Die Geschichte lehrt uns vieles. In Politik, Umweltschutz und Wirtschaft. Manchmal aber eben auch in Sachen „Schönheit“! Und ich habe gerade einiges von einer Beauty-Pionierin gelernt, nämlich von Elizabeth Arden. Eine über hundert Jahre alte Denk-Lektion.
Zitate sind eine wundervolle Sache. Man erfährt viel über vergangene Zeiten und große Denker. Dabei ist aber nicht jedes gesprochene Wort so ohne weiteres verständlich. Oder wie sagte der amerikanische Pädagoge Amos Bronson Alcott einmal: „Man muss ein weiser Leser sein, um weise zitieren zu können.“ Dass er recht hatte, lernte ich diese Woche, als ich ein Zitat für einen Artikel suchte und in einem Buch auf folgenden Spruch der Elizabeth Arden stieß: „Behandle ein Pferd wie eine Frau, und eine Frau wie ein Pferd.“ Was in Gottes Namen wollte sie uns damit sagen? Aber ich muss zugeben, dieser Spruch ließ mich nicht mehr los. Ich wollte mehr wissen, über eine Frau aus den Jahren der Gründer-Zeit, was Kosmetik betrifft, sie so einen Satz von sich gibt. Und ich habe recherchiert, viel über diese Elizabeth Arden gelesen, und komme nun zu dem Schluss: Das ist eines der sinnvollsten Zitate, die ich je von einer Beauty-Queen gelesen habe.
Aber beginnen wir am Anfang…
Ende des 19. Jahrhunderts war Kosmetik noch etwas, das viele Frauen kaum kannten. Wer hatte schon Zeit, Geld und Muße, sich groß um sein Äußeres zu kümmern? Parfumerien wie wir Sie heute kennen gab es noch nicht. Die Frauen färbten sich vielleicht die Lippen und puderten Teint und Körper, um Unreinheiten zu verdecken. Aber das meistens nur Schauspielerinnen, Prostituierte und reiche Damen der Oberschicht. Hautpflege? Kaum. Von Mascara und ähnlichen Dingen ganz zu schweigen. In dieser Zeit wuchsen einige Pionierinnen auf, die ihr Leben dem Kampf um die Schönheit widmeten. Coco Chanel (geboren 1883), Helena Rubinstein (geboren so um 1870) oder Estée Lauder (geboren 1908) gehören zu den wichtigsten Persönlichkeiten, die das, was wir heute als „Schönheitspflege“ verstehen, erst auf den Weg gebracht haben. Und natürlich: Elizabeth Arden!
Sie wurde am 31. Dezember 1878 als „Florence Nightingale Graham“ auf einer kleinen Farm in dem kanadischen Städtchen Woodbridge bei Toronto geboren. Ohne Schulabschluss, den sich die Familie damals einfach nicht leisten konnte, probierte sich Florence erst einmal in allen möglichen Berufen, selbst als Krankenschwester – bei dem Namen (Florence Nightingale) war sie dafür ja sozusagen prädestiniert!. In dieser Schwesternschule lernte Florence einen jungen Mann kennen, der nebenher eine Creme gegen Hautunreinheiten entwickelte. Bis dato kannte sie so etwas noch überhaupt nicht. Sie ist von der Idee begeistert, bricht ihre eh ungeliebte Ausbildung ab und beginnt, selbst mit Cremes und Wässerchen in der Küche ihrer Eltern zu experimentieren – bis ihr Vater sie vor die Wahl stellt: Such dir endlich einen vernünftigen Job oder heirate. Die meisten Frauen der damaligen Zeit hätten diesem Drängen kampflos nachgegeben, aber nicht eine Frau wie Florence. Sie beschließt kurzerhand, sich dem Einfluss ihrer Eltern zu entziehen und zu ihrem Bruder nach New York zu ziehen. Was für ein Temperament!
Und hier beginnt Florence, mittlerweile dreißig Jahre alt, an ihrem großen Traum zu arbeiten: 1908 jobbt sie erst für ein Kosmetik-Unternehmen und gründet 1910 tatsächlich einen eigenen Schönheitssalon. Ihr Wunsch: Frauen beizubringen, wie sie mehr aus sich machen können. Das muss man sich im Kontext der damaligen zeit vorstellen: 1910 sieht die Welt anders aus, als wir sie heute kennen. Was damals Sensatonen waren, sind für uns heute selbstverständlich: Das Kaiserreich China beschließt gerade erst, die Sklaverei abzuschaffen. England eröffnet die ersten Arbeitsämter. Die britische Zeitung „The Illustrated London News“ veröffentlicht die allerersten Fotos vom Nordpol. New York ist die größte Stadt Amerikas mit 4,75 Millionen Einwohnern (heute: mehr als doppelt so viel!). In London fordern Frauenrechtlerinnen, die sogenannten „Suffragetten“, das Wahlrecht für Frauen. Wer hat in so einer Zeit schon Interesse an Hautpflege? Florence Nightingale! Sie ändert ihren Namen in Elizabeth Arden (ein fiktiver Kunstname) und macht sich bereit, die Welt ein bisschen schöner zu machen.
