So ganz genau kann ich gar nicht sagen woran es liegt, aber mir ist heute irgendwie ganz frühlingshaft-romantisch zumute. Einen wirklichen Grund dafür kann ich nicht finden… Vielleicht liegt es am schönen Wetter, an dem vielen Grün draußen, den Blumen, dem Duft des Frühsommers oder den herumsurrenden Bienchen und Hummeln… Man weiß es nicht. Verklärten Blickes sitze ich hier auf meinem Balkon in der Sonne, betrachte die fleißigen Pollensammler um mich herum, die herrlichen Blümchen und wie meine ach-so-schöne Kletterrose knospt, sprießt und porzellanrosa blüht… Ach je, und ich wundere mich, dass mir so sonnig-warm ums Herz ist. 😉
Neulich fiel mir mein altes Rodin-Buch in die Hände. Ihr wisst schon, ein solches mit seinen Zeichnungen, Skulpturen und diversen biographischen Hintergrundinfos. Mit Freude habe ich es seit langem mal wieder durchgeblättert. Seit ich in der 12. Klasse im Kunst-LK ein Referat über ihn halten musste, bin ich dem bärtigen Franzosen, oder besser: seinen Werken, verfallen. Die Ausdrucksstärke und Dramatik, die seinen Skulpturen innewohnt – faszinierend! Einfach schön! War von Euch schon einmal jemand im Pariser Rodin-Museum? Für Kunstliebhaber, insbesondere Freunde von Plastiken, äußerst empfehlenswert. Für Fans von Rodin natürlich ein absolutes Muss.
Doch nicht nur seiner Werke, auch seine Biographie ist beachtenswert. Rainer Maria Rilke war zeitweilig sein Privatsekretär. Er wird als Wegbereiter der Moderne angesehen, der mit den traditionellen Werten und Stilmitteln der damaligen Kunst brach und neue Maßstäbe setzte. Seine Geschichte ist dicht verwoben mit der einer anderen französischen Künstlerin: Camille Claudel. Sie war seine Schülerin, seine Geliebte, seine Muse. Sie stand ihm Modell und wurde in vielen seiner Werke verewigt. Klingt seeeeeehr romantisch! Doch ihre Liebe war zeitlebens schwierig, nicht nur wegen des Alterunterschieds (er war 24 Jahre älter als sie). Camille war emotional äußerst labil. Streitereien, Eifersüchteleien und unkontrollierte Gefühlsausbrüche bestimmten die Zweisamkeit der beiden Künstler. Zudem blieb ihre Beziehung größtenteils heimlicher Natur. Nach der Trennung von Rodin verschlechterte sich Claudels psychischer Zustand. Sie verfiel immer mehr dem Wahnsinn und verbrachte schließlich die letzten 30 Jahre ihres Lebens ins einer Anstalt. Eine wahrlich gepeinigte Künstlerseele!
Das inspirierende Moment Liebe, die fruchtbare Konstellation von Künstler und Muse finden wir auch in der Welt der Düfte. Spontan fällt mir da zum Beispiel der gute Herr Daltroff von Caron ein. Er fand seine Muse in der ehemaligen Damenschneiderin Félicie Wanpouille, die er nach der Gründung des Parfumhauses Caron zu seiner künstlerischen Beraterin machte. Was das Verhältnis der beiden angeht, geben die Quellen unterschiedliche Auskünfte. Die einen sagen, dass Daltroff seine Liebe zu ihr stets für sich behielt und sie unerwidert blieb. Die Sehnsucht nach ihr soll seine Kreationen erst so einzigartig-umwerfend gemacht haben. Die anderen Quellen lassen verlauten, dass sie seine Geliebte war. Nun, da ich persönlich nicht dabei gewesen bin und nicht im Gräbele lag (wie wir im Schwabenland sagen würden), kann ich mich nur auf die Quellenlage verlassen und gebe hier auch beide Varianten an. Soll ja alles korrekt vonstatten gehen hier, nicht wahr? 😉
Im Internet kursieren ein paar Fotos der beiden. Ich darf ganz ehrlich sein: Wenn ich mir die Bilder so anschaue, kann ich mit Mademoiselle Wanpouille nur schwerlich als heißblütig-angeschmachtete Muse vorstellen. Verströmt sie doch einen eher spröden Fräulein Rottenmeier-Charme. Gut, das Foto dürfte sie in gereifterem Alter zeigen. Außerdem waren damals andere Zeiten und anderes up-to-date als heute. Aber dennoch habe ich in meinem kleinen Steffi-Köpfchen als Assoziation einer Muse irgendwie eher ein anderes Bild. Naja, vielleicht sollte ich da nicht zu festgefahren sein. Außerdem sind Geschmäcker ja bekanntlich verschieden. Herr Daltroff war jedenfalls Feuer und Flamme für Mademoiselle Wanpouille. Er kreierte die Parfums, sie die dazugehörigen Flakons. Die beiden waren viele Jahre lang ein echtes Erfolgsteam. 1939 musste Daltroff, der aus einer jüdisch-russischen Familie stammte, aus hinlänglich bekannten Gründen ins amerikanische Exil fliehen. Félicie Wanpouille übernahm fortan die Leitung des Parfumhauses Caron und behielt diese auch bis zu ihrem Tod in den 1960er Jahren. Irgendwie ja schon romantisch, das alles.
