Manchmal gibt es Pressemittelungen, die finde ich merkwürdig. Zum Beispiel diese, eines deutschen Badewannenherstellers: „Über 25 Prozent aller deutschen Paare steigen gerne zu zweit in die Badewanne“. Laut des „Rheingold Instituts“, das die repräsentative Studie durchgeführt hat, solle die nasse Zweisamkeit eine Art „Frische-Kick“ in die Beziehung bringen. Bei Kerzenschein in der Wanne liegend, würden alte Verhaltensmuster „aufgeweicht“ (welch Wortspiel!) und der seelische Neubeginn möglich. Aber Achtung: Nicht zu verwechseln mit gemeinsamen Duschen! Denn die Dusche als schneller, sportiver Akt wirkt weniger romantisch als Wanne oder sogar Whirlpool. Baden zu zweit als Mini-Urlaub vom grauen Alltag. Ich finde das, um ehrlich zu sein, eher abstoßend. Das Badezimmer ist ein Ort, den man nur alleine besuchen sollte. Irgendwie wahrt man so noch ein paar Geheimnisse voreinander, oder wie meine Freundin und Sängerin Ina Müller in einem ihrer Lieder als Resumée einer festgefahrenen Beziehung singt:
„Wie war dein Tag, was wollen wir essen aus du und ich wird chronisch wir und das Einzige was offen bleibt ist die Badezimmertür“Recht hat sie!
Nun bin ich vielleicht spießig, verklemmt, prüde, was auch immer. Aber mein Bad ist mein Reich. Da ist kein Platz für jemand Fremden. Nur ich und meine Seife.
Am letzten Satz erkennen Sie vielleicht schon, ich bin nicht nur altmodisch in meiner Wertevorstellung, sondern auch ein Nostalgiker… Seife. Wer benutzt heute denn noch Seifen? Dafür gibt’s doch Duschgele. JA EBEN! Duschgele sind moderne, schnelle Reinigungsmittel mit Power-Zusätzen wie „Frische-Kick“ „Skin-Magnesium“, „Extra-Aktiv“. Duschgele sind das Fastfood der Körperhygiene. Instant-Sauber. Wo bleibt denn da der Genuss? Die Gemütlichkeit? Ich liebe Seifen, die zart schäumen und den köstlichen Duft ätherischer Öle verbreiten, und mit denen die meisten Action-Duschgele einfach nicht mithalten können. Duschgel ist schnelle Reinigung, eine Seife ist ein Erlebnis. Aber das werden die Mountainbiker, Riverrafter und Workouter dieser Welt nie verstehen…
Seife ist Tradition
Mittlerweile geht man davon aus, dass Seife zu den ältesten Beauty-Produkten überhaupt gehört. Bereits vor fast 7.000 Jahren entwickelten die Sumerer eine Mischung aus duftenden Ölen und Pflanzen-Asche (Diese Asche wurde „al-quali“ genannt … und, wer errät’s? Richtig: Daher kommt das Wort alkalisch!). Allerdings ging es den Sumerern nicht um Reinigung der Haut, sondern erst einmal um Wundversorgung. Die alten Römer verwendeten Seifen dann mittlerweile doch aus rein kosmetischen Zwecken, wuschen Haut, Haar und Wäsche mit ihr und handelten sie als Luxus-Objekt (Klar, nur reiche Römer besaßen eigene Badewannen oder leisteten sich den Zeitvertreib in Badehäusern mit der duftenden Seife eingerieben zu werden). Übrigens stammt der Name der Seife, „Sapone“, auch aus dem Rom im 2. Jahrhundert nach Christus. Denn die Legende besagt, dass auf dem Berg Sapo rituelle Tieropfer stattfanden. Nach der Zeremonie spülte der Regen die Überbleibsel – tierische Fette und Asche – vom Opferaltar den Berg hinunter zum Fluss. Hier sammelte sich das Gemisch als kreideartige Substanz am Ufer – und findige Römerinnen entdeckten irgendwann, dass hier an dieser Stelle des Tibers die Wäsche besonders sauber wurde!
