Beim Schreiben der Artikel dieser Woche mußte ich dann doch einigermaßen verwundert feststellen, daß ich mehr Sommerdüfte in meinem Schränkchen habe, als ich eigentlich erwartet und vermutet hatte… Und es sind immer noch einige übrig, die ich Euch nicht vorenthalten mag…
Zwei Gesellen der Hesperidenfraktion hatte ich vollkommen außer Acht gelassen – keine Ahnung warum.
Bei der Nummer eins ist der Name Programm: Mandarine Tout Simplement. Ganz simpel: Mandarine, nicht mehr und nicht weniger. Ist mir manchmal zu wenig, ist aber auch manchmal auch ganz genau richtig. Frau Giacobetti hat hier einen sehr leichten, leider nicht sehr haltbaren, aber absolut authentischen Mandarinenduft geschaffen – ein paar Mandarinensorten, ein Hauch Ingwer und ein wenig unaufdringlicher Moschus in der Basis – fertig. Riecht exakt wie eine frisch angebissene Mandarine, die einem vor lauter Saftigkeit ihr Fruchtfleisch entgegenschleudert.
Nummer zwei ist der Traumgarten überhaupt, das Paradies von Jean-Claude Ellena: Un Jardin en Méditerranée von bzw. für Hèrmes. Die meisten werden ihn kennen, deshalb lohnt es eigentlich nicht, der Worte viel zu verlieren: Eine grüne Feige im Duett mit zitrischen Noten, fein abgestimmt mit floralen Anklängen sowie kräuterigen Noten und einer subtil-holzigen Basis. Ein Klassiker und immer wieder, so oft man ihn auch riechen mag, etwas Besonderes.
Fruchtig geht es weiter mit einem Düftchen, das mir eigentlich auf den ersten Blick nicht hätte gefallen dürfen: Bahiana von Maître Parfumeur et Gantier. Bahiana, benannt nach den Frauen Bahias, dieses brasilianischen Bundeslandes, inspiriert durch deren lateinamerikanische Lebensfreude – ganz ehrlich? Ich mußte sofort, „Stille Tage im Klischee“, an Karneval denken und an pappsüße alkoholische Cocktails… Weit gefehlt. Bahiana vermittelt zwar durchaus tropisches Flair, und das nicht zu knapp – jedoch mangelt es dem Duft nicht an jener für MPG typischen Komplexität, darüber hinaus besitzt er einen Vorzug, den man nicht vielen exotisch anmutenden Düften nachsagen kann: Er ist erwachsen, sehr erwachsen. Im Auftakt mit spritzig-prickelnden frischen Hesperiden, genauer: Orange, Mandarine und Limone aufwartend überzeugt Bahiana im Herzen mit Grün-Floralem (Tagetes und Blattgrün) sowie einer wuchtig-saftigen Ananas, die zwar nirgends angegeben, aber in jedem Falle zu riechen ist. Die Basis untermalt den Duft cremig-zart mit feinen Harzen, einem Hauch trockener und nicht über die Maßen süßer Kokosnuss sowie Moschus und verschiedenen Hölzern. Für Männlein wie Weiblein gleichermaßen tragbar, ein echter Happy-Duft und dabei trotzdem raffiniert und, ja – edel. Selten für einen Duft dieser Art.
Wem Bahiana nicht genug Kokos offeriert, wer aber trotzdem nach einem nicht ganz herkömmlichen Südseedüftchen sucht, dem sei Creeds Virgin Island Water empfohlen: Für die Engländer und ihre ansonsten sehr klassischen und typisch britischen Düfte ziemlich modern, ist ihnen hier ein hübsches Exotensommerdüftchen gelungen mit Ananas und prominenter Kokosnuss, der trotz der eher jugendlicheren Ingredienzen erwachsen und durchaus elegant wirkt.
Creed hat noch eine weitere Ausnahme im Programm: Erolfa. Für mich einer der einzigen, als „aquatisch“ zu bezeichnenden Düfte, den ich tragen kann. Die Namensschöpfung, das ganz am Rande, setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der Familie von Olivier Creed: Seinem Sohn Erwin, seiner Tochter Olivia, und deren Mutter Fabienne. Was soll ich sagen? Die Mitglieder der Familie müssen passionierte Segler sein. So, genau so, stelle ich mir (als Nichtsegler) einen Segeltörn im Mittelmeer vor: Zischende weiße Gischt, ein wenig krautig durch den Seetang, bricht sich am Rand des spiegelweißen Seglers, knallblaues Wasser, die Sonne scheint, der Wind weht – was will man mehr… Ok, zugegeben – ein bißchen klischeehaft diese Vorstellung, aber trotzdem schön. Erolfa vermittelt exakt jene Impression. Die Ingredienzen: Zitrusfrüchte und Bergamotte im Kopf (ich wette, da sind auch Mandarinen dabei), krautige Noten im Herzen und Ambra in der Basis.
Original Vetiver von Creed ist nun, wie soll ich sagen, alles – nur kein Vetiver. Nachdem ich dieser Tage mal wieder in Herrn Turins Perfumes – The Guide geblättert habe, wundert es mich nicht, daß er ihn nicht mag (was nicht immer ausschlaggebend ist und erst recht nicht so sein muß), mich wundert aber sehr, daß als Kurzzusammenfassung, wie er es immer gerne neben den Namen stehen hat, nicht zwei Worte stehen: „Not Vetiver“. Creed beschreiben ihren Vetiver folgendermaßen:
„True to its name, Original Vetiver is a dramatic re-invention of a vetiver-based scent. Whereas traditional vetiver fragrances are derived from the roots of the plant, Original Vetiver achieves a new and natural, original freshness by infusing the vetiver leaves into the blend.“
Was auch immer, wie auch immer: Erwartet man hier einen Vetiver, eine spezielle Facette desselben herausgearbeitet, interpretiert – man wird schwer enttäuscht sein. OV ist weder wirklich zitrisch-grasig-frisch noch erst recht nicht rauchig-herb. Weshalb stelle ich den Duft dann hier vor? Weil ich ihn trotzdem ganz wunderbar finde – wenn man sich eben von jeglicher Vetivererwartung freimacht. Stellt Euch vor, Ihr liegt auf einem knackig grünen englischen Rasen, Euch kitzelt das frische grüne Gras in der Nase und die Sonne scheint auf Euch, wärmt langsam Eure Haut, die Ihr Euch in weiser Voraussicht mit Sonnencreme eingeschmiert habt, und läßt den Geruch der sanft angewärmten Sonnencremehaut mit demjenigen frisch gepflückten Gräser verschmelzen – das dürfte ein ungefähr authentisches Bild unseres Original Vetiver wiedergeben. Insofern verzichte auch auf die Noten, die Creed dafür angibt – diese führen meines Erachtens nach nur in die Irre…
Nun aber möchte ich Eure Meinungen hören – zu den vorgestellten Düften, zu meiner kleinen Garderobe, zu Eurer Sommerausrüstung!
Ein schönes Wochenende und viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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