümchen im übrigen 😉 Freut mich sehr, dass Dir meine Artikel gefallen!
Liebe Grüße zurück,
Uli.
Liebe Gudrun, Liebe Uli,
hmm, also die drei, Thiota, Mankara und Isvaraya kenn ich, aber von C16 höre ich das erste Mal. Auf der Indult Homepage ist er auch nicht, hab ich irgendwas überlesen/übersehen?
So was macht mich ganz kribbelig ….
LG, Margot
Huhuu liebe Margot,
der C16 war eine Limited Edition, die es, ich glaube, nur bei Colette in Paris gab. Es gibt von Indult auch noch einen Lederduft, den ich unglaublich gerne mal getestet hätte…
Liebe Grüße,
Uli.
@Uli ….. tja dan wär das doch mal ne Reise nach Paris wert!
Wenn man Glück hat, gibt’s die einfache Fahrt mit dem TGV für EUR 69,00! Hab ich heute für meinen Chef gebucht, heuuuul der darf immer mal wieder nach Paris, ich nicht!
Hab heute aber noch was endeckt: Mit der Bahn kommt man kurzfristig auch für EUR 49,00 (einfach) nach London! Werde mir das mal näher ansehen 🙂
LG, Margot