… ist es, welchem Pierre Guillaume mit seinem zweiten, wie gestern Bois Naufragé ebenfalls neuen und leider ebenfalls limitierten Duft Gardenia Grand Soir huldigt. In die Worte von Parfumerie Générale gefasst:
„Der intensive, sommernächtliche weiße Hauch der Gardenie, unterstützt durch die Vibration von Sandelholz – ein luxuriöses Abendparfum.“
Gardenie läßt mich immer sogleich an den Klassiker von Isabey denken, Gardénia: Eine wundervolle, aber, ja – altmodischer Gardenienduft, die man sich bestens an einem jener alten amerikanischen Filmstars vorstellen kann, an einer Hollywooddiva alter Garde. Eine tropische, überüppige, cremige, wachsige, dichte, dicke, süße Gardenie mit subtil salzigen Noten und einem Hauch Fruchtigkeit, die perfekt zur (hoffentlich falschen) Pelzstola paßt und mit den Heels und dem weitschwingenden Abendkleid harmoniert, dem tiefdekolletierten. Eins ist klar: Gardenia möchte ausgeführt werden. Gardenia ist kein Duft für jeden Tag, sondern einer für den großen (abendlichen?) Auftritt.
Eine solche soll nun die gleichnamige Gardenie von Herrn Guillaume auch sein. Zum Thema Gardenie sollte nicht unerwähnt gelassen werden, daß Gardenie eigentlich immer irgendwie eine Fälschung ist: Natürliche Gardenie wird gar nicht eingesetzt, laut dem Parfumhistoriker Octavian Coifan (siehe dessen Blog 1000 Fragrances) nicht mehr – in den 30ern gab es wohl letzte Reste einer teuren Essenz. Luca Turin hat in NY einen Shop entdeckt, der jenes wohl wieder zu horrenden Preisen führt, über 70 Jahre später. Gardeniendüfte werden ergo über einen Akkord gebaut, in welchem oft andere Weißblüher anstattdessen duften, ob nun natürliche oder synthetische. Nicht fehlen darf natürlich auch jene pilzige Komponente, die der Gardenie als einziger Blume so eigen ist.
Zurück zum Ausgangspunkt – Pierre Guillaumes Gardenia Grand Soir. Sollte ich hier auf die Doppeldeutigkeit des Terminus Le Grand Soir aufmerksam machen? Der für einen revolutionären Bruch steht und gerne auch mal von den Kommunisten und Anarchisten benutzt wurde? Verbirgt sich gar hinter der schönen stolzen weißen Blüte eine Revoluzzerin?
Ihr seht schon, heute vergaloppieren mir meine Gedanken mitunter. Gardenia Grand Soir bricht aber in der Tat – nämlich zumindest auf dem Papierstreifen, und zwar mit dem Konzept der gängigen Gardeniendüfte. Diese Gardenie kommt dahergeweht, luzide, leicht, luftig. Eine ätherische Blüte mit feiner milchiger Süße, einem Tupfer Fruchtigkeit und ansprechend umrankt von leuchtendem Blattgrün.
Als weniger großer Fan weißer Blüten – ich bin dafür einfach zu… nein, anders: diese sind mir zu… feminin feminin – bin ich begeistert, ähnlich wie ich es letztes Jahr schon bei dem sehr gelungenen und ungewöhnlichen Matin D’Orage von Goutal war, den ich auch schon längst einmal rezensieren wollte. Beide verknüpfe ich aufgrund ihrer Transzendenz gedanklich mit asiatischem – wo sollte die Harmonie auch sonst wohnen außer dort…
Auf meiner Haut, das muß ich leider zugeben, entpuppt sich Gardenia Grand Soir dann weniger als die zarte, sanfte Revoluzzerin, sondern vielmehr ganz konträr als jene Verführerin, die Ausgeh-Gardenia für den großen Auftritt: Ein wenig an Carnal Flower erinnernd, jene Tuberose allererster Güte aus der Frédéric Malle-Kollektion, versucht mich hier ein weißblühender Profi zu umgarnen in kokosangehauchter cremiger Sahnigkeit. Keine Frucht. So gut wie kein Grün. Und das in mehrmaligen Anläufen. Wunderschön, keine Frage – aber auf meiner Haut leider nicht so, wie auf dem Teststreifen. Und jenen Duft, den hätte ich sofort haben müssen. Die Grazie auf meinem Handgelenk ist nicht minder betörend, aber eben nichts für mich.
Ich bin mir aber sicher, daß viele unter Euch sie mögen werden, insofern muß ich der Verstoßenen gegenüber kein schlechtes Gewissen haben 😉
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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