Badesaison 2010 …

Bald ist es wieder so weit und wir verbringen jede freie Minute an Pool, See und Strand. Und fühlen uns großartig. Und tragen schicke Bade-Klamotten. Aber was heißt eigentlich schick? Es ist nämlich unglaublich schwierig, sich Trendgemäß zu kleiden. Habe ich am eigenen Leib feststellen müssen. Ein frustrierter Erfahrungsbericht und Trend-Guide. Aber seien Sie schnell: Die besten Stücke sind schon weg!

Badesaison 2010Ich war letzte Woche shoppen. Und habe dabei eine neue Theorie entwickelt: Sparsame Menschen kaufen immer am Ende der Saison, wenn alles schön reduziert ist. Absolut clever, und ich mache das auch oft so. Man freut sich nämlich über Schnäppchen irgendwie doppelt so doll. Aber jetzt meine neue Entdeckung: Modebewusste Trend-Menschen shoppen so früh wie es nur irgendwie geht. Ein Beispiel: Ich befinde mich gerade in einer Art Neon-Fieber. Alles, was leuchtet, na gut schreit, egal ob grün, gelb oder pink, muss ich einfach haben. Ist ja auch aktuell der heißeste Farb-Trend der Saison. Und zufällig habe ich von einem Mode-Kollegen gehört, es gäbe bei H&M seit Neuestem eine Neongelbe-Hose, jeansig geschnitten, schöner Stoff, großartige Farbe. Also nichts wie hin…

Sagt die Verkäuferin in der hoffnungslos überfüllten Riesen-H&M-Filiale doch allen Ernstes und ohne mit der Wimper zu zucken, die Hose sei in allen Filialen schon wieder ausverkauft. Hallooooo-ho… Schon? Wieder? Ausverkauft? Was sind denn das bitte für Menschen, die ihrer Zeit so weit voraus sind, dass sie eine Neonhose als Trend erkennen und sofort an sich reißen, lange bevor ich überhaupt Wind davon bekomme, dass es eine Neonhose bei H&M gibt??? Schneidern die solche Sachen eigens für Trend-Forscher? Die ihrer Zeit per se immer voraus sind?
Beleidigt stapfe ich weiter zu „American apparel“, dem Label mit der Unterwäsche in einhundert Farben. Oder so ähnlich. Ist zwar aktuell nicht so in wie letzten Sommer, als alle die dünnen bunten Schals von denen trugen, aber immerhin gibt es dort zum Glück gerade die „Highlighter“-Kollektion. Quietsch-bunte T-Shirts von Phsophorgrün bis Schreigelb. Und dazu passende Taschen, Leggins und Neon-Stulpen. Und alles vorrätig, wie schön! Ich gönne mir zwei Shirts, und sehe mich schon im Hochsommer lässig in Neon an unserer kleinen Strandbar an der Isarbrücke sitzen. Sehr cool. Fehlt nur noch eine neue Sonnenbrille…

