ist die schönste Freude, sagt der Volksmund. Und – ich freue mich oder besser: ich freute mich, sehr sogar. Ab dem Zeitpunkt, seitdem ich wußte, daß wir sie nun endlich definitiv in unseren Shop bekommen: Die BYREDO-Kollektion, bestehend aus momentan neun Düften und zehn Kerzen (die uns der werte Constantin gestern hier vorgestellt hat).
Ich habe schon einige Male hier im Blog von Byredo geschwärmt – eigentlich in jeder der bisherigen Rezensionen, namentlich Rose Noir und Fantastic Man, sowie in der Ankündigung zu Baudelaire, Byredos neuestem Duft. Für mich ist die Firma meine persönliche Entdeckung des Jahres 2009 und ich knete schon seit einigen Wochen mein Portemonnaie, da ich – für meine Verhältnisse doch eher ungewöhnlich – zum weiteren Fortbestand und zur Sicherstellung meines Seelenheils mindestens drei Düfte aus der Kollektion brauche, mindestens… Und ich spreche hier nicht von einem reinen Bedürfnis, nein, nein, echter Bedarf ist angesagt.
Der fantastische Mann wird es auf jeden Fall sein, der bei mir einziehen wird – in olfaktorischer Version natürlich. Und die Rose Noir. Das war jetzt nicht so schwer, habe ich diese beiden Düfte auch als erstes vorgestellt. Die restliche Kollektion mag ich Euch aber, da sie jetzt endlich bei uns angekommen und somit erhältlich ist, nicht vorenthalten. Nachdem ich nun auch ausnahmslos jeden Duft testen konnte, mag ich Euch meine Eindrücke gleich weitergeben – deshalb, diese Woche, die Byredo-Woche.
Beginnen möchte ich mit Pulp. Wie soll ich sagen, und was? Pulp ist – ein echter Kracher. Aber fangen wir zuerst einmal an mit den Ingredienzen an: Kopfnote: Bergamotte, Kardamom, schwarze Johannisbeere; Herznote: Feige, Apfel, Tiaréblüte; Basisnote: Zedernholz, Praliné, Pfirsichblüten.
Hören wir auf Herrn Gorham ist Pulp eine Zusammenstellung, ein Stillleben exotischer Früchte mit schwedischen Einflüssen, vereint zu einem internationalen Fruchtkorb: „ A dramatic composition focused on the idea of ripe, sweet, shapeless mass of fruit, an unruly and intense savor.“ Und, in der Tat, dramatisch ist Pulp, hochdramatisch. Eine reife, formlose Masse an Früchten – daher der Name, der auf Konfitüre hindeutet – die einen intensiven Geschmack hervorbringt, der gleichzeitig unruly ist. Unruly hat nun einige Bedeutungen, auf Pulp treffen fast alle zu: Unbändig, aber auch widerspenstig, ungebärdig.
Ich fasse mal zusammen: Der Auftakt gleicht bereits einer Naturgewalt: Bitter-herbe Fruchtnoten in einer Dominanz und Präsenz, wie man sie selten erlebt. Bergamotte von ihrer zitrischsten Seite sowie dunkelste schwarze Johannisbeere mitsamt all ihrer Säuerlichkeit, mächtige grüne Feige und prominente Apfelnoten. Mir fällt kein einziger vergleichbarer Duft ein, der diese (Frucht)Intensität in ähnlicher Weise verkörpern würde. Allenfalls, vielleicht – Humiecki & Graefs Multiple Rouge mit seinen Beerennoten, die, so sehr zugespitzt, schon fast weh tun. Auch bei Pulp hat jemand deutlich am Verstärker gespielt – aber: Pulp ist nichtsdestotrotz durchaus sehr tragbar (und tragbarer als Multiple Rouge), wenn auch: mutig. Tatsächlich wird Pulp im Duftverlauf etwas gemächlicher, gelassener. Zeder kühlt ein wenig ab und einige florale Noten (die ich nicht unbedingt als Pfirischblüte und Tiaré identifizieren hätte können) mildern die nach wie vor noch vorhandene Frucht(bombe) etwas ab und es treten für diesen Duft sonderbar cremig-süße Gourmandnoten verhalten zutage.