Ebenso herzerwärmend ist meiner Meinung auch die Geschichte von Alfred d’Orsay und seiner Geliebten Marguerite, der Countess of Blessington. Diese war prekärerweise außerdem seine Schwiegermutter, was einen kleinen bis mittleren Skandal auslöste, die beiden allerdings nicht davon abhielt, ihre Beziehung weiterzuführen. Bei diesen beiden trug es sich nun zu, dass die Countess eine etwas unglückliche Hautchemie besaß, was dazu führte, dass alle bis dahin gängigen Parfums auf ihrer Haut nicht wirklich angenehm dufteten – zumindest ihrem Empfinden nach. So begann der gute Alfred, der den schönen Künsten und so auch der Parfumeurskunst nicht abgeneigt war, selbst ein bisschen herumzuexperimentieren. Ganz Kavalier und Gentlemen kreierte er eigens für seine Holde den Lindenduft Tilleul. Ihr kennt Ihn bestimmt. Ich hatte kürzlich auch einmal die Gelegenheit ihn zu schnuppern und muss sagen: Schöner Duft, gefällt mir gut. Für meine Nase haben blühende Linden in natura manchmal eine fast schon unangenehm-intensive Komponente. Ich weiß nicht, ob es da nur mir so geht. Aber oft kann ich unter einem blühenden Lindenbaum nicht allzu lange stehen, weil mir die Duftwolken zu viel und irgendwie zu aufdringlich sind. Tilleul duftet seeehr authentisch nach Lindenblüten, allerdings ohne diese (meine) Kopfschmerzkomponente. Daher finde ich den Duft ziemlich gelungen. Auch der Countess Blessington scheint er gefallen zu haben und das will ja was heißen. 😉
Eine weitere Liebesgeschichte ist die zwischen dem Parfumeur Edmond Roudnitska und seiner Frau Thérèse. Exklusiv für sie entwarf er in den frühen 50er Jahren einen Duft, der nirgends käuflich zu erwerben war. Vierzig Jahre lang trug nur sie ganz alleine dieses Parfum. Erst nach seinem Tod erlaubten Roudnitskas Witwe und sein Sohn, dass der Duft unter dem Namen Le Parfum de Thérèse von Frédéric Malle auf den Markt gebracht wurde. So können wir alle heutzutage Teil an der großen Liebe von Edmond und Thérèse haben und sie mit dem Duft inhalieren, genießen. Ist das nicht zum Heulen schön? Ich jedenfalls habe schon ein Tränchen im Auge….
Reichlich Tränen vergossen hat wahrscheinlich auch die Protagonistin der Novelle La Bataille von Claude Farrère. Die Japanerin Mitsouko (na, wisst Ihr schon worum es geht?) wartete zur Zeit des russisch-japanischen Krieges Anfang des 20. Jahrhunderts verzweifelt auf die Rückkehr ihrer beiden Lieben – ihrem Mann, einem japanischen Admiral, und ihrem Liebhaber, einem englischen Offizier. Die herzergreifende Darstellung dieser unglücklich-verzwickten Dreiecksbeziehung in Zeiten von Hoffen und Bangen inspirierte den damaligen Chefparfumeur Jacques Guerlain des gleichnamigen Traditionshauses zu dem fruchtigen Chypreklassiker Mitsouko.
Last but not least noch ein letztes Pärchen bei dem man die Bezeichnung Liebespaar allerdings nicht zu wörtlich nehmen sollte. Marie Louise von Habsburg, die Herzogin von Parma, war dem Veilchen optisch und olfaktorisch mit Haut und Haar verfallen. Sie liebte das Blümchen so sehr, dass sie ihre Briefe mit violetter Tinte schrieb und diese mit einer Veilchenblüte anstelle ihrer Signatur unterzeichnete. Auf ihr Bitten hin versuchten die Mönche eines nahegelegenen Parmeser Klosters den Duft des zarten Veilchens zu destillieren, was ihnen schließlich und endlich auch gelang. Dies war die Geburtsstunde des wunderbaren Veilchenduftes Violetta di Parma, der viele Jahre nach dem Tod der Herzogin von Lodovico Borsari auf den Markt gebracht wurde und uns heute noch durch seine schlichte Eleganz und Schönheit verzaubert. Ach, seufz!
Rosarote Grüße sendet Euch,
Eure Stephanie.
hach ja, Liebe kann ja soooo romantisch sein!
Hätten wir nicht alle gerne einen Liebsten, der einen ganz besonderen Duft, nur für uns, erschafft?
ein Spatz auf der Hand ist aber immer noch besser, als gar keinen Vogel, oder? Und Parfüm kann man kaufen – wahre liebe nicht !
Liebe Steffi,
jaaaaa, das sind Geschichten wie ich sie rund um’s Parfum mag!
Aber sag mal, hast Du mit Deinen philosophischen Ansätzen bischen bei Uli stibitzt??? 😉 Auf jeden Fall sehr schön geschrieben! Danke für die unterhaltsame Mittagspause!
LG,
Margot
Hallo Ihr Lieben,
das freut mich ja wieder, dass Euch mein Artikelchen gefällt.
@Almut: Mir ist auch der Spatz in der Hand lieber! 🙂
@Margot: Mmmh, vielleicht färbt der stete Umgang mit Uli auf mich ab?! Das sollte man mal im Auge behalten! Hehe! 😉
Einen schönen (Fußball??)-Abend wünscht Euch,
Steffi