Ich streike!

Nein, nein, nicht berufsbedingt. Wettertechnisch! Ja, ich weiß, der Frühling kommt bestimmt. Aber wann?? Wir haben jetzt schließlich schon Mitte April. Ich habe mich eigentlich immer geweigert über das Wetter zu schimpfen wie so viele andere – zu heiß, zu kalt, zu schwül, zu dunkel. Warum sich unnötig ärgern? Man kann ja ohnehin nichts ändern. Und klar, der April ist eh so wankelmütig-launisch wie eine Pubertierende bzw. ihr männliches Pendant. Aber dieses Jahr zehrt es schon sehr an meinen Nerven und so werfe ich meine mir selbst auferlegten Wettermeckertugenden über Bord: Ich will endlich Sonne! Sommerliche Temperaturen! Und zwar jetzt sofort!

KrokusVor gut einem Monat bin ich an den schönen Bodensee gezogen. Nicht des Wetters wegen natürlich. Aber angeblich soll es hier ja ein sonnenverwöhntes Fleckchen Erde sein. Bisher kann ich das nur bedingt bestätigen. Die Bäume sehen hier aus wie sonst Anfang März. Kaum einer hat Blätter. Gut, die Forsythien haben schon einen kleinen Blütenvorstoß gewagt und auch die Magnolien zeigen schon ihre prachtvollen wunderschönen Blüten. Ebenso mein eigens für die Bodenseesonne angeschafftes Pfirsichbäumchen, das auf dem Balkon den frostigen Temperaturen trotzt und üppig-zartrosa vor sich hin blüht. Tapferes Kerlchen! Ja, ich sehe es. Der Frühling kommt, bricht hier und da schon durch, aber trotzdem machen mich morgendlich-eisige Temperaturen, Bindfadenregen und die trübe Tunke am Himmel nicht glücklich. Eine gute Freundin von mir lebt in London und hat mir gestern erzählt, dass es bei ihnen dort frühlingshaft-sonnig wäre… in London? Dort, wo doch sonst neben der Queen nur der Nieselregen regiert?? Ach, im Moment erscheint mir diesbezüglich wohl alles wie blanker Hohn. Aber wem erzähle ich das, bei Euch wird es ähnlich sein. Und bestimmt habt auch Ihr die Nase gestrichen voll von Kälte und meteorologischer Trübsal. Gut, denn ich habe mir überlegt, Euch wieder mit auf eine kleine Reise zu nehmen. Letztens waren wir ja schon in Indien. Auch heute werden wir uns in ferne Länder aufmachen und Mitteleuropa so gut es geht hinter uns lassen. Wir werden nach Madagaskar reisen und auf die Komoren, werden einen kleinen Abstecher in die Karibik machen und auch die pazifischen Inseln nicht gänzlich auslassen 🙂 Hach, ich freue mich schon! So, die geistigen Koffer sind gepackt. Auf geht’s!

Jeder von uns kennt ihn, den wunderbaren Duft der Vanille. Süßlich-schwer, betörend-betäubend und von einer unvergleichlichen Einzigartigkeit! Und obwohl ihn jeder von uns kennt, wissen doch die wenigsten, um welche Pflanze es sich dabei handelt oder welche Geschichte sie auf ihrem grünen Buckel hat. Den meisten ist geläufig, dass wir die Schoten der Vanille für Kulinaria oder Kosmetik verwenden. Dass es aber verschiedene, relativ unterschiedliche Vanille-Sorten gibt und dass die Bourbon-Vanille nichts mit dem gleichnamigen Whiskey zu tun hat, das wissen nur Kenner der vanilligen Materie. Alles begann vor langer Zeit im schönen Mittelamerika, genauer in Mexiko. Dort wuchs eine Pflanze, die den schlauen Namen Vanilla plantifolia trägt, die Gewürzvanille. Sie gehört zu den allseits beliebten Orchideenpflanzen, einer großen Familie, vielfältig und weltweit verbreitet. In fast jeder Ökozone der Welt sind sie anzutreffen. Auch bei uns auf der heimischen Fensterbank machen sie es sich gerne gemütlich. Allerdings haben sie mich (ich möchte betonen, dass ich ein großer Pflanzenfreund bin und meiner Meinung nach auch einen ziemlich grünen, ja fast schon dunkelgrünen Daumen habe) schon desöfteren an den Rand der Verzweiflung getrieben und mich mit meinen heimgärtnernden Fähigkeiten hadern lassen.

