… gefällt mir eigentlich alles muß ich sagen. Zuallererst mag ich das Haus und seine Geschichte. Als eines der ältesten Parfumhäuser Frankreichs besteht es bereits seit 1798 und produzierte fleißig bis ins 20. Jahrhundert hinein Düfte, bis es eine Flaute erlebt und 1984 an das Haus Mülhens, ein ebenfalls altes Traditionsunternehmen verkauft wird. Mülhens wiederum geht bald in die Wella-Gruppe ein, ein riesiges Firmenkonglomerat und wie es so ist – dieses entschließt sich 1999 dazu, kein Geld mehr in das vor sich hin existierende (oder besser: vegetierende) Haus zu investieren, was dem Todesstoß für Lubin gleichgekommen wäre.
Damit hat man wenig Geist für Geschichte sowie Sinn und Wertschätzung für Kulturgut bewiesen – die hatte allerdings ein anderer: Gilles Thévenin, ehemaliger Guerlain-Manager und damaliger Rochas-Marketingleiter (Rochas gehört zu Wella). Thévenin kann Lubin nicht sterben lassen und kauft kurzerhand das Haus Lubin aus der Wella-Gruppe heraus auf – mittels seines Privatvermögens und einen ehrgeizigen Plan verfolgend: Dem altehrwürdigen geschichtsträchtigen Unternehmen wieder neuen Lebensatem einzuhauchen und an die glanzvollen ruhmreichen Zeiten von damals anzuknüpfen, in denen Lubin einer der leuchtendsten Sterne am Parfumhimmel Frankreichs war.
Thévenin hatte Glück: Das ebenfalls althergebrachte Haus Mülhens hatte einen Sinn für Geschichte und man hatte das gesamte Archiv Lubins dort eingelagert, das somit von Thévenin unangetastet mit übernommen werden konnte und es ihm ermöglichte, etliche der alten Klassiker neu aufzulegen.
Ich kann es im übrigen nur jedem empfehlen, sich einmal die Düfte des Hauses näher anzusehen. Ich habe sie mir eines Tages mal alle zusammen zur Brust genommen und näher angeschaut und war als alter Caron-Fan ziemlich entzückt: Klassische französische Parfumeurskunst, traditionsreich und handwerklich perfekt. Sie mögen sich zum Teil erst auf den zweiten Blick erschließen (Gin Fizz, Le Vetiver, L’Eau Neuve) oder ein wenig gestrig wirken – es handelt sich hierbei aber um wirklich zeitlos schöne Düfte, die, allen voran der wunderbare Nuit de Longchamps von 1934 es wirklich verdient haben, vor der Vergessenheit bewahrt und wieder aufgelegt zu werden.
Kommen wir aber zu Idole. Benannt nach dem gleichnamigen Duft Lubins von 1962 und gedacht als Hommage, symbolisierte Idole als vollkommen neu geschaffener Duft die Renaissance des Hauses. Inspiration und Motiv von Idole waren die Reisen Thévenins, der als Jugendlicher einige Jahre auf Java lebte und die West Indies sowie das chinesische Meer bereiste – vornehmlich auch und gerne mit alten traditionellen hölzernen Segelbooten, die Gewürze, Holz und Fisch transportierten. Die Seeleute und deren Schiffe erinnerten ihn an das Nomadenvolk derjenigen Seefahrer, die jahrhundertelang die Gewürzroute entlang segelten und ihre Fracht des öfteren gegen Piratenangriffe verteidigen mußten.
Diese Impressionen sollten mit Lubin olfaktorisch zum Ausdruck gebracht werden – und zwar von Olivia Giacobetti, der Vorzeigeparfumeurin aus Italien, die dem geneigten Blogleser und/oder Parfumfan durchaus ein Begriff sein dürfte.
