… liegt bekanntermaßen auf dem Rücken der Pferde. Und mancher Nasen Glück vielleicht in jenen pferdeverzierten Flakons, die Parfums de Marly uns beschert hat. Vier Düfte sind es, Darley hatte ich gestern schon vorgestellt, heute sind Ispazon und Lippizan an der Reihe.
Ispazon macht es einem ein bißchen schwerer, den Namen abzuleiten – eine Hommage an den Friesen findet sich hier, jenes Pferd, von dem ich immer dachte, all mein Glück läge auf dessen Rücken. Ein echter Kleinmädchentraum ist es: Rabenschwarz und mit einer langen Lockenmähne ausgestattet, die die meisten Frauen vor Neid erblassen läßt, sind diese sanften Riesen äußerst intelligent, nervenstark, meist unkompliziert, geduldig und äußerst gelehrig. Darüber hinaus haben sie eine große Affinität zur Hohen Schule und besondere Fähigkeiten, die sie zu zirzensischen Lektionen befähigen – ihr wißt schon, auf Kommando steigen, hinlegen, verbeugen und so weiter…
Ob der Friese nun ein Warm- oder ein Kaltblut ist, darüber streiten sich Fachmänner immer noch. Wahr ist, daß die ursprüngliche Kaltblutrasse der Ostfriesen bereits im 16./17. Jahrhundert während der spanischen Besatzung der Niederlande mit spanischen Pferden veredelt wurde. Heraus kam jenes Barockpferd, das aussieht, als ob es dem Reißbrett eines italienischen (Auto?)Designers entfleucht wäre und welches ob seiner Ambivalenz einen ganz besonderen Reiz besitzt: Groß und mächtig anmutend, jedoch grazil und leichtfüßig in seinen Gängen, geschmeidig in seinen Bewegungen – ganz abgesehen von der umwerfenden Optik…
Ispazon, der Duft, besitzt auch etwas von jener Ambivalenz – und ich finden den Vergleich tatsächlich auch gar nicht bemüht, obgleich es natürlich zugegebenermaßen schwer ist, Äquivalenzen bei einem Duft und einem Pferd zu konstatieren.
In den Kopfnoten beginnt Ispazon mit einer zitrisch-prickelnden Frische, welche vornehmlich Zitrone und Limette erahnen läßt, um sich dann alsbald auf seine Kräuter zu besinnen: Lorbeer und Thymian. Vor allem ersterer ist ein dominanter Geselle: Finstergrün leuchtend strahlt er ernst und ein wenig herb-bitter, von seines Mitstreiter Thymians sanfter Kräuersüße abgemildert. Dessen Weichheit und kräuterig-süße Kühle, das Herz des Duftes und ein wenig an Maître Parfumeur et Gantiers bezaubernd leisen Garrigue erinnernd, bildet auch den Auftakt für den zweiten Teil oder vielmehr: den dritten Akt des Duftes, die Basis: Jene stellt ein absolutes Kontrastprogramm zum restlichen Duft dar. Hautnahe und verhalten süße Wärme von Moschus und würziger Vanille mit einer Tendenz zur Hitze dank Ambra, welche ebenfalls für einen kleinen animalischen Anstrich sorgt.
Die Duftnoten: Kopfnote: Zitrone, Limette, Orange, Lorbeer, Thymian; Herznote: Maiglöckchen, Zedernholz; Basisnote: Ambra, Vanille, Moschus.
Lippizan ist ebenfalls überraschend, allerdings in anderer Hinsicht… Eine Hommage an die älteste Kulturpferderasse stellt der Duft dar, eine olfaktorische Verbeugung vor jenem weißen Vollblut, dessen Geschichte eng mit den Habsburgern verknüpft ist. Im Gestüt Lipica haben sie ihre Wiege, das im gleichnamigen Stadtteil der slowenischen Gemeinde Sežana gelegen ist. 1580 von Erzherzog Karl II. gegründet, gilt das Gestüt Lipica heute als Kulturdenkmal mit weltweit einmaligem Ruf und übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Pferdeliebhaber aus, die dem Ruf der weißen Rösser schon seit Jahrhunderten folgen. Könige und Kaiser, Herrscher und Adel begeisterten sich für jene Pferdchen genauso wie das gemeine Volk – dem einen oder anderen dürften sie auch aus der berühmten spanischen Hofreitschule in Wien bekannt sein, wo sie mit ihren Vorführungen der Hohen Schule brillieren.
Nun, nachdem ich jene herrlichen Vollblüter auch beizeiten kennenlernen dürfte als alter Pferdecomics verschlingender Teenager präsentiert sich Lippizan erstmal eher unerwartet: Nach dem Aufsprühen maritime Momente kreierend durch ein wohlwollendes Stilleben von Hesperiden und Kräutern offenbart er umgehend seine eigentliche Natur – diejenige eines Chypreduftes. Ein kräuterig-brausendes Mäntelchen mit waldig-(nadel)holzigem, erdigem Galbanum gesäumt, welches ein in Leder gefasstes Herz aus heller Rose und floralen Tupfern offenbart, das auf einem harzig-moosigen Lager ruht.
Alles in allem sehr schön – auf den ersten Blick allerdings nicht das, was ich mit einem edlen weißen Pferd assoziieren würde… Da es aber auch Braune und Rappen von dem Lipizzaner gibt, wenn auch selten, kommt das schon hin, zumal jene Pferde neben ihrer grazilen Anmutung eben auch eine Art zivilisierte Ungestümheit besitzen, Temperament eben – und da sind wir dann sofort doch bei Lippizan, dem Vollblutchypre 😉
Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Zitrone, Kardamom, Thymian, Estragon, Muskatellersalbei; Herznote: Jasmin, Rose, Iris, Galbanum, Patchouli, Zedernholz, Vetiver; Basisnote: Baumflechte, Vanille, Leder, Ambra, Moschus.
Morgen folgt noch Shagya, der letzte in der Runde der Marly-Düfte – bis dahin einen schönen Tag und liebe Grüße,
Eure Ulrike.
P.S.: Falls Ihr Euch wundert: Lippizan schreibt sich in der Tat so, obgleich der Lipizzaner selbst jenewelche Schreibweise besitzt, was sicher zu einiger Verwirrung führen wird…
Schreibe den ersten Kommentar