Eine neue Vision: Schönheit ist nicht nur Make-up!
Anfangs verkauft die Arden vor allem Cremes und Gesichtswasser, die sie von eigenen Chemikern herstellen lässt. Aber schnell reift in ihr die Vision der „total beauty“: Schönheit ist nicht nur eine Creme oder geschickt aufgetragenes Make-up – in den „Elizabeth Arden“-Salons wird die Frau als ganzes verwöhnt. Ein bis dahin absolut neuartiger Ansatz.
Aus dieser Zeit stammt auch der Satz: „Behandle ein Pferd wie eine Frau, und eine Frau wie ein Pferd.“ Dieser etwas merkwürdige Ausspruch macht aber in der Welt der Elizabeth Arden durchaus Sinn: Denn neben Schönheit gehört ihre zweite große Leidenschaft dem Pferdesport. Ihr Rennstall gewann in den 1940er Jahren riesige Summen, nicht zuletzt, weil sie sich um ihre Pferde persönlich kümmerte, und deren Muskeln vor jedem Rennen massieren ließ – damals als Spinnerei belächelt, heute im Pferdesport Routine.
Frauen dagegen, die in ihren Schönheitssalon kamen, verlangte die Arden einiges ab: es wurde nicht nur das Gesicht gepflegt, sondern der ganze Körper trainiert. Gymnastik, Dampfbad, Massage, Haarpflege, Mani- und Pediküre, ein Lunch mit Diät-Tipps und eine Make-up-Session. Nach diesem Programm fühlten sich die Kundinnen tatsächlich rundum versorgt. Die Steigerung dieses Konzeptes realisierte die Arden in Beauty-Häusern auf dem Land, die sie „Main Chance“ nannte (Vorläufer der heutigen Schönheits-Farm). Hier konnten Frauen sich über mehrere Wochen lang behandeln lassen. Elizabeth Arden hatte es geschafft: mit ihrem revolutionären Ansatz von „ganzheitlicher Schönheit“ und 6000 Dollar, die sie sich für ihren ersten Salon von ihrem Bruder geliehen hatte, schuf die Kanadierin ein Imperium: In den 1960’er Jahren existierten mehr als 20 Arden-Salons in den USA und über 200 im Rest der Welt. Aus der Pionierin Elizabeth Arden war eine globale Marke geworden.
„Ich interessiere mich nicht für das tatsächliche Alter. Frauen, die mir ihres verraten, sind dumm. Denn man ist immer nur so alt, wie man sich fühlt.“ Elizabeth Arden (1878 – 1966)Heute, rund 70 Jahre später muss ich sagen, dieses Programm der „total beauty“ ist leider ein wenig in Vergessenheit geraten. Jeden Tag sehe ich in meinem Job Frauen, die viel Geld in Cremes und Treatments investieren, dabei aber das große Ganze aus den Augen verloren haben. Man kann noch soviel Make-up auftragen, noch so teure Cremes benutzen – wenn das Gesamtpaket nicht stimmt, wird keine Frau (und kein Mann!) wirklich gut aussehen. Denn Beauty ist nicht nur eine Frage der Pflege, sondern auch der inneren Haltung. Übergewicht kann man kaschieren, aber wer seinen Körper trimmt, wird sich wohler fühlen und aus sich heraus strahlen. Strikte Diäten mögen die Figur in kleinere Jeansgrößen passen lassen, aber wer seine Seele nicht von Zeit zu Zeit verwöhnt, sieht nicht gut aus, sondern verbissen. So gesehen hat sich seit damals das Schönheitsideal gar nicht so sehr verändert, meine ich. Denn damals wie heute galt: Frauen, die ihren Körper, ihren Geist und ihr Aussehen pflegen sind am Schönsten. Wie traurig, dass heutzutage so viele Frauen diesen Anspruch vergessen haben. Die einen – vor allem junge Mädchen – überschminken sich, toupieren ihre Haare zu einem absurden Mopp und züchten sich French-Manicure-Nägel, vernachlässigen aber ihren Körper. Die anderen – vor allem viele Frauen der Geschäftswelt – trimmen sich auf Size-Zero und vergessen dabei die innere Schönheit. Nur wer die Balance findet zwischen innerem Strahlen und äußerer Wirkung ist wirklich schön. Und dazu gehören nun mal Fitness, Pflege und geschmackvolles Auftreten. Klingt altmodisch? Finde ich nicht. Denn so gut wie kein „moderner“ Star taugt zu einem echten Vorbild in Sachen Schönheit. Denken Sie nur an Victoria Beckham (Magerwahn), Carla Bruni (OP-Irrsinn), Amy Winehouse (innere Verwahrlosung) oder Beth Dito (die ihren Körper vernachlässigt) Vielleicht ist es an der Zeit, alte Denkanstöße wieder aufzugreifen?
Ihr Constantin Herrmann.
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