Nicht nur in Helge Schneiders gleichnamigem Song aus dem Jahre 1994, sondern auch hier im Blog, denn der zweite Calé Fragranze d’Autore-Duft ist an der Reihe; schön dem Alphabet nach, widmen wir uns heute Dolce Riso, dem süßen Reis, der in mir schon beim bloßen Lesen des Namens akute Nachtischsehnsüchte weckt. Anscheinend gibt es wirklich eine italienische Köstlichkeit dieser Art: einen süßen Reiskuchen mit Mandeln und Zitrone, der eine Spezialität der norditalienischen Emilia Romagna ist. Vielleicht werde ich ja meine Backkünste hier einmal wieder einsetzten, denn Kuchen kann ich (im Gegensatz zu Plätzchen… aber das wisst Ihr ja schon.). 🙂
Reis als Duftnote – eine seltene Ingredienz. Geza Schöns Nummer 1 aus dem Hause Biehl Parfumkunstwerke verwendet Basmati-Reis, ebenso wie Miller et Bertaux in A Quiet Morning. Das kleine Label Calé Fragranze d’Autore hat neben dem Süßreis noch einen zweiten Duft mit dem wärmeliebenden Süßgras bestückt, nämlich Mistero.
Aber sonst: gähnende Reisleere, wohin das Auge blickt. Oder fallen Euch noch Reisdüfte ein? Dabei steht das Fehlen von Reis in Düften im absoluten Kontrast zur sonstigen Reissituation weltweit. Ist doch Reis für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung Hauptnahrungsmittel. In Asien besteht 80% der täglichen Nahrung aus Reis. Dort, also in Asien oder genauer gesagt: in China wurde der Reis laut archäologischen Funden erstmals kultiviert. Dies geschah beim Übergang von der Jäger-Sammler-Lebensweise zur Subsistenzwirtschaft mit Ackerbau, Viehzucht und dauerhaften Siedlungen. Dieser Übergang, die sogenannte Neolithische Revolution, fand in mehreren Regionen der Erde unabhängig voneinander (und zum Teil zu verschiedenen Zeitpunkten) statt. Weizen, Roggen und Gerste wurden erstmals in der Levante, im heutigen Nahen Osten, angebaut. Damals natürlich noch in ihrer Urform. Von dort schwappte die Getreidewelle langsam aber sicher auch zu uns nach Mitteleuropa herüber (langsam meint hier einen Zeitraum von mehreren tausend Jahren später). Laut Fundlage fand die Domestikation von Reis in China etwa zeitgleich mit der von Weizen & Co. in der Levante statt: ganz grob gesagt vor etwa 15.000 Jahren.
Heute wird in beinahe allen tropischen und subtropischen Ländern der Welt Reis angebaut, hauptsächlich in Asien. Aber auch in Frankreich, Spanien, Portugal und Norditalien finden sich Reisfelder. Letztere interessieren uns heute, liegen sie doch in der Poebene, jener fruchtbaren Fläche durch die der Fluss mit dem Gesäßnamen fließt, in der auch die Stadt Mailand liegt. Einen gewissen Bezug zu Reis hat das Milaneser Label Calé Fragranze d’Autore also; ja, und auch die auf Süßreiskuchen spezialisierte Emilia Romagna ist nicht allzu fern. Schön, wie man sich die Verwendung von Reis als Duftnote in einem italienischen Eau de Toilette so hinkonstruieren kann, als ob es nichts Naheliegenderes gäbe. 😉
Die Duftnoten des süßen Reises: Apfel, Limette, Beifuß, Reis, Getreide, Weißer Pfeffer, Moschus, Vanille, Tonkabohne.
Klingt wirklich fast wie die Zutatenliste einer Nachspeise, abgesehen vom Pfeffer vielleicht. Mal sehen, ob der Duft beim Schnüffeln auch hält, was er verspricht. Herr Levi verspricht auf seiner Homepage folgendes:
Positive, sweet and optimistic. A balanced harmony with a delicately sweet dominant that inspires tenderness, spontaneity, happiness and joie de vivre.
Lebensbejahend, süß und optimistisch. Eine ausbalancierte Harmonie mit einer köstlich-süßen Dominante, die Zärtlichkeit, Spontanität, Fröhlichkeit und Lebensfreude weckt. So, so!
Der Teststreifen bringt gleich zu Beginn seine ganze Daseinsfreude durch süß-fruchtige Noten zum Ausdruck, die alsbald grün-zitrisch werden, begleitet von pfeffriger Schärfe. Nach dieser rasanten Achterbahnfahrt durch die schönen Seiten des Lebens, äh der Düfte entwickelt Dolce Riso eine zitronige Süße, die mich an den Duft von Milchreis erinnert – an solchen, der mit frisch geriebener Zitronenschale gekocht wurde. Mmmh!
