Denn alle Lust will Ewigkeit – Die Neuen von Bois 1920

Dieser Tage kann ich endlich alte Versprechen einlösen: Vielleicht erinnern sich einige von Euch noch an den Dreiteiler hier im Blog über die Messe Global Art of Perfumes, indem ich Euch den Mund wässrig gemacht hatte mit einigen neuen Düften, die ich dort bereits schnuppern durfte. Nun ist es endlich soweit – so gut wie alle Düfte, die ich dort bewunderte, sind veröffentlicht und ich stehe jetzt in der Bringschuld, die Rezensionen dazu zu liefern.

Diese erfülle ich natürlich allzu gerne und möchte heute mit den drei neuen Düften von Bois 1920 beginnen, La Vaniglia, Notturno Fiorentino und Kimono Rose, zusammen unter dem Namen La Voluttuose erschienen, der Name der Kollektion, einer, die vielleicht noch ausbaufähig ist? Man weiß es nicht, noch nicht. In jedem Falle aber der Damenwelt gewidmet – nicht weiter verwunderlich bei der Übersetzung von La Voluttuose – die Wollust, Wollüstige…

Kimono Rose ist mitnichten eine japanische Rose, wie einen der Name vielleicht vermuten lassen mag, nein – die Interpretation des Namens muß assoziativer, freier erfolgen: Ein klassischer japanischer Kimono ist normalerweise aus Seide, ergo einem leichten, fließenden Material… Diese Rose hier hat ebenfalls einen solchen Charakter, luftig und unbeschwert präsentiert sie sich in Gesellschaft dezent säuerlicher Früchte – die gesamte Kopfnote aus Bergamotte, Mandarine, Cassis und Litschi ist sehr gut einzeln auszumachen. Dazu gesellt sich ein zartes und absolut nicht madamiges Maiglöckchen, welches ohnehin wie man an einigen der letzten Maiglöckchendüfte sehen konnte, sehr gut mit fruchtig-herben Noten wie der Johannisbeere interagiert. Bambus stiftet wässrige Herbheit im Hintergrund, während die Basis den Duft warm-holzig abfedert.

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Mandarine, Schwarze Johannisbeere, Litschi; Herznote: Bulgarische Rose, Türkische Rose, Maiglöckchen, Bambus; Basisnote: Zedernholz, Patchouli, Ambra.

Die Kombination aus Sauberkeit, Frische und Weiche, die diesem floralen Düftchen innewohnt, gepaart mit einer sanften Süße, die jedoch eine besondere Durchdringlichkeit an den Tag legt, erinnert mich ein wenig an die Rosen von Juliette has a Gun: Die dritte im Bunde könnte Kimono Rose sein, eine Kreuzung aus Lady Vengeance und Miss Charming – und dann paßt der asiatische Name schon wieder, bin ich mir doch ziemlich sicher, daß sich Herr Ricci bei der Namensgebung durch die beiden gleichnamigen koreanischen Filme beeinflussen ließ…

La Vaniglia, die Vanille, hört sich auf italienisch so wunderbar watteweich an, daß man auch hier durch den Namen auf eine völlig falsche Fährte gelenkt wird: Keine Backpulvervanille, auch nicht girliesk und erst recht nicht genuin gourmandig ist diese Vanilleinterpretation, nein. Frisch aufgesprüht überrascht eine minzige, durch ebenjene sowie Pfeffer doppelt scharfe und mit Zitrusfrüchten angereicherte Kopfnote, die bereits den Hauptprotagonisten im Hintergrund offenbart, der sich alsbald seinen Weg auf die Bühne bahnt – die Vanille. Jenewelche wird den ganzen Duftverlauf über von zwei Akzenten bereichert: Einer pfeffrig-würzigen und eher kühlen Schärfe samt Rauchschwaden, zusammengesetzt aus Minze, Pfeffer und Weihrauch und unterstrichen durch Patchouli, sowie herb-fruchtigen Noten der Hesperiden und des Ingwers, darüber hinaus meine ich auch ein Lederchen entdecken zu können…

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Mandarine, Minze, Pfeffer; Herznote: Weihrauch, Patchouli, Ingwer; Basisnote: Vanille.

Ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich für eine Vanille. Und mit Sicherheit kein Kandidat für unsere Naschkätzchen, die Gourmandfraktion. Aber endlich mal eine Vanille, die auch für all diejenigen tragbar scheint, die eine erwachsene, eine gewagte, eine weniger süße Vanille suchen mit einer gehörigen Portion Rauch und denen Vanille Exquise von Goutal in dieser Hinsicht noch zu schüchtern war. Und, vor allem: Eine Vanille, die neben Frauen auch Männern ganz hervorragend stehen dürfte. Wenn es interessiert – ich fühle mich ein bißchen an Villoresi erinnert, vor allem an Piper Nigrum, verheiratet mit Goutals eben genannter Vanille.

Notturno Fiorentino, die florentinische Nacht, ist eine Verführerin, wie schon die Beschreibung verrät: „Surrounded by a mysterious mystique and aura, and every man who smell it will never forget the woman who wore it…“ – Umgeben von einer mysteriösen und mythischen Aura, die es jedem Mann verunmöglicht, jene Frau zu vergessen, die diesen Duft getragen hatte… Tja meine Damen, so hoch möchte ich nicht stapeln, aber Notturno weiß sehr wohl in seinen Bann zu ziehen meine ich: Würzige Schärfe in der Kopfnote läßt einen die Hesperiden übersehen und gleichsam sofort in das Herz vorstoßen, jenes florale, mit seinen beiden Betörerinnen Jasmin und Rose, umgarnt von säuerlicher Cassis. Ein zarter Rauchschleier legt sich über das Geschehen und bringt satten Honig auf stattlichen Hölzern mit sich, quasi Zimthonigholz, das den Duft in seine weiche und warme Basis geleitet.

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, schwarzer Pfeffer; Herznote: Jasmin, Rose, schwarze Johannisbeere; Basisnote: Tonkabohne, Vanille, weißer Moschus, Zedernholz.

Ein sehr ansprechender Neustart einer Kollektion Herr Galardi würde ich sagen – ich bin angetan, sehr. Und, wie schon bei Nietzsche zu lesen: „Denn alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit“ – so kann man natürlich auch von der Wollust nicht genug bekommen, deshalb bitte: MEHR!

Unersättliche Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Japanese Woman von Andres Ojedo, Covers von Carl Acreman, beide via stockxchng, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

8 Kommentare

  1. Bettina
    29. Juli 2010
    Antworten

    Aha, ich seh zu den Flacons hast Du nichts geschrieben.
    Leicht bis mittelschwer Barbie-Like für mein Empfinden. Aber gut, das ist ja bewusst so gewählt sagte man mir damit man eine ganz klare Abgrenzung sieht respektive klar erkennbar ist, daß es sich um Damendüfte handelt.

    Allesamt sehr schön gemacht. Wie auch andere Düfte von Bois.
    Mein persönlicher Favorit der sich auf meiner Haut auch traumhaft entwickelt ist der Notturno Fiorentino.

    La Vaniglia wird mit Sicherheit seine Liebhaber finden. Für mich ist diese Kombi Vanille und Weihrauch leider nichts. Der Weihrauch dominiert auf meiner Haut was ich schon schade finde. Dennoch ein schöner Duft.

  2. Ulrike
    30. Juli 2010
    Antworten

    Jaaa, die Flakons, liebe Bettina… Du hast natürlich absolut recht: Barbiesk trifft es am ehesten, pink eben, richtig pink… Nun ja, Geschmackssache. Für mich hätte es auch der „normale“ Boisflakon oder besser: derselbe in der normalen Farbe getan, aber gut…

    Ich bin mir noch gar nicht schlüssig, welches mein Liebelein ist von den dreien – alles eigentlich nicht typisch ich, ich fand sie aber alle ziemlich toll. Vermutlich tendiere ich aber auch zum Notturno Fiorentino – diese magische Note von Zimthonigholz ist der Hammer!

    Liebe Grüße zurück,

    Uli.

