Der frischen Wasser zweiter Teil

folgt nun also heute mit den beiden Düften Eau Exotique und Eau Turquoise aus dem Hause Nicolaï. Diese beiden komplettieren die Riege der hier zu rezensierenden Eaux Fraîches. Wie gewöhnlich startete ich meine Rezension, lange vor dem eigentlichen Probeschnuppern, mit einer allumfassenden Recherche und deckte dabei eine Verschwörungstheorie auf, deren Wahrheitsgehalt ich leider, leider weder bestätigen noch dementieren kann. Der Blog Scented Salamander postete im Juni dieses Jahres die Theorie, dass Eau Turquoise der Nachfolgerduft von Eau Exotique sei. Ersterer stammt aus dem Jahre 2008, letzterer aus dem Jahre 2005. Das Exotenwasser wäre vom Markt genommen worden und klammheimlich durch das Türkiswasser ersetzt worden. Nun, wie ich bereits erwähnte, kann ich für diese Hypothese weder Beweise noch Gegenbeweise finden. Die Duftnoten weisen zwar einige Übereinstimmungen auf, die Düfte sind allerdings trotzdem recht unterschiedlich. Außerdem wird auf der Parfums Nicolaï-Seite explizit von fünf Eaux Fraîches gesprochen. Mit Fig Tea, Eau d’Été, Eau Exotique, Eau Turquoise und dem hier nicht rezensierten Vie de Château ist diese Zahl meiner Rechnung nach auch erreicht. Mmmh, ich stehe mal wieder vor einem Rätsel, wenn auch diesmal nicht Haut und Teststreifen betreffend. Vielleicht wisst Ihr da mehr, meine lieben Leser und Leserinnen? Nur keine Scheu, falls mich (und andere Unwissende) da jemand kompetent aufklären kann, dann nur raus damit! Ich lerne gern dazu. 🙂

Nun wollen wir uns aber genauer mit den angeblich-verwandten Düften beschäftigen. Fangen wir mit dem älteren der beiden an: Eau Exotique, entstanden im Jahr 2005. Die Duftnoten: Limette, Petitgrain, Orange, Schwarze Johannisbeere, Mango, Jasmin, Vetiver, Patchouli, Zedernholz, Moschus.

Die sonst im Auftakt gerne dominanten Hesperiden halten sich in der Kopfnote des Exotenwassers vornehm zurück. Subtil zitrische Noten vereinen sich auf umwerfende Art und Weise mit der herben Süße von Mango und den charakteristischen Fruchtnoten der schwarzen Johannisbeere. Zusammen mit dem enthaltenen Alkohol des Eaus ergibt sich ein beinahe prickelnder Sommerfruchtcocktail: Frisches Mangomark, süß und saftig, kombiniert mit einem Spitzer Limette und einem Schuss Cassislikör auf einer spritzig-perligen Basis aus Prosecco. Mmmh, lecker! Schön ausgewogen und stets ins Balance präsentiert sich der Duft: nie zu süß, nie zu herb, nie zu zitrisch. Dieser bunte Obstsalat driftet im weiteren Verlauf in dunklere, erdigere Gegenden, wofür ich die Basisnoten Patchouli und Vetiver zur Verantwortung ziehen würde. Holzige Aspekte vernehme ich, auch diese eher dunklerer Natur. Moschus vermag ich höchstens ganz unterschwellig wahrzunehmen. Bis in die Basis hinein ist die Fruchtnote deutlich riechbar; im fortgeschrittenen Duftverlauf übernimmt die Mango eindeutig das Ruder. Die schwarze Johannisbeere und die zitrischen Noten verpassen den olfaktorischen Anschluß ein wenig. Die Mango offenbart in der Basis nicht nur ihre Hartnäckigkeit, sondern auch leicht überreife Noten, was der Kombination mit den bereits erwähnten Basisgefährten geschuldet sein dürfte.

Ein überraschender Duft in mehrerlei Hinsicht. Eau Exotique zeichnet sich durch diverse Eigenschaften aus, die ich ihm als Eau Fraîche nicht unbedingt zugesprochen hätte: eine langanhaltende Präsenz und Intensität sowie eine eindeutig vorhandene Tiefe. Hierzu erscheint mir das gestern getestete Eau d’Été beinahe wie ein Körperspray, ein Wässerchen, das ich mir üppig auf den von der heißen Sommersonne malträtierten Leib sprühen kann. Ganz anders dagegen das Eau Exotique, das für meinen Geschmack für ein großzügiges Auftragen nur bedingt geeignet ist. Ein wenig erinnert mich der Duft, ob seiner dominaten und langanhaltenden Fruchtigkeit an die Mangokörperbutter einer bekannten, ursprünglich britischen Kette von Kosmetikläden, die unlängst von L’Oréal aufgekauft wurde. So ganz will mir auch der Name nicht einleuchten: Eau Exotique. Sonderlich exotisch finde ich ihn nicht, was aber daran liegen mag, dass ich weder Mango noch schwarze Johannisbeeren sonderlich exotisch, sprich: fremdländisch finde. Aber vielleicht meint Frau de Nicolaï hier ja auch viel eher den Exoten als die Exotik. Und als solches, als außergewöhnlichen, ja ungewöhnlichen Duft würde ich ihn ohne Weiteres durchgehen lassen. Ein Exotenduft eben. 😉

Doch nun zum jüngeren Geschwisterchen Eau Turquoise und dessen Duftnoten: Mango, Aprikose, Limette, Türkische Rose, Pfeffer, Kardamom, Patchouli, Zedernholz. Laut Hersteller ist es „sweet and sensuous, light, young and feminine“ – süß und sinnlich, leicht, jung und feminin.

Frisch aufgesprüht zeigt Eau Turquoise in der Tat einen ähnlichen Duftcharakter wie Eau Exotique. Fruchtige Noten dominieren; Mango gespickt mit herb-frischen Limettenspritzern, allerdings ohne Cassis-Prosecco-Prickeligkeit. Im weiteren Verlauf zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen dem Teststreifen und meiner Haut. Während auf dem Papierstreifen die Fruchtnoten fast schon künstlich-schrill wirken und in eine, für meine Nase wenig attraktive Süße abdriften, offenbart meine Haut eine zarte Fruchtigkeit, sehr dezent, sehr natürlich, süßlich, aber nicht süß, mit bezaubernd samtigen Noten, die ich dem wohlwollenden Einfluss der Aprikose zuschreibe. Die Rose ist auf meiner Haut nicht wirklich herausschnupperbar, auch die Gewürze sind zwar vorhanden, aber so dezent, dass sie nicht einzeln beziehungsweise bestimmt wahrnehmbar sind. Auf dem Teststreifen dagegen meine ich seifige Rosennoten zu vernehmen. Aber auch hier keine bis kaum Gewürze, dafür gewinnen die Früchte mit der Zeit an Natürlichkeit. Die Aprikose tritt schließlich auch auf dem Papier ganz deutlich in Erscheinung, allerdings mit eher fruchtigen statt samtigen Nuancen.

Auf meiner Haut verfliegt der Duft recht schnell, zurück bleibt eine buttrig-weiche Note, die mich wieder ein wenig an die Fruchtcremes eben genannter Kosmetikkette erinnert. Gibt es da nicht auch eine Aprikosenvariante? Der Teststreifen hält den Duft im direkten Vergleich länger.

Eau Turquoise erscheint mir insgesamt heller und transparenter (letzteres zumindest auf meiner Haut) als das vorher getestete Eau Exotique. Für Freunde von fruchtigen Düften sind beide auf jeden Fall ein Must-Try. Mir persönlich allerdings ein wenig zu fruchtig, daher gebe ich dem gestrigen Duft Eau d’Été in meinem persönlichen Eaux Fraîches-Duftranking den ersten Platz.

Habt Ihr die drei schon einmal getestet? Wie waren Eure Erfahrungen? Welche Düfte von Frau de Nicolaï gefallen Euch am besten? In den nächsten Wochen werden Uli und ich noch ein paar von ihr vorstellen. Vielleicht sind Eure Lieblinge ja auch dabei. 🙂

Ein schönes Wochenende wünscht,

Eure Stephanie.