Auf meiner Haut toben sich direkt nach dem Aufsprühen erst einmal die Pfeffernoten aus, bevor der Duft zitrische Spritzigkeit erlangt. Auch hier ist der Duftverlauf im Zeitraffer unterwegs, denn ganz flugs werden die frischen Hesperidennoten durch eine einlullende Weichheit abgefedert; Dolce Riso wird pudrig-kuschelig, gespickt mit dezenten Fruchtakzenten, mandelig-vanilligen Nuancen und transparenter Pfefferschärfe. Während mich das Papier an Milchreis erinnert hat, assoziiere ich mit der epidermalen Duftausprägung eher einen Kuchen… die süße Reistorte mit Mandeln und ordentlich Zitronenaroma!!
Wie auch schon der gestrige Duft entpuppt sich Dolce Riso als zart-transparenter Alltagsbegleiter; Unisex mit femininen Zügen würde ich sagen. Eine weitere Übereinstimmung zu Brezza di Seta von gestern: der sehr beschwingte Duftverlauf. Von „Eile mit Weile“ haben die bisher rezensierten Calé Fragranze d’Autore-Düfte anscheinend noch nichts gehört. Im Schnelldurchlauf hetzen beide durch Kopf- und Herznote. Die Basis scheint schon jenseits der Ziellinie zu sein, denn hier machen sie es sich gemütlich und bleiben lange, lange, lange erhalten. Ich bin schon gespannt, ob die Sprintermentalität allen Levischen Kreationen anhaftet. Falls ja, würde ich beinahe mutmaßen, dass ein Sportreporter bei der Live-Übertragung eines Leichtathletikevents ihn zur Komposition der Düfte inspirierte statt der von Levi erwähnten Erzählungen und Anekdoten. Oder war Herr Levi etwa selbst einmal Sportreporter und schöpft aus diesem Erinnerungsfundus?? 😉
Einen schönen Tag wünscht Euch,
Eure Stephanie.
Liebe Stephanie,
schöner, leckerer Reisartikel! Aufgrund Deiner Beschreibung kann ich das bis hier her riechen und bekomme gerade tierisch Hunger!
In Sachen Reis-Duft fällt mir spontan nur das Körperspray (Wellness) aus der Kenzoki-Serie ein. Das ist auch seeeeehr lecker!
Liebe Grüße und viel Spaß beim Backen 🙂
Margot
Ach, liebe Margot, danke für Deine lobenden Worte! 🙂
Ein Reistortenrezept habe ich wirklich schon im Internet recherchiert. Momentan ist mir persönlich ja eher nach deftigem Schokokuchen (das muß am Wetter liegen), aber spätestens im Frühjahr ist die süße Reistorte fällig (irgendwie passt sie für mich mehr in die Zeit der sprossenden Blütenknospen, denn ins winterlich verschneite Bodenseeklima)! Werde Dir berichten wie sie schmeckt udn gegebenenfalls das Rezept kundtun! 🙂
Ein schönes Wochenende ohne allzuviel Gebibber!
Steffi
Es gibt einen wunderbaren Reisduft von Ormonde Jayne,London:
Champaca, ein leichter, floraler Duft mit deutlicher Basmati Reis Note.
Kopfnote: Neroli, rosa Pfeffer, Bambus
Herznote: Champaca, Freesie, Basmati Reis
Basis: Myrrhe. grüner Tee, Moschus
Ein außergewöhnlicher Duft, wie viele von Ormonde Jayne, z.B.: ihr Signaturduft mit Hemlockstanne.
Man kann ein Probenpäckchen mit fast allen ihrer Düfte online bestellen (je 5ml).
Vielen Dank für Ihre informativen und inspierenden Duftporträts.
I.
Das Spray aus der Kenzoki-Serie ist toll. Und es gab auch noch irgendeinen anderen tollen Duft von einer jener japanischen Firmen, einen ganz leichten, was war das noch? Eine Serie mit vier Düften, da war auch ein Reisduft dabei… grübel…
Was aber auch unnachahmlich gut ist ist der Milchreiskuchen bei der Bäckerei hier in der Nähe, auf den ich jetzt schon wieder Lust bekomme 😉
Liebe Grüße,
Uli.
Liebe Uli,
das ist dann wohl Kenzoki: Reis, Ingwer, Lotus und Bambus …. alle auf Ihre Art entspannend und olfaktorisch ergötzend.
LG, Margot
Yup, Du hast vollkommen recht 🙂