Giacobetti hat ganze Arbeit geleistet würde ich sagen – aber zuerst einmal die Ingredienzen, die da wären: Kopfnote: Bitterorangenschale, Zuckerrohr; Herznote: Rum, Safran, schwarzer Kümmel; Basisnote: Sandelholz, geräuchertes Ebenholz, Weihrauch.
Giacobettis Spezialität sind die eher sanfteren Töne, oftmals ätherisch anmutende Düfte leichterer tranparenterer Natur. Die für sie typische Handschrift hat sie allerdings auch mit Idole umgesetzt, in sehr reizvoller Art und Weise: Thévenins Impression alter Frachtsegelschiffe, die verheißungsvolle fremde Länder und exotische Häfen ansteuern samt ihrer Gewürzladungen finden sich in Idole zu 100 % wieder – nicht ohne auf Jack Sparrow zu verzichten. Seeräubergarn ist nämlich ebenfalls präsent in diesem Düftchen: Es läßt mich beständig an den Fluch der Karibik denken und Johnny Depp und an Hook und Peter Pan.
Idole startet mit Bitterorange, geraspelte Schale um ganz genau zu sein, und offenbart alsbald sein ganzes Repertoire: Zuckriges gesellt sich zu den Gew?rzen, welche angereichert sind mit einer ordentlichen Portion fruchtigem Rum, noch in seinem Fässchen verblieben, dem alten. An von den Gezeiten und der sengenden Sonne verwitterte Segelboote erinnert mich das, deren Holz die Gerüche vergangener Gewürzladungen und rauschender feucht-fröhlicher Feste aufgesogen hat. Dank Giacobetti ist Idole allerdings nicht zu schwer geraten sondern ein beschwingt-beschwipster Duft, der seinen Träger mit einer holzig-süßen Wärme einzuhüllen vermag und, es mag vielleicht bei den Zutaten verwundern, tatsächlich ein ziemlich vielseitig einsetzbarer Duft ist: Ich trage Idole eigentlich fast ganzjährig – den (Hoch)Sommer jetzt mal ausgenommen. Darüber hinaus ist er für beide Geschlechter gleichermaßen tragbar.
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
Ich bin zwar kein Flakonsammler und es ist mir reichlich gleich, in welchen Lumpen ein wirklich anbetungswürdiger Duft daherkommt, aber Idoles Flakon verdient trotzdem eine Erwähnung: Designt wurde er von Serge Mansau, dem wahrscheinlich einflussreichsten und besten Flakondesigner unserer Zeit. Die Flasche ist dem Segel der Feluccas nachempfunden, der traditionellen Segelschiffe des Roten Meeres, während die Verschlußkappe eine Nachbildung einer typischen afrikanischen Stammesmaske darstellt.
Sollte ich ihn mit etwas vergleichen schließe ich mich den Forenmeinungen an und werfe Donna Karans kongenialen Chaos in die Runde, allerdings – der „alte“. Die reformulierte neue Variante wurde entschärft und reicht längst nicht an das leider vergriffene Original heran. In diversen Blogs und Foren wurde die Haltbarkeit von Idole bemängelt – ein typisches Giacobetti-Problem, scheinen doch einige ihrer Düfte bei vielen nicht so wahnsinnig langanhaltend zu sein. Bei Idole lohnt sich mehrmaliges Testen: Ich selbst fand den Duft damals beim ersten Test wahnsinnig schön, er entpuppte sich aber auch als nicht sehr langlebig auf meiner Haut. Die Probe neigte sich dem Ende nach einigen Tagen und Idole geriet bei mir einige Zeit in Vergessenheit, bis ich ihn nach ein paar Monaten erneut zum Testen in die Finger bekam. Und siehe da, welch Wunder – mittlerweile hält er. Und zwar ziemlich gut. Keine Ahnung, was meine Haut und/oder meine Hormone in der Zwischenzeit gemacht haben – ich freue mich darüber 😉
Einen schönen Tag Euch, viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Eure Ulrike
Schreibe den ersten Kommentar