  3. Margot
    30. Juli 2010
    Antworten

    Hallo Uli,

    nache dem ersten Antesten dieser drei Düfte würde, wenn ich mich entscheiden MÜSSTE, ich mich wohl für den Vaniglia entscheiden. GRAD weil er anders ist, als herkömmliche Vanille-Düfte. Die Kimono-Rose fällt erst mal ganz weg. Tu mich mit Rosendüften wahnsinnig schwer … Der Netturno ist nciht schlecht, aber die Beeren und der Honig, das vertrag ich nicht wirklich. Und, wenn das Thema der Seie „Wolllust“ ist, hätte ich zu einem tiefen, satten Farbton, wie ein dunkles, mit Goldsprenkeln durchzogenes Rot, gewählt. Aber nicht Barbie-pink. Das stuft die Exklusivität der Marke in meinen Augen herab.
    LG,
    Margot

  4. Bettina
    1. August 2010
    Antworten

    Tja Uli über Gesschmack läßt sich ja bekannterweise streiten. Man könnte natürlich auch argumentieren „das Auge isst mit“.
    Barbiesk sind die Flacons auf jeden Fall. Letztendlich zählt der Inhalt und der ist einfach nur gut. Stimmige und interessante Düfte. Meinetwegen könnten sie auch in einem schlichten farblosen Flacon präsentiert werden. Im Zuge der dunklen Aufbewahrung bekommt eh niemand den Flacon zu Gesicht und um den Hals hängen möchte ich ihn mir auch nicht. 🙂

  5. Ulrike
    2. August 2010
    Antworten

    Huhuu Ihr beiden,

    jaja, Du und die Röschen liebe Margot 😉 Mal schauen, ob Du Dich irgendwann noch dafür erwärmen kannst… Ich war früher auch absolut nicht für Rosen zu gewinnen… bis, ja bis dann die Dunkelrosen mein Herz erobert haben. Ich glaube, den Anfang machte damals Eau d’Italies Gruftimädchen Paestum Rose. Den muß ich auch mal wieder tragen 🙂

    Was das Rosa angeht – ich stehe auch nicht auf Rosa. Aber mit den Flakons ist es halt immer so eine Sache… Mir ist es eigentlich schnuppe, wie derselbe aussieht, da ich kein Flakonsammler bin und es mir schlußendlich wirklich nur auf den Inhalt ankommt… Würde man mich fragen, hätte ich aber auch lieber durchgängig solche Flakons wie diejenigen von TDC oder Le Labo oder auch Byredo… Und für die älteren Parfums dann gerne die von Piguet. … – aber mich fragt ja (auch) keiner 😉 😉

    Liebe Grüße zurück,

    Uli.

  6. Margot
    2. August 2010
    Antworten

    Nanana liebe Uli! Das mit den Rosen will ich ja nicht so auf mir sitzen lassen! Ich kann nichts dafür, bei den meisten Rosendüften wird mir einfach schlecht! Ich bin aber wagemustig und versuche immer mal wieder einen. Lady Vangance gehört dazu. Finde ich toll! Nur nach einer Weile …. wird mir halt schlecht! Was soll ich machen? ABER Amouage Lyric Women, da ist auch Rose drin und den vertrage sogar ich 🙂
    Dann hast Du mich mit der Rose die keine ist angefixt, und von der bin richtig begeistert, obwohl ich bei dem auch schon wieder aufpassen muss. Vielleicht ist es die Rose/Weihrauch-Verbindung. Ich bin aber offen und teste immer wieder mal einen, nicht so oft, aber ich lehne sie ja nicht grundsätzlich ab.
    In diesem Sinne noch einen schönen Tag und LG,
    Margot

  7. Almut
    7. August 2010
    Antworten

    ich habe bis jetzt nur den notturno getestet und mich ganz spontan verliebt. auf meiner haut ein wahrer kuschelduft ohne ins klebrig süße abzudriften. ein seelenschmeichler, der auf mich tröstend wirkt. und trotz der unsagbar schlimmen flakons ist er ein fb-kandidat für den herbst.
    lg, almut

    • Ulrike
      9. August 2010
      Antworten

      Das kann ich gut verstehen und ich kann mir sehr gut vorstellen, daß genau Dir der Notturno so gut gefallen hat bzw. auch steht! Und die Flakons – ppffff, die stell einfach ins Dunkle, so wie bei mir, dann sieht man die Barbie(ver)kleidung gar nicht 😉

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