Ich also ab in den Laden meines Vertrauens, die kennen mich da schon, ich war nämlich die letzten zwei Wochen circa dreißig mal da. Das muß ich vielleicht kurz erklären: Nachdem die letzten zwei Jahre RayBan und Carrera in waren, ist nun wieder Status angesagt! Die Luxus-Marke Barton Perreira ist das absolut tollste, was man sich momentan auf die Nase setzen kann. Zugegeben, zum selben Preis bekommen sie zwei Gucci-Modelle (wer will die schon?), aber die Perreira mit den Echtglas-Scheiben sind so absolut überirdisch cool, das sie Schwierigkeiten haben werden, danach je wieder eine andere Marke aufzusetzen. Der absolute Hit sind die Modelle mit echtem Leder auf dem Steg, ob kantig oder rund geschnitten – das sind die Must-Haves der Saison!
http://www.bartonperreira.com/
Und deswegen laufe ich seit drei Wochen regelmäßig im Geschäft vorbei, und jedes Mal heißt es, Barton-Perreira würde erst noch geliefert werden. Macht nix, dann komm ich übermorgen wieder.
Ich also nach meinem H&M-Frust auch an diesem Tag wieder rein in die Boutique und: „Haben Sie schon die neue Barton-Perreira-Kollektion?“ Sagt die Verkäuferin: „Ah, ja klar, die paar die noch da sind sehen Sie da drüben.“
Erst bleib mir kurz das Herz stehen, dann wäre ich ihr fast an die Gurgel gegangen. Innerhalb von drei Tagen ist die Kollektion fast schon wieder ausverkauft? Ich bin kurz vorm Durchdrehen. Beziehungsweise fühle mich wie in einer Folge von „Twilight-Zone“, wo alle Menschen sich per SMS mitteilen, wenn die Sachen im Laden eintreffen auf die ich so scharf bin. Nur damit ich dann wie Ochs am Berg dastehe und nur noch schrabbeligen Restmodelle ergattere, die sonst keiner will. Hat sich die Mode-Welt gegen mich verschworen und will mir eines auswischen? Ist das die späte Rache, dass ich mich damals bei meinem ersten Job für die Beauty-Redaktion entschieden habe und nicht für das Ressort Mode? Gibt es einen Trendgott, der besonders rachsüchtig ist?
Also gut keine Sonnenbrille. Ich fühle mich ein bisschen wie ein ausgehungerter Jäger, der einfach nichts Essbares findet.
Lauf ich also weiter auf meinem von Endzeit-stimmung-geprägtem Shopping-Trip (ich glaube, mittlerweile hatte ich sogar ein bisschen Fieber). In das Sporthaus, um mir eine Badeshorts zu jagen. Eine schön coole, mit abstraktem Blumen-Print. So eine, wie sie in meiner Vorstellung die coolsten Surfer-Boys tragen, wenn sie am Strand von Hawaii damit in die untergehende Sonne surfen. Wie ich unsportlicher Kloß dann damit im örtlichen Hallenbad aussehe, ist mir wurscht. Hauptsache ich fühle mich ein bisschen Hawaii-Cool. Gedacht getan, ich stürme also die Beach&Surf-Abteilung unseres Sport-Kaufhauses und stelle hinter den Taucheranzügen eine Verkäuferin: „Badeshorts,“ belle ich ihr – mittlerweile gefrustet von den bisherigen Rückschlägen – entgegen: „Mit Blumen drauf.“
Die Verkäuferin guckt mich etwas entgeistert an, dann erhellt sich Ihr Gesicht und sie lächelt: „Oh, da sind sie etwas zu spät dran, junger Mann.“ Mir stockt der Atem, Blut schießt mir in die Augen, der Mund öffnet sich zu einem hysterischen Anfall, ich mache mich zum Sprung bereit um diese Reiterin der Trend-Apokalypse im Flug zu enthaupten. Sie schafft es gerade noch, ein paar letzte Worte zu sprechen: „Blumen waren nämlich letztes Jahr. Da haben wir so gut wie gar nichts mehr. Dieses Jahr trägt man Karo.“
… Stille. Leere in mir. Ich fühle mich plötzlich wie der letzte Mode-Depp. Karos? Achso. Keine Blumen? Coole Surfer in kariert, ist das so, ja? „Probieren Sie doch mal eine Shorts an, die hab ich heute morgen erst ausgepackt, die sind ganz neu.“ … spricht sie sie und hält triumphal eine blau-karierte Shorts in die Höhe, wie Jason einst das Goldene Vlies. „Die sind dieses Jahr total in“ sagt sie. Ich mag aber keine Karos, denke ich. „In allen möglichen Farben, weiß, blau, gelb“ Ich mag aber keine … „die Profis tragen Karos schon seit letztem Jahr, dieses Jahr aber wird es zum Riesen-Trend“ Aber. Ich… „Und ich sage Ihnen, die sind super geschnitten, die sitzen wie ne Eins.“ Hmmm. Na gut, reinschlüpfen kann ich ja mal. Verziehe mich also mit einer blau-karierten Board-Shorts, so heißen die Dinger, in die Umkleide. Die Marke: Hurley. Kenn ich nicht. „Hurley ist derzeit total angesagt bei jungen Leuten“ ruft die Verkaufs-Kanone von draußen. Kann die Gedanken lesen? Ich ziehe mein Hurley-Modell also an … und bin begeistert. Der Schnitt: sehr lässig. Sitzt auf der Hüfte, die Hosenbeine stehen nicht absurd weit ab, sondern sitzen gerade wie eine Jeans. Perfekt. Und das Karo? Eigentlich gar nicht so schlecht. Gott, bin ich leicht zu beeinflussen. Zwanzig Minuten später verlasse ich das Kaufhaus mit drei Shorts. Weiß, blau und so ein Verlauf von weiß zu hellblau. Alle drei wahnsinnig lässig.
http://www.hurley.com/splash.cfm