MadagaskarNun ja, die Gewürzvanille gehört zu den terrestrischen Orchideen, wächst also nicht wie einige ihrer Verwandten epiphytisch auf anderen Pflanzen. Sie ist eine immergrüne Kletterpflanze, die bis zu 15m lang werden kann. Ihre Blüten sind duftend und gelb-grünlich. Nach der Bestäubung bildet sich aus ihr eine Kapselfrucht, die Vanilleschote. Im Rohzustand grün, wird sie durch Fermentation schwarz. Ihr Mark mit dem enthaltenen Inhaltsstoff Vanillin war schon bei den Azteken beliebt und wurde von den Konquistadoren mit nach Europa gebracht. Lange Zeit besaßen die Spanier ein Vanillemonopol. Bis geschmuggelte Pflänzchen in die Hände der Franzosen gelangten. Die begannen Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem kommerziellen Anbau der Gewürzvanille auf ihren Inselkolonien Madagaskar, den Komoren und La Réunion. Letztere trug lange Zeit den Namen Île Bourbon nach dem französischen Königsgeschlecht der Bourbonen. Leicht zu erraten, dass die Bourbon-Vanille so zu ihrem Namen kam. Tja, nur leider gestaltete sich der Vanilleanbau für die französischen Plantagenbesitzer äußerst schwierig. Dank Mexiko-ähnlicher Bodenverhältnisse gedieh die Pflanze zwar prächtig, allerdings fehlten ihre natürlichen Bestäuber – eine bestimmte Bienen- sowie eine Kolibriart, die es nur in ihrer alten Heimat gab. Nach vielen Mühen und Rückschlägen gelang dem Sklaven Edmond Albius der entscheidende Coup. Mittels eines Kaktusstachels bestäubte er die Vanilleblüte manuell. Eine Entdeckung, die den Vanilleanbau außerhalb Mittelamerikas rettete und Herrn Albius angeblich aus der Sklaverei befreite. Auch heute noch muss jede einzelne Vanilleblüte von Hand bestäubt werden. Wahnsinn, oder? Mittlerweile ist man auch im Mutterland Mexiko dazu übergegangen, von Hand zu bestäuben und sich nicht auf die natürliche Bestäubung zu verlassen. So sind sichere Ernten gewährleistet, was wichtig ist, da die jährlichen weltweiten Vanilleerträge generell unter der Nachfrage liegen.

Die speziellen Boden- und Luftverhältnisse im Indischen Ozean führten dazu, dass die dort angebaute Gewürzvanille einen charakteristischen Geruch und Geschmack aufwies. Intensiv-warm, balsamisch-süß, eher dunkel und deutlich zu unterscheiden von ihrer in Mittelamerika angebauten, zuckersüßen Zwillingsschwester. So kam es, dass die Vanilla plantifolia aus dem Indischen Ozean zur Bourbon-Vanille wurde und sich somit namentlich von der mittelamerikanischen abgrenzte, der Mexiko-Gewürzvanille. Auch wenn es sich botanisch gesehen um ein und dieselbe Art handelt.