Bildquelle: A cultivar of Mango von W.A. Djatmiko – some rights reserved. Vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

3 Kommentare

  1. Christian
    28. August 2010
    Antworten

    Ja, bitte, rezensiert noch weiter von und über Frau Nicolai – liebe Stephanie, den Vie de Chateau (intense allerdings) habe ich mir vor ein paar Monaten gegönnt und bin ein weiteres Mal angetan von der hohen Kunst der Dame – er ist wunderbar warm, ledrig, krautig, nix für jeden Tag aber WENN….mein all time hero von ihr ist „New York“ von 1989 (das geht wohl den meisten so), dicht gefolgt vom letztjährigen Patchouli, für mich der beste und geheimnisvollste Patchouli den ich kenne.
    Das einzige was (mich) etwas nervt ist die ewige Verwandschaftsbetonung mit Guerlain, sie macht längst ihr eignes Ding und das ganz, ganz prima (ach ja, im vergangenen heissen Juli habe ich oft pour la friction genommen, herrlich erfrischend…) – die Qualität entspricht jedoch durchaus den „alten“ Guerlain-Klassikern, und das kann nun wirklich nicht jeder heutige Parfumeur von sich behaupten …

    Schönes Wochenende wünscht
    Christian

  2. Doreen
    28. August 2010
    Antworten

    Liebe Stephanie,
    seitdem ich die Düfte von Frau Nicolai vor einem halben Jahr entdeckt habe, bin ich ein großer Fan ihrer Werke. Aus der Eaux Fraîches-Reihe kenne ich alle Düfte außer dem angesprochenen Eau Exotique. Leider wird dieser auf der Nicolai-Homepage nicht mehr aufgeführt und auch in Eurem Online-Shop ist er seit kurzem nicht mehr gelistet. Leider kam ich nicht mehr dazu, ein Pröbchen zu bestellen.
    Am Besten von allen gefällt mir Fig Tea – allerdings habe ich eine Schwäche für Feigendüfte, ob cremig-frisch oder mit holzigen Noten. Sobald ich einen sehe, muss ich ihn probieren.
    Ich danke dir für diesen schönen Beitrag und freue mich auf weitere Lektüre zu den Nicolai-Düften.

    Viele Grüße von Doreen.

  3. Steffi
    29. August 2010
    Antworten

    Lieber Christian, liebe Doreen,

    vielen Dank für die virtuellen Blumen. 🙂
    Die Eaux Fraîches-Reihe finde ich auch ganz bezaubernd. Schade nur, dass ich erst jetzt auf sie gestoßen bin. In der großen Hitze im Juli hätten sie mich bestimmt ordentlich erfrischt und belebt. Aber der nächste Sommer kommt ja bestimmt. Auf die Spur des Eau Exotique-Rätsels bin ich auch noch nicht gekommen, werde mich da aber mal an kundiger Stelle informieren und meine Erkenntnisse hier kundtun.

    @Christian: Pour la Friction habe ich auch schon getestet. Sehr schöner Duft, findet sich hier in den nächsten Wochen auch rezensiert wieder. Und ja, ich bin auch kein Freund von diesem Verwandtschaftsding „der Sohn von“ oder „die Enkelin von“, weil ich denke, dass man doch jeden als eigenständige Persönlichkeit sehen sollte. Bei Frau de Nicolai finde ich eine kurze Erwähnung ihrer Verwandtschaftsverhältnisse trotzdem gut (klar, inflationär muss es nicht sein), weil sie ja wirklich aus einer gaaaanz alten Parfumeurslinie stammt, die wahrscheinlich ein eigenes „Parfumeursgen“ besitzen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Und gerade in Hinblick auf die lange Tradition finde ich es schön, dass Frau de Nicolai sich zur Gründung eines eigenen Unternehmens entschlossen hat. So bleibt sie zwar familiär traditionell, macht aber trotzdem ihr eigenes Ding – und das mit Bravour! 🙂

    @Doreen: Wenn Du Feigendüfte liebst, kann ich Dir die zwei Feigen-Rezensionen von Uli empfehlen. Im Duftverzeichnis findest Du sie über die Düfte Philosykos von Diptyque und Premier Figuier von L’Artisan Parfumeur. 🙂

    Viele Grüße,
    Stephanie.

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