Nochmal in gedanken meine Shopping-Liste durchgehen, was hab ich alles? Ich hab neue Shorts, T-Shirts und keine Sonnenbrille. So weit, so … naja. Sonnebrille brauch ich noch, Karo-Shorts und Neon-Shirts lassen sich halt so was von gar nicht miteinander kombinieren, und irgendwie fehlt noch ein Luxus-Item. Etwas, das ich eigentlich absolut nicht brauche, aber unbedingt haben will. Da kommen nur zwei Läden in Frage: Martin Margiela, der französische Design-Papst, der gerade so beliebt ist und überall neue Filialen eröffnet. Oder Bottega Veneta, die Leder-Luxus-Schmiede. Ich entscheide mich für letzteres, zum Abschluß eines semi-befriedigenden Shoppingtages darf es ruhig noch ein Highlight geben, und dort findet man iiiimmer etwas, garantiert. Einen Gürtel, einen Geldbeutel, eine Sonnenbrille – oder gleich das coolste Accessoire des Sommers, um das sich in Paris bereits alle Topmodels und Filmstars prügeln: Ein Armband aus geflochtenem Leder. Hat in etwa die Raffinesse eines Freundschaftsbandes aus der dritten Klasse, die Dinger, die man sich selber oder seinem Banknachbarn gebastelt hat. Aber gerade das ist das coole. Sieht nach nix aus, ist aber unter Insidern ein Erkennungsmerkmal für trendbewußten Style-Geschmack (und das nötige Kleingeld). Ich entscheide mich für schlichtes Schwarz (es gäbe noch ganz viele Farben) und bin ganz verliebt: Das kleine Lederband, an dem ein winziges (eigentlich kaum sichtbares) Bottega-Logo dran baumelt macht mich richtig glücklich. Erstens, weil es noch eines gab und ich diesmal nicht zu spät dran war, und zweitens weil kleiner, leistbarer Luxus das Herz eines Fashion-Victims nun mal höher schlagen lässt.
http://www.bottegaveneta.com/Main.aspx?region=Europe

In diesem Sinne sitze ich hier am Computer – mit Armband und Karo-Shorts, ja. Bis der Sommer endlich da ist, trag ich das schwer erkämpfte Zeug daheim – und ich möchte Ihnen, liebe Leser, zurufen: Seien Sie schnell!
Warten Sie mit Accessoires nicht bis zum Ende der Saison, investieren Sie jetzt in guten Geschmack, sonst ist er nämlich aus. Denn Basics (und alles in schwarz) kann man ruhig am Ende einer Saison shoppen. Aber die tollen Hingucker, die Sachen, um die Sie jeder beneiden wird, die gibt es in keinem Outlet und keinem Schlussverkauf. Die müssen sie jetzt kaufen.
Und wenn Sie bei Ihrem nächsten Shoppingbummel einen Mann sehen, der hysterisch alles in Neon oder mit Karos drauf an sich reißt und atemlos in die Umkleidekabine hetzt, um alles, aber auch wirklich alles anzuprobieren, damit er ja nur nichts verpasst, dann seien Sie bitte nett zu ihm.
Denn wahrscheinlich bin ich es.

Herzliche Grüße, Ihr Constantin.

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