PazifikinselNun gibt es aber eben nicht nur die Vanilla plantifolia. Insgesamt existieren etwa hundert Vanille-Arten. Ich möchte hier noch auf zwei weitere wichtige Vertreter zu sprechen kommen: Vanilla tahitiensis und Vanilla pompona. Erstere wird, wie nicht schwer zu erraten, auf Tahiti angebaut. Sie besitzt einen eher niedrigen Vanillingehalt. Ihr Aroma ist blumig-betörend, fast schon aufdringlich. Vanilla pompona wird auf Guadeloupe angebaut und besitzt ein dunklen, eher herben Duft. Sowohl die Tahiti- als auch die Guadeloupe-Vanille werden (im Vergleich zur Bourbon- und Mexiko-Vanille) auf dem Weltmarkt als minderwertigere Sorten angesehen. Nur am Rande erwähnt: In Europa wird das Aroma der Bourbon-Vanille bevorzugt, während in den USA die weitaus süßere Mexiko-Gewürzvanille beliebter ist. Und: Zu den Hauptabnehmern der jährlichen Vanilleproduktion gehören die Konzerne Coca Cola und Pepsi-Cola. Na dann, Prost!

Einen schönen Wochenstart wünscht Euch,

Eure Stephanie

Bildquelle: Krokus von Thesupermat, Madagaskar von Masindrano, Pazifikinsel von PHG – alle via WikiMedia Commons. Some rights reserved. Vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

4 Kommentare

  1. fredi
    21. April 2010
    Antworten

    Hallo liebe Stephanie,

    welche Vanille wird denn jetzt bevorzugt bei der Parfumherstellung verwendet – Bourbon-Vanille? Ich erinnere mich an eine Manufaktur (La Maison a la Vanille?), die um die verschiedenen Sorten je einen Duft kreiert hatte… Auch würde mich interessieren, welche Vanillesorte speziell im Tihota, dem wie ich finde ultimativen Vanilleduft, enthalten ist?

    Danke und liebe Grüsse, fredi

    • Steffi
      21. April 2010
      Antworten

      Liebe Fredi,
      bei der Verwendung der verschiedenen Vanillesorten kommt es natürlich darauf an, welche Ausprägung man gerne in seinem Duft haben möchte. Soll er er eher blumig-vanillig sein, ist die Tahiti-Vanille angebracht, eine dunklere Note erreicht man mit der Bourbon-Vanille. Ebenfalls eher dunkel, aber süßer als die Bourbon-Vanille ist die Mexiko-Vanille. Verwendung finden alle vorgestellten Sorten in der Parfumherstellung. Aber nur Bourbon- und Mexiko-Vanille werden auch in der Lebensmittelindustrie verwendet. Die Bourbon-Vanille kennt man ja aus jedem Supermarkt.
      Du hast recht. Maison de la Vanille hat sich ganz den verschiedenen Vanillesorten verschrieben und ihnen jeweils einen Duft gewidmet. 🙂
      Welche Vanillesorte Indult in Tihota verwendet hat, kann ich Dir aus dem Stehgreif leider nicht sagen. Ich bringe es aber noch in Erfahrung. Versprochen! 🙂
      Liebe Grüße,
      Steffi

  2. Steffi
    21. April 2010
    Antworten

    Liebe Fredi,
    die Vanille in Tihota kommt von der Insel Taha’a in Französisch-Polynesien. Taha’a trägt übrigens den Beinamen ‚Vanilleinsel‘ und liegt unweit von Tahiti. Ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen. 🙂
    Vielen lieben Dank auch für die rege Anteilnahme an meinen Artikeln. Freut mich sehr! 🙂
    Liebe Grüße,
    Steffi

  3. fredi
    26. April 2010
    Antworten

    Hallo liebe Steffi,

    vielen Dank für die Informationen!

    Dass es sich bei Tihota um eine ganz besondere Vanille handeln muss, hatte ich mir schon gedacht. Ein Duft mit unglaublicher Tiefe und erstaunlich wenig Süsse, bei dem die Vanille olfaktorisch fast dreidimensional (rein virtuell gesehen) vor der Nase entsteht. Ein sehr natürlicher und erwachsener Vanilleduft.

    Liebe Grüsse, fredi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert