In schöner Rosseauscher Back-To-Nature-Manier hatte sich die französische Firma Honoré des Prés vor nicht allzu langer Zeit auf dem Markt präsentiert: Nach eigener Aussage „Truly Organic – Terribly French“ wie sie verlauten ließen. Zu 100% natürliche Essenzen, natürlich unter Verzicht auf jegliche Tierversuche hergestellt – damit liegt man ganz im Loha-Trend. Und wenn man dann noch Olivia Giacobetti mit ins Boot holt, um auch zu 100% den Anspruch des Parfumeurshandwerks zu erfüllen kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen…
Ich hatte die ersten fünf Düfte des Labels bereits vorgestellt, nun hat der Honoré uns drei neue beschert: I love les Carottes, Love Coco und Vamp à NY, allesamt Bestandteil der We love NY-Serie.
Ein Name, der mich nicht weiter verwundert – wer liebt NY nicht gerade, die Stadt, in der es in der City sexelt, deren Fan-T-Shirts zum Fashion-Item wurden und deren Anhänger, die sich als addicted, als süchtig „outen“ schon alleine deswegen als Trendsetter gelten… Riecht ein wenig nach zur rechten Zeit am rechten Ort – genauso wie die ganze Geschichte hinter der Firma, die sich als Familienunternehmen bezeichnet.
Ich hatte es bereits in einem früheren Artikel geschrieben und erspare Euch das Blättern, indem ich mich selbst zitiere – an der Aktualität dieser damaligen Aussage hat sich für mich nichts geändert:
Mich würde ja brennend interessieren, ob die angebliche Gründerfamilie, von der im gesamten Pressematerial die Rede ist, tatsächlich existiert, oder ob sie frei erfunden wurde, ob sämtliche Familienmitglieder sowie deren Episoden, Zitate ein Marketingkniff, -gag sind oder nicht. Fotos sucht man nämlich überall vergeblich. Alles mutet aristokratisch und zugegebenermaßen dadurch auch ein wenig pseudo-elitär an. Zumal der Name auch verdächtig an die beiden Pariser Quartiere Faubourg Saint-Honoré sowie Saint-Germain-des-Prés erinnert, ersteres bevorzugtes Wohnviertel des Adels und zweiteres das Viertel der aufstrebenden Bourgeoisie im 18. /19. Jahrhundert, von Balzac und anderen gerne beschrieben und heute zwei Luxusviertel. Der Honoré selbst wird, sollte es ihn den geben, als ein französischer Dandy in allerbester Wilde-Manier beschrieben, nämlich als, ich zitiere, „eternal Bohemian teenager” sowie als „highly talented night reveller and rich landowner, who is still searching for his muse”, der darüber hinaus ein Faible für Yoga hat. Alles klar? Da fragt man sich ja schon mal… sollte ich einmal nähere Infos dazu finden, reiche ich diese selbstredend nach.
Infos habe ich dazu immer noch keine, wenn es diesen französischen Schöngeist tatsächlich geben sollte, darf er sich gerne für ein nachmittägliches Philosophieren mit Kaffee bei mir melden. Ich habe aber auch gegen Champagner nichts einzuwenden, wenn er den schon so gerne trinkt, wie das Pressematerial zu den neuen Düften verrät… Egal, kommen wir zu den Düften.
I love les Carottes ist irgendwie, wer hätte es anders gedacht, auch ganz schön modisch: Die Karotte, früheres Lieblingsutensil unserer kleinen Haustierchen und gerne von Muttern verordnet („Ist sooo gut für die Augen“…) zeigt sich mittlerweile als Bestandteil trendiger Kosmetikprodukte. Warum also nicht auch mal einen Duft? Düfte mit Karottensamen kenne ich, ja, wenn auch nicht viele. Und es sind bei einigen in der Tat abstrakte Karottennoten herauszuriechen.
I love les Carottes enthält nicht nur Karottenblütensamen sondern auch Orange, Vanille und Irisbutter. Frisch aufgesprüht springen einen erstmal alkoholische Noten an, die alsbald gehörige Karottenassoziationen aufkommen lassen: Holzig-trockene Karotte, die knackt beim Zerbeißen, und diese diffuse, seltene Süße offenbart, welche so schlecht zu beschreiben ist, da sie in dieser Form nur der Karotte innewohnt. Eine subtile Fruchtigkeit wabert im Hintergrund, welche man, wenn man es weiß, durchaus der Orange zuschreiben kann. Dazu gesellt sich alsbald cremig-buttrige Iris mit der ihr eigenen erdigen Komponente, gleichermaßen aber auch auf ihre samtige Pudrigkeit bedacht – selten, daß beide Facetten innerhalb eines Duftes so herausgearbeitet werden. Gewisse Anklänge des Duftes von Kosmetikprodukten wie Puder oder Lippenstift sind aufgrund dieser Irisinterpretation ebenfalls vorhanden (Wir erinnern uns: In Moulin Rouge von Histoires de Parfums war dieser Aspekt kongenial umgesetzt). Anfänglich ist I love les Carottes deshalb durchaus heftig: Karotte, knarzige, die sich umgehend in einer Karottensüße-Explosion entlädt, begleitet von ebenjenen Irisnoten. Im Verlauf des Duftes beruhigt sich das Geschehen etwas, der Duft wird ein wenig (karotten)holziger und weicher – letzteres definitiv einer nicht allzu dominanten Vanille geschuldet.
Ehrlich gesagt nötigt mir dieses Düftchen einiges an Respekt ab: Ich hätte nicht gedacht, daß man in der Lage ist, eine Karotte olfaktorisch dermaßen authentisch einzufangen. Mir persönlich ist der Duft schlicht – zu karottig. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, daß es für dieses Gemüse diverse Fans gibt, die sich genau einen solchen Duft immer gewünscht haben – so, wie ich eben auf zum Beispiel Rhabarber abonniert bin, so, wie einige andere auf diversen Boards zum Beispiel nach einem authentischen Kamilleduft oder einem Sonnencremeduft suchen. Für jene ist er sicher ein Traum. Und für den Rest durchaus testenswert – wer weiß, vielleicht entpuppt sich der eine oder andere ja noch als bekennender Karottenfan und/oder Karnickel?
In diesem Sinne, die restlichen beiden Düfte gibt es morgen – bis dahin viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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