Kosmetisch gesehen erlebte die Seife ihren großen Durchbruch aber erst im 19. Jahrhundert. Bisher hatten Ärzte gedacht, Wasser und Luft schade der Haut (das muss man sich mal vorstellen!). Deswegen galt es als vernünftig und schick, seinen Körper einzupudern und in möglichst viele Schichten Kleidung zu packen, um die Haut vor solchen schädlichen Elementen zu schützen. Mit der Industrialisierung und dem Aufschwung der Textilindustrie zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde aber das Waschen von Haut und Kleidung doch noch modern. Plötzlich kamen Seifensieder mit der Produktion kaum mehr nach, die Rohstoffe Talg und Holzasche wurden zeitweise sogar knapp. Die „alkalische Seife“, die man damals herstellen konnte, hatte aber einen gravierenden Nachteil: sie entfernte nicht nur Schmutz von der Haut, sondern griff auch den hauteigenen Säureschutzmantel an, das Abwehrschild des Körpers. Deswegen herrschte lange Zeit bei Hautproblemen noch immer striktes Seifenverbot. Die Lösung brachte die Chemie mit der Erkenntnis, dass gesunde Haut leicht „sauer“ ist, so um den berühmten pH-Wert von 5,5 herum. Der junge Arzt Dr. Heinz Maurer entwickelte dann Ende der 1950’er Jahre eine kleine Revolution: Seife ohne Seife. Soll heißen, er entwickelte ein seifenfreies Waschstück, abgestimmt auf den pH-Wert der Haut, das es heute Genuss-Junkies wie mir erlaubt, ohne groß der Haut zu schaden in Ruhe zu baden und zu seifen, bis es schäumt. Für mich ein kleines Stück Luxus im sonst so hektischen Alltag. Und besonders schön, wenn die Seifen unwiderstehlich köstlich duften! So wie meine neueste Entdeckung mit Suchtpotential:
Byredo-Seifen: Ein Stück vom Glück
Über Ben Gorham habe ich bereits mehrfach begeistert geschrieben. Der Erfinder eines der coolsten Parfums unserer Zeit („Fantastic Man“) bringt jetzt edle Seifenstücke heraus. Sieben kleine Kostbarkeiten zu den wunderbaren Parfums der Byredo-Linie:
„Rose Noir“
Mit dem erfrischend-süßen Duft von Grapefruit, Freesie, Damaszener Rose und Moos – eine köstlich-feminine Seife für romantische Schaumschlägerinnen
„Pulp“
Wie ein duftender Früchtekorb: Johannisbeere, Feige, Apfel, Tiaré- und Pfirsichblüte. Ideal für einen belebenden Start in den Tag (für alle, die morgens baden und duschen)
„Gypsy Water“
Ein Hauch von ungezähmter Freiheit, mit Bergamotte, Zitrone, Pfeffer, Wacholder, Weihrauch und Piniennadeln. Irgendwo zwischen herb, fruchtig und holzig… lecker!
„Green“
Ein klarer, grüner Duft mit floralen Einschüssen: Petitgrain, Salbei, Jasmin, Geißblatt und Tonkabohne. Eine Unisex-Mischung, die aber für Männer umschlagbar sexy riecht
„Chembur“
Inspirationsquelle für diesen Duft war „Chembur“, der Vorort des indischen Mumbai. Dementsprechend opulent-exotisch mutet auch die Seife an: mit Bergamotte, Elemiharz, Ingwer, Weihrauch, Muskat und ganz viel Ambra
„Bal d’Afrique“
Im Vordergrund öffnet sich ein wahres Vetiver-Feuerwerk (I love it!), unter das sich florale und würzige Nuancen mischen, wie Alpenveilchen, Neroli, Jasmin und Zedernholz
… und „Blanche“
Mein Liebling der Kollektion ist eine duftmalerische Umschreibung der Farbe Weiß, mit Rosenöl, rosa Pfeffer, Orangenblüten, Hölzern und Sandelholz. Ein Hochgenuss!
Wie wunderbar es ist, ganz altmodisch die Seife in der Hand aufzuschäumen und über den Körper gleiten zu lassen. Das ist nicht nur ein sinnliches Vergnügen, sondern hinterlässt auf der Haut auch noch einen zarten Duftschleier, der den Tag über präsenter bleibt als irgendein Duschgel das ich kenne (zugegeben, das war jetzt nicht sehr objektiv). Aber das Tolle: Bevor mich jetzt alle Duschgel-Fans steinigen, nur weil ich Seifen für viel toller halte – in der Byredo-Welt herrscht absolute Demokratie! Denn wer Duschgele lieber mag, der hat Glück. Alle beschriebenen Seifen gibt es auch in der flüssigen Version. Die duften genauso gut, sind um Klassen elitärer als die eingangs verurteilten „Action-Duschgele“ und machen zugegebenermaßen auch genauso Spaß wie die Nostalgie-Seifen…
Also an alle Wasserratten: Besorgt Euch die neuen Byredo-Teile. Und wer mag, darf natürlich auch seinen Partner mit ins Bad holen zum gegenseitigen Einseifen. Mir doch egal. Jedem das Seine, Hauptsache es macht Spaß. Und ich gebe zu – sobald es eine Seife von meinem Lieblingsduft gibt, werde ich auch nicht mehr alleine duschen, sondern immer mit meinem „Fantastic Man“…
Euer Constantin Herrmann.
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