Verbotene Früchte – Jo Malones Pomegranate Noir Cologne

Der Granatapfel war schon seit je her ein mit verschiedenerlei Bedeutungen überfrachtetes Früchtchen. So galt er sowohl als Symbol für Reichtum, Leben und Fruchtbarkeit sowie Macht, weswegen er in der Heraldik auch gerne verwendet wurde, als auch als Motiv für Blut und Tod. Er gab der Granate seinen Namen wie auch dem Granaten, diesem tief dunkelroten Halbedelstein. Darüber hinaus fand er nicht nur Erwähnung in der griechischen Mythologie, wo er den Göttern des Hades, der Unterwelt zugeordnet wurde (Hades und Persephone), ihm kommt auch in der religiösen Symbolik eine wichtige Rolle zu, wie bereits Derrida feststellte.

Sowohl im Koran ist vom Granatapfel die Rede als auch in der Bibel: Im Hohelied Salomos zur Be- oder vielmehr: Umschreibung der Schönheit einer Frau. Desweiteren rätseln Forscher bereits seit Jahren, ob der Granatapfel, manchmal auch als Paradiesapfel bezeichnet, nicht auch jene verhängnisvolle Frucht war, die für Adam und Eva die Vertreibung aus dem Paradies nach sich zog. Im eigentlichen ursprünglichen alttestamentarischen Text war nämlich nie die Rede von einem Apfelbaum, dieser Trugschluß erwuchs aus einer Falschübersetzung des Wortes malum, das sowohl für böse als auch für Apfelbaum steht. Insofern ist die Frage nach der Frucht der Erkenntnis bis heute nicht eindeutig geklärt – der Granatapfel ist allerdings in der Tat ein heißer Anwärter dafür.

Warum? Er galt schon seit je her als Aphrodisiakum, seine vielen Kerne als ein Zeichen der Fruchtbarkeit, seine Form ähnelt der weiblichen Brust (ja, finden einige…), seine Farbe ist signalrot wie die Liebe und die Verführung – nur nachgewiesen hat es ihm noch niemand, die luststeigernde Wirkung.

Aber wenn wir schon beim Thema Lust sind – ich bekomme im fortschreitenden Frühling immer Lust auf Früchte. Und da ich keine ganz so Süße und erst recht nicht tropische bin, dürfen die Früchtchen gerne ein bißchen herb und/oder säuerlich sein. Hier erfüllt der Granatapfel natürlich gänzlich mein Beuteschema, einziger Wermutstropfen: Allzu viele Granatapfeldüfte gibt es nicht, mit prominentem Granatapfel mag mir ohnehin nichts einfallen außer – Melograno von Santa Maria Novella, und der konnte mich nicht glücklich stimmen, zu pudrig-kuschelig kam er daher, ergo zu wenig Frucht für meinen Geschmack und natürlich Grenats von Keiko Mecheri, in diesem Falle zu weiblich-rosig für mich.

Frau Malone allerdings schuf vor einigen Jahren etwas, das mich bis heute verzückt, obgleich ich ihren Duft nur selten trage: Pomegranate Noir.

Inspiriert durch ein rotes Seidenkleid (was auch sonst) und dem unverwechselbaren Charakter des Granatapfels – als Ingredienzen angegeben sind Himbeere, Pflaume, rosa Pfeffer und Granatapfel sowie Patchouli, Weihrauch und Hölzer, würzige.

Pomegranate Noir ist, was die Jo Malone-Düfte angeht, durchaus eine Ausnahme: Madame Malone frönt dem sogenannten Layering, einem Konzept, bei dem man die unterschiedlichen Düfte ihrer Kollektion übereinander sprühen und tragen soll, was mannigfaltigste Duftvariationen hervorbringt (wie auch bei den Italienern von Etro). Deshalb sind die meisten Malone-Düfte eher monothematisch und vor allem eher leichtere Gesellen. Pomegranate Noir ist dahingegen für einen Malone durchaus komplex und darüber hinaus von recht überzeugender Präsenz, vor allem auch für ein Cologne.

Frisch aufgesprüht baut sich hier ein überaus trockenes Früchtestilleben auf, rote Beeren, Himbeeren und likörig anmutende Pflaume, begleitet von einer ordentlichen Dosis scharfen Pfeffers. Granatapfel gesellt sich dazu und geleitet den Duft auf eine Basis holzig-erdiger und fein-rauchiger Noten von Weihrauch, Patchouli und Hölzern, die dem Duft rauchige Tiefe verleihen und somit eine gelungene Balance zu der trockenen Fruchtigkeit schaffen.

Das griechische Drama lag hier wirklich nicht fern so opulent und bestimmt präsentiert sich Pomegranate Noir – hübsch nachzulesen auch in der exzellenten Kurzreview von Eckhart Nickel in dem SZ-Magazin, siehe hier.