Ich muß gestehen, ich – und ich nehme an, ich kann auch man sagen – rieche selten ähnlich außergewöhnliche Düfte wie Pulp. Mich erinnert Pulp an die Kunst David La Chapelles: Grell und farbenfroh, irgendwie nah am Limit und fast etwas überzogen, aber auf eine Art und Weise vollkommen faszinierend. Muß man Pulp mögen? Nein. Aber testen muß man ihn trotzdem. Und – ja, ich mag Pulp als auch LaChapelle.
Als passend empfinde ich für Pulp obiges LaChapelle-Foto von Angelina Jolie, genannt „Poppy Field (Lusty Spring)“ von 2001.
Blanche nun, der nächste Duft, ist ein ganz anderes Kaliber. Die Ingredienzen: Kopfnote: Rosenöl (Rose Attar), rosa Pfeffer, Aldehyde; Herznote: Veilchen, Orangenblüte, Pfingstrose; Basisnote: Hölzer, Sandelholz, Moschus.
Assoziationen zur Farbe weiß hatte Gorham bei diesem Duft im Kopf und seine Impression mutet für einen stilsicheren tätowierten Trendsetter und Designer erstaunlich – einfach an, ungewöhnlich gewöhnlich. Aber genau in diesen kleinen Momenten liegt eben auch viel Reiz verborgen, die kleinen Momente sind es, die das Leben… aber ich möchte nicht philosophieren 😉 Gorham verbindet mit Blanche einen beginnenden Tag, an dem das Sonnenlicht die noch morgenfrische Luft durchdringt, genauso wie es sich seinen Weg durch die weißen Leinenvorhänge ins Zimmer bahnt, helle Streifen auf dem Dielenboden hinterlassend und „ihr“ auf die weiße Schulter scheinend, ihre Wange zärtlich streifend und ihre Silhouette erleuchtend. Von ferne ist Kinderlachen zu hören aus einem anderen Raum. Ein neuer Tag beginnt und alles liegt noch vor uns. – Ist er nicht ein Romantiker, der Herr Gorham?
Auf jeden Fall trifft Blanche den Nagel auf den Kopf: Wer einen Duft gesucht hat, nach frischer Wäsche, nach Leinen, sonnengetränktem, unschuldig-weiß und morgendlich frisch – Blanche riecht genau so. Und meines Erachtens nach besser und authentischer als die typischen Clean-Düfte, wobei ich eine gewisse Ähnlichkeit zu dem klassischen The Laundry-Duft der gleichnamigen Produkte zu erkennen meine.
Für heute schließe ich nun – die nächsten Tage folgen die restlichen Byredo-Rezensionen von Gypsy Water, Bal d’Afrique, Green und Chembur.
Kennt Ihr denn Pulp und Blanche schon?
Liebe Grüße und einen schönen Tag Euch,
Eure Ulrike.
Der Vergleich Pulp / Multiple Rouge ist gut gewählt – hinkt aber an einer Stelle: Wo Multiple Rouge fast ins Grelle, Synthetische abgleitet, ist Pulp zwar „larger than life“, glasklar und gestochen scharf, bleibt aber immer noch natürlich. Ein sensationeller Duft und für mich einer der besten von Byredo. Zumal er so einzigartig ist, dass ich auf Anhieb nichts vergleichbares nennen könnte.
Blanche ist dagegen nicht mein Ding – ich bin aber auch kein erklärter Freund von „Sauberdüften“. Jedenfalls stimme ich Dir zu, dass er besser gemacht ist als die genannte Clean-Wäschefraktion. Irgendwie erinnert er mich entfernt an einen der alten Jil Sander-Düfte – war es der weisse ?
Auf die Rezension von Gipsy Water bin ich auch sehr gespannt – der ist für mich ein weiteres absolutes Highlight der Byredo – Serie!
LG, fredi