Kleinmädchenträume…

… werden wahr: Pferde! Pferde! Pferde! … offerieren uns Parfums de Marly, eine nagelneue Firma auf dem (Nischen)Parfummarkt. Das Informationsmaterial der Firma war wie des öfteren trotz pompösen Internetauftritts ein wenig dürftig, was mich alleine schon bei den Texten im Shop vor größere Probleme stellte, denn außer artigen Duftnotenpyramiden gab es nullkommanix.

So frönte ich fein einem postpubertären Schub meiner Pferdeleidenschaft, diesmal sogar bezahlt, um mir diverses Pferdewissen anzueignen oder zum Teil auch, ich gestehe: wieder aufzufrischen. Denn natürlich war ich als kleines Mädchen Feuer und Flamme für Pferde, bin selbst lange Jahre geritten (und tue dies auch heute noch ab und an, wobei ich nicht nur größer, sondern die Pferde im Laufe der Jahre auch immer kleiner wurden – der Mut nimmt rapide ab, je älter man wird…), war als guter Süddeutscher natürlich, wie naheliegend, auch schon im Arabergestüt in Marbach sowie in der Wiener Hofreitschule, die üblichen Verdächtigen eben…

Nun, es hat Spaß gemacht, die ganze Rassenspezifik und vor allem -historie mal wieder aufzuarbeiten und in der Tat – ich sehe auch bestimmte Parallelen zu den Düften von Parfums de Marly, was ja durchaus gewünscht ist.

Aber vielleicht erstmal von vorne: Parfums de Marly. Benannt hat sich die Firma vermutlich nach den berühmten Pferden von Marly: Die heute als Les Chevaux de Marly bekannten Pferdestatuen wurden auf Wunsche Ludwigs des XV. von dem Bildhauer Guillaume Coustou angefertigt – zu Ehren seines Urgroßvaters, des Sonnenkönigs Ludwig XIV.. Ursprünglich standen sie im Park seiner Sommerresidenz in Marly-le-Roi, wurden aber später nach Paris transportiert und dort am Übergang des Place de la Concorde auf die Champs-Élysées aufgestellt. Heute stehen dort Repliken, die echten Statuen haben ihre Heimat mittlerweile im Louvre gefunden.

Die Chevaux de Marly sind weltberühmt und gelten als Paradebeispiel barocker Bildhauerkunst – und sind auch Zeichen für eine Leidenschaft, die am französischen Hofe (und nicht nur dort) gehegt und gepflegt wurde: Pferde. Eine weitere, man ahnt oder vielmehr: riecht es schon – die Düfte. Zu Zeiten Ludwig des XV. nannte man seinen Hof wohl auch „perfumed court“: Weil nicht nur die Menschen in Parfum badeten, sondern auch alle Gemächer beduftet wurden, ja sogar die Brunnen parfumiert wurden. Diese beiden Leidenschaften möchten Parfums de Marly nun vereinigen mit ihren Düften.

Herausgekommen sind, das mag ich gleich vorwegnehmen, in der Tat recht eindrucksvolle Düfte: Ich bin ziemlich überrascht über die Komplexität derselben, die aber auf leisen Sohlen oder besser: Hufen daherkommt. Es sind alles Understatementdüfte, sie haben allesamt nichts marktschreierisches, nichts vordergründiges oder gar prolliges, was nicht heißt, daß sie keine Präsenz zeigen oder es an Haltbarkeit mangelt. Vor allem den Herren unter meinen Lesern sei ein näherer Versuch empfohlen, denn an jenen sehe ich die Düfte vorrangig. Und bitte genügend Muße mitbringen zum Testen – die Düfte brauchen Zeit.

Beginnen möchte ich heute mit Darley. Benannt ist Darley in allererster Linie nach dem berüchtigten Hengst Darley Arabian, der wiederum seinen Namen von Thomas Darley hat. Dieser entdeckte den Vierjährigen voller Begeisterung 1704 in Syrien, kaufte ihn und verschiffte ihn nach England, wo er fortan als Zuchthengst zum Einsatz kam. Und so wurde Darley einer der Gründerväter des englischen Vollblutes.

Thomas Darley war damals fest überzeugt, eines reinrassigen Arabers habhaft geworden zu sein, wie bereits der Name verrät – allerdings stellte sich das später als sehr wahrscheinlich falsch heraus: Darley hatte wohl Achal-Tekkiner-Vorfahren, jenes turkmenische Pferdchen, das damals in Syrien und im Iran zu Rennzwecken gezüchtet wurde.

Hieraus wird dann ein Schuh oder auch Huf – denn englische Vollblüter gelten weltweit als die schnellsten Pferde und erzielen nicht selten Höchstpreise von mehreren Millionen auf den dementsprechenden Auktionen.

Der Duft Darley hat in der Tat etwas typisch englisches – seine Kühle und Distanziertheit im Auftakt sowie seine insgesamt perfekt harmonisch abgestimmten Noten. Neu aufgesprüht stiebt einem sofort Pfefferminze mit ihrer eigentümlichen Süße entgegen, umrankt von stark zurückgenommenen Hesperiden mit distinguierter Frische. Lavendel mischt sich unters Duftvolk sowie krautiger Rosmarin, während eine helle Rose im Hintergrund erblüht und Zimt süß-scharfe Sprenkel verteilt. Irgendwie maritim. Und ziemlich kühl. Und somit auch – cool, eine nicht aquatische Variante eines Cool Waters, die mich ein bißchen an die ziemlich geniale Basis von Maître Parfumeur et Gantiers Garrigue erinnert. Im späteren Duftverlauf landet Darley dann auf einem weichen, harzig-holzigen Lager, das einer bestimmte Tiefe nicht entbehrt sowie auch eine etwas gewichtigere, samtige Süße an den Tag legt, immer jedoch seine ursprüngliche Leichtigkeit und frische Kräutersüße beibehaltend.

Ein für meine Nase sehr gelungener Auftakt einer schönen Kollektion – deren Rest morgen und übermorgen folgt 😉

Liebe Grüße und einen guten Wochenauftakt,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Gemälde von Darley ArabianGentleman [Englischer Vollbluthengst im Besitz der Applebite Farm] von Arthur Lemay, beides via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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