O’zapft is!

Morgen beginnt es, das größte Volksfest der Welt: das Oktoberfest. Vom 18. September bis zum 4. Oktober 2010 geht das Spektakel, über das man sich schon auf der Homepage zum Ereignis vorab großzügig informieren kann. So konnte ich nach Abschluss des sicherlich von führenden empirischen Instituten abgenommenen Psychotests zum Thema „Welcher Lederhosen-Typ sind Sie?“ herausfinden, dass ich den Wadelkönig tragen sollte, weil ich so tolle und muskulöse Beine hätte. Ja, der Test ist eigentlich für Männer gemacht, daher bleibt das mit den bescheinigten tollen Beinen wohl doch nur ein Traum. Schließlich habe ich doch das auf mein Geschlecht zugeschnittene Dirndl-Pendant gefunden, welches mich als erfahrene Wiesn-Gängerin auszeichnet. Interessant! Schon allein deshalb, weil ich das Oktoberfest bisher gemieden habe wie der Teufel das Weihwasser. Aber gut, so ist das ja meistens mit solchen Tests, von daher bleibt zu hoffen, dass die restlichen Informationen, die diese Seite dem interessierten Homepagebesucher zu bieten hat, tatsachengetreuer sind. 😉

Als gebürtige Stuttgarterin war ich natürlich in jungen Jahren traditionell im Frühling und Herbst auf dem württembergischen Gegenstück zur bayrischen Großsause. Wenn ich zwei Dinge nennen müsste, an die ich mich von diesen jugendlichen Volksfestbesuchen noch erinnere, dann wären das a) allerlei magendurchschüttelndes Fahrgerät und b) Süßkram en masse. Bei letzterem denke ich da insbesondere an diese wunderbaren, von roter Zuckerschale umgebenen Paradiesäpfel, die ich soooo gerne gegessen habe, auch wenn der Apfel im roten Mäntelchen meist dann doch eher mehliger Natur war. Das leckere Knacken der süßen Zuckerschicht und die bezaubernde Farbe machten das eher kümmerliche Innenleben auf jeden Fall wett. Außerdem denke ich an gebrannte Mandeln (mmmh, lecker!) und natürlich: Zuckerwatte. Ganz Dame bevorzugte ich natürlich die rosafarbene, während mein Bruder lieber die blaue Variante wählte. Ich würde mal schätzen, dass ich das letzte Mal vor etwa zwanzig Jahren in den Genuss der klebrigen Süßware aus gesponnenem Zucker kam, die übrigens im 19. Jahrhundert von einem amerikanischen Zahnarzt erfunden wurde. Trotzdem erinnere ich mich noch genau an den Geruch der zuckrigen Watte und verbinde ihn wie kaum etwas anderes mit Kindheit, Kirmes und Karussellen.

Wie eine kleine Zeitreise war daher das Testen des zweiten Patricia Chouxschen Biehl-Duftes für mich. „zirkus und zuckerwatte. kichernde schmetterlinge im bauch. maximaler übermut.“ So wird pc02 auf der Herstellerseite beschrieben. Wir erinnern uns an meinen gestrigen Artikel: das von Thorsten Biehl gegründete Unternehmen Biehl Parfumkunstwerke hält Namen, Verpackung und Flakon im schlicht-minimalistischen Stil, während das Inhaltliche, der Duft im Fokus des Betrachter beziehungsweise Beschnupperers liegen soll. Daher auch die, auf den ersten Blick vielleicht etwas lieblos erscheinende Namenswahl pc02. Der gestrige Duft pc01 war ein fruchtiger Florale mit deutlich krautiger Grünteenote. Ein ganz anderes Kaliber dagegen die Nummer 2 der kreativen Französin Patricia Choux, die auf der Biehlseite (wir erinnern uns) als eine Art junge Wilde vorgestellt wurde.

Doch nun zum Duft! Hier die Duftnoten: Bergamotte, Kardamom, Gewürze, Pfingstrose, Türkischer Honig, Freesie, Hölzer, Patchouli, Tonkabohne, Honig, Moschus.

Auf dem Teststreifen ist der Duft eine wahre Zuckerwattenbombe, auch wenn ich mir nicht ganz schlüssig bin wie Frau Choux es geschafft hat, aus diesen unzuckerwattrigen Duftnoten, einen so authentischen Geruch zu kreieren. Frisch aufgesprüht zeigt der Duft schnell sein süßes Naturell, zuerst noch dezent zitrisch geprägt, später würziger werdend, aber insgesamt durchgängig zuckersüß. Geschmeidig gesellen sich die gourmandigen Noten von Türkischem Honig hinzu, der diese typische cremige Mandelnote mit sich trägt. Der Duftteppich ist unglaublich dicht gewebt, so dass es schwer ist, einzelne Duftnoten explizit zu erkennen. Die floralen Noten entgehen mir hierbei völlig. Honigsüß, vanillig-cremig und butterweich klingt pc02 schließlich aus.

Leider bleibt der Duft auf meiner Haut recht blass: nach einem unerwartet zitrischen Beginn, beruhigt sich pc02 und verströmt dann dezenteste Noten Türkischen Honigs, die zwar langanhaltend sind, der aber nicht diese deutlichen Zuckerwattennoten innewohnen.

In beiden Ausprägungen erscheint mir pc02 eher hautnah, ein transparenter Gourmandduft, der köstliche Erinnerungen und süße Gelüste weckt. Wieder als Unisexduft konzipiert, kann ich mir auch diesen (genauso wie pc01) eher nicht an einem Mann vorstellen. Auch was die Alltagstauglichkeit angeht, sollte ein Hauttest vor einem etwaigen Kauf vollzogen werden (aber Ihr seid ja alle Profis). Die etwas blasse Variante auf meiner Haut war zwar nicht ganz so köstlich wie die auf dem Teststreifen, allerdings empfinde ich sie als büro- und alltagstauglicher. Nicht, dass die Kollegin vom Schreibtisch gegenüber einen für ein Zuckerstangerl hält und plötzlich anfängt, einen zu beknabbern. 😉

Eine schöne Wiesnzeit wünsche ich den Münchner Lesern und Leserinnen! Und natürlich allen anderen: ein wunderschönes Wochenende, wenn auch wahrscheinlich ohne Maß und Hendl!

Bis zum nächsten Mal,

Eure Stephanie.

Bildquelle: München-Oktoberfest von Bjs und Candy apple von Iraine – some rights reserved. Vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

2 Kommentare

  1. Margot
    17. September 2010
    Antworten

    Liebe Stephanie,
    in Stuttgart ist demnächst auch wieder Volksfestzeit! Was hält Dich ab, dort Deine Kindheitserlebnisse wieder aufblühen zu lassen?

    So, jetzt zu Biehl. Ich war überaus positiv überrascht vom PC02. Kenne ja die Acqua + Zucchero und Confetto von Profumum und ich liebe sie, ja, nicht immer und doch, inzwischen gibt es den einen oder anderen Tag, an dem ich sogar mal einen aufsprühe. Die haben schon eine einschlagende Süße.
    PC02 ist zwar ähnlich aufgebaut, hinterläßt aber, auf meiner Haut wohlgemerkt, durchaus einen rauchig-angekokelten Effekt in der gesamten Süße, vielleicht kennst Du das, wenn der Zucker beim Zuckerwatte-Machen zu heiß wird, oder man nicht schnell genug die Watte aufwickelt. Und diesen Rauch finde ich toll! Damit ist PC02 für mich ein echter Kaufkandidat, wobei ich mich bei den Profumum’s wahrlich schwer getan habe und mich mit Pröbchen zufrieden gebe.

    Habe den einen oder anderen Biehl schon vor 2-3 Jahren mal geschnuppert. Allerdings war ich damals wohl noch nicht reif dafür und ich finde es sehr schön, dass Du dich dieser Serie angenommen hast. Ich such mir sicherlich noch den einen oder anderen aus, den ich testen werde 🙂

    Liebe Grüsse und ein schönes Wochenende,
    Margot

  2. Steffi
    18. September 2010
    Antworten

    Liebe Margot,

    leider, leider werde ich es terminlich wohl eher nicht auf’s Volksfest schaffen. Mittlerweile wäre ich distanzmäßig näher am Oktoberfest… Aber zeitlich klappt es auf keinen Fall, weder in München noch in Stuttgart. Naja, kann man nichts machen… Geh ich halt wann anders mal wieder hin. Es läuft ja nicht weg, gell?

    Die zwei Düfte von Profumum habe ich noch garnicht geschnuppert. Aber ich glaube, ich weiß, welche Art von Rauchnote Du bei pc02 meinst. So eine leicht dunkelkaramellige, die der Zucker vertrömt ganz kurz bevor er zu heiß wird und verbrennt. Toll! Die Variante hätte ich auf meiner Haut auch gerne. Wie gesagt, ich dufte nach Türkischem Honig. Dafür aber sehr authentisch. Wirklich ein sehr außergewöhnliches Düftchen!, das ich auf jeden Fall im kommenden Herbst/Winter tragen werde – so als kleiner Volksfestersatz! 😉

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende zuück,
    Steffi

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