Sicherlich wird nicht jeder Pomegranate mögen, nein. Dafür ist dieser Grieche viel zu eigen(tümlich) – seltene Fruchtnoten in Kombination mit Weihrauch und Patchouli und von seltsamer Trockenheit… für mich wieder einer jener Düfte, nach denen ich circa fünf Mal im Jahr das Bedürfnis habe – und wehe, er steht dann nicht augenblicklich zu meiner Zerstreuung zur Verfügung… dann gibt es mehr als nur ein (griechisches) Drama, ich verspreche es…

Es grüßt ganz herzlich,

Eure Ulrike.

Bildquelle:  Pomegranate Fruits von Fir0002 / Flagstafffotos und Zaida Ben-Yusuf: Pomegranates via wikicommons, some rights reserved! Vielen lieben Dank.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

7 Kommentare

  1. Stefan
    4. Juni 2010
    Antworten

    Endlich einmal ein Kommentar zu einem Malone-Duft – neben Frederic Malle meine absolute Lieblingslinie! Danke!

    Ja, es ist Layering angedacht, aber mal ehrlich, ich muss widersprechen: die wenigsten Düfte von Jo Malone sind monothematisch – auch wenn die Namen das vielleicht nahelegen. Ich empfinde die Düfte durchaus als komplex und nahezu alle mit Präsenz und vor allem: Haftung! Selbst Duschgele und Bodylotions haften einen ganzen Tag!

    Amber & Lavender, Nutmeg & Ginger, Sweet Lime & Cedar, Black Cafe Vetiver, Vetiver – keiner dieser Gesellen ist leicht. Selbst ein Lime Basil & Mandarine – dieser Name ruft ja nun in der Tat frische Assoziationen hervor – ist durch seine hohe Konzentration von Parfümölen „schwer“.

    Ich finde die Düfte viel zu komplex und schade zum „layern“. Layern mit Bodylotion hingegen ist ein richtiges Vergnügen!

    Der Unterschied zwischen Pomegranate und den anderen Malone-Düften ist meiner Nase nach das Rauchig-Männliche!

    Happy weekend!

  2. Martina Weber
    4. Juni 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    wie immer bin ich neugierig geworden.

    Schade, dass Jo Malone nicht „online“ zu haben ist, zumindest habe ich nix gefunden… Also werde ich morgen wohl nach Düsseldorf pilgern um meine olfaktorische Neugier zu befriedigen :-))
    Erdbeeren essend… lg, Martina

  3. Margot
    5. Juni 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,

    vielen Dank dafür, diesen Duft testen zu dürfen. Ist wahrlich lecker. Habe mich bisher weder mit dem Layern noch mit Jo Malone intensiv beschäftigt. Werde das bei Gelegenheit nachholen!

    @Martina: Ich war allerdings mal in Hamburg im Jo Malone-Shop,
    dort war man uberaus freundlich und sie haben mir angeboten und bestätigt, bei Bedarf zu versenden.

    Schönes WE an alle,
    Margot

  4. Ulrike
    7. Juni 2010
    Antworten

    Hallo Ihr Lieben,

    ich hoffe, Ihr hattet ein schönes und auch sonniges Wochenende?
    Jaja, die Frau Malone…
    Du empfindest die Düfte als „schwer“ Stefan, wirklich? Ich ja so gar nicht… habe schon lange in meiner Sammlung den Nutmeg & Ginger sowie den Black Vetyver Café neben dem Pomegranate und finde sie sehr sehr leicht. Layern ist eh nicht so wirklich mein Ding, mache ich höchst selten, insofern trage ich die Düfte auch solo. Aber so wirklich komplex finde ich sie alle nicht – allen voran z.B. Nectarine Blossom & Honey oder Lime Basil & Mandarine. Nun ja.
    Und Martina, hast Du noch testen können am Wochenende? Hattest Du einen schönen Bummel?
    @ Margot: Sehr gerne geschehen 🙂

    Liebe Grüße,

    Ulrike.

  5. Martina Weber
    9. Juni 2010
    Antworten

    Margot – Danke für den Tip mit der Hamburger Filiale….

  6. thomas
    13. Juni 2010
    Antworten

    kleine korrektur des textes: ein paradiesapfel ist eine tomate, kein granatapfel. 😉

    schönen sonntag!

    lg thomas

  7. Ulrike
    13. Juni 2010
    Antworten

    Huhuu lieber Thomas,

    DAS wäre auch mein erster Gedanke gewesen 🙂
    In der Tat wurde der Granatapfel aber im Altdeutschen gerne als Paradiesapfel bezeichnet, was wohl auch in manchen Gegenden noch aktuell ist, wenn man mal einen Blick auf die Dessertrezepte diverser Internetkochseiten wirft 😉
    Mir persönlich war auch nur die Tomate als Paradiesapfel geläufig, deshalb hatte ich es extra in den Text aufgenommen 🙂

    Liebe Grüße zurück und einen schönen Sonntag ebenfalls, vielleicht spielt ja die Sonne noch mit –

    Uli.

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