Paradise Found – Ninféo Mio

ninfa2Getätigte Reisen, imaginäre Augenblicke und reale Orte sind es, die Parfumeure oft zu Düften beflügeln. Im Falle von Ninféo Mio ist letzteres der Fall und wer glaubt, daß das Paradies verloren ward, der wird hier eines besseren belehrt: Ungefähr 60 Kilometer südlich von Rom liegen sie versteckt, die Gärten von Ninfa. Ninfa selbst ist ein kleines verfallenes Dörfchen, dessen Ursprung bis ins 12./13. Jahrhundert zurückreicht. Das Dorf selbst wurde circa zweihundert Jahre später verlassen (die Pest) und zum Teil zerstört. Danach wurde Ninfa sich selbst überlassen – bis sich im 20. Jahrhundert die adligen Besitzer des Landstrichs dazu entschlossen, aus demselben samt den Dorfruinen (ein Wachturm steht noch sowie einige Häuser und Grundrisse) einen botanischen Garten zu machen.

Das haben sie wohl, und zwar in aller Nachhaltigkeit: Einige Damen und Herren der besseren Gesellschaft haben sich an den Giardine e Rovine di Ninfa „abgearbeitet“, mit dem Resultat, daß eben jene heute zu den schönsten Gärten Italiens, ja, vielleicht auch: der Welt zählen. Als eine der romantischsten Gartenanlagen Europas werden die Gärten der Nymphe bezeichnet.

Annick Goutal Ninfeo MioEinst gehörte Ninfa zu dem die Sommerresidenz der Adelsfamilie Caetani umgebenden Park – die Familie hatte vor Ort weitläufige Ländereien. Bereits Prinz Gelasio Ceatani begann in den zwanziger Jahren mit der Anlage und Restauration des Gartens. Zwischendurch müssen wohl noch eine englische Adlige samt ihrer Tochter am Werk gewesen sein, welche unter anderem für das Pflanzen japanischer Ahorne, Bambus, diverse Bäume wie Eichen und Magnolien verantwortlich war. Die letzte Besitzerin war aber wohl wieder eine Caetani, Lelia Caetani, welche die Gärten der Stiftung Caetani di Sermoneta vermachte, die heute vom Landkreis, dem Lionsclub Latina und dem World Wildlife Fund (WWF) unterstützt wird.

Im ganzen Garten Eden muß es wohl sprudeln und plätschern, der namensgebende Ninfeo fließt hindurch, welcher seinen Ursprung in Ninfa hat, benannt nach der alten Tradition, nach denen Quellen als Nymphenheiligtümer galten. Und es blüht und es duftet überall: Tausende verschiedene Pflanzer, auch ungewöhnliche und vormalige Exoten (unter anderem dank den Engländerinnen), sind in den Gärten beheimatet und locken jährlich über 60.000 Touristen aus aller Welt an.

Annick Goutal Ninfeo Mio

Wie in jedem Paradies ist der Einlaß aber auch hier wohl nicht zu allen Zeiten machbar: Wer die Gärten besuchen möchte, sollte sich vorher bezüglich der nicht allzu großzügigen Öffnungszeiten erkundigen – so das, was man über die Giardine e Rovine di Ninfa zu lesen bekommt.

Haaach… bei den Bildern wird mir ganz schwer ums Herz – so wunderschön sieht dieser Garten aus, eine wahre Oase. Es gibt auch eine Flickr-Gruppe zum Thema, wer weiter in Bildern wühlen mag und Sehnsüchte wecken – gerne, hier.

Ninféo Mio riecht, wie die Bilder scheinen: Nach Paradies. Nach Natur, nach unberührter. Und nach Alleinsein. Auch wenn man das vermutlich in jenen verwunschenen Gärten nie sein wird – sie wirken so erhaben, so entrückt, daß Gesellschaft eigentlich unvorstellbar erscheint.

Im Auftakt präsentiert sich der Duft bereits strahlend smaragdgrün, was auch kennzeichnend für ihn bleiben wird: Zitronenverbene mit der für sie typischen Intensität dominiert, umrankt von Galbanumharz, dem Waldmeisterharz, welches grüngrasig-blättrige Noten schafft, sowie einer noch grünen Feige. Im Herzen ist Ninféo Mio ebenfalls ein Grüner, fein austariert wird er durch einen Hauch Lavendelwürze und kaum wahrnehmbare Bitterorange. Die Basis enthält meines Erachtens nach nur eines: Vanillezitronenblätter.

Ihr kennt keine Vanillezitronenblätter? Ich auch nicht. Ich bin mir aber sicher – wenn es ihn irgendwo gibt, den Vanillezitronenbaum, dann in den Nymphengärten, denn Ninféo Mio riecht in der Basis exakt so: Eine zitrische Frische, die auf einem warmen Lager liegt, ein holzig anmutendes mit weichen Vanillekissen. Zum Niederknien.

Für mich ein innovativer und wirklich umwerfend schöner Frühlings-/Sommerbegleiter – die Zitronenverbene allerdings, die sollte man schon mögen.

Ich mag sie und will ihn haben, den Duft, jawohl. Wenn schon kein Urlaub in Sicht ist, sollte wenigstens ein Fläschchen davon drin sein, oder nicht?

Es grüßt Euch ganz herzlich,

Eure Ulrike.

P.S.: Vor lauter Träumerei habe ich die Ingredienzen vergessen – hier sind sie: Kopfnote: Zitrusfrüchte, Zitrone, Galbanumharz, Verbena (Eisenkraut); Herznote: Bitterorange, Lentisque-Extrakt (Blätter der Pistazie), Lavendel; Basisnote: Nadelholz, Feige, Zitronenbaumholz, Zedernholz.

Bildquelle: Blossoming Magnolia in Ninfa von Monika Vlasak, Scorcio dei Giardini di Ninfa von Didimo69, Henrietta Rae: Water Nymphs – alles via Wikicommons, some rights reserved. Vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

6 Kommentare

  1. 29. April 2010
    Antworten

    hach ja ….. das weckt Begehrlichkeiten ….
    Aber riecht der Frühling nicht auch bei uns im kalten Norden einfach berauschend?
    Gerade ist es der Waldmeister, der beim Spaziergang durch zart ergrünende Buchenwälder seinen süßen Duft verströmt.
    Wer ihn atmen möchte muß sich aber beeilen, bald schon blüht der Bärlauch, das wird dann etwas deftiger …

    einen herrlichen Frühlingstag wünsche ich euch
    Angelika

  2. Michaela
    29. April 2010
    Antworten

    Ich finde ihn auch unwiderstehlich. Fast möchte ich ihn trinken, so lecker riecht er.

    Liebe Grüße

    Michaela
    aus Bremen

  3. Almut
    29. April 2010
    Antworten

    sehr schön geschrieben uli und traumhafte bilder!

    ninfeo hab ich heute auch endlich probegeschnuppert und werde ihn mir wohl holen, als sommerduft 2010. nicht sehr kompliziert, dafür umso schöner! hach…

    liebe grüße
    almut

  4. Jutta L.
    29. April 2010
    Antworten

    Hach, das hast Du wieder soo schön geschrieben, liebe Uli – danke dafür!
    Ich trage ihn gerade heute (es sind knapp 30 Grad draussen) und finde ihn einfach perfekt.
    Apropos Waldmeister, das würde ich auch gerne mal in einem Duft ausgiebig wiederfinden.

    Lieben Gruß
    Jutta

  5. fredi
    29. April 2010
    Antworten

    Angesichts dieser wunderschönen Duftbeschreibung habe ich natürlich sofort mein Pröbchen rausgesucht und ausgiebig getestet. Ich unterschreibe alles Gesagte voll und ganz und kann dem auch wenig hinzufügen. „Vanillezitronenblätter“ trifft perfekt zu 😉 Vielleicht noch eines: es ist ein ganz und gar ruhiger, gelassener, unaufgeregter Duft, der tatsächlich sehr natürlich wirkt.

    Der Duft reiht sich nahtlos ein in die Tradition der frischen, grünen Düfte, die eine wohl Spezialität des Hauses Goutal darstellen – Eau du Sud, Eau d´Hadrien und vor allem Eau de Camille sind Düfte, die ich seit Jahren schätze.

    LG, fredi

  6. Ulrike
    30. April 2010
    Antworten

    Haach, noch mehr Fans… Schön!
    Und gell Fredi, es SIND Vanillezitronenblätter 😉

    Waldmeister – yep. Waldmeister ist auch so eine Note, die ich gerne häufiger oder überhaupt mal in Düften hätte. Mir fällt auf Anhieb ohnehin fast nichts ein, das nach Waldmeister riecht… Euch?
    So ganz spontan komme ich nur auf Nasomattos Absinth mit den Gummibärchen-Waldmeister-Anklängen… Und Ihr?

    Liebe Grüße,

    Ulrike.

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