Acqua di Biella bescherten uns letztes Jahr ihre neue Linie „Le Vie della Lana“, wörtlich übersetzt in etwa „Die Straße der Wolle“, die ihren Auftakt mit Cashmere Twill fand. Nun folgt der zweite Duft – Kid Mohair.
Bereits bei der Einführung des ersten Duftes war ich neugierig – einerseits, da ich Acqua di Biella sehr schätze (vor allem die Düfte Baraja und Bursch) und zweitens, da ich das Wollthema im olfaktorischen Bereich außerordentlich spannend finde. Jenes ist bei mir äußerst positiv belegt, vermutlich, weil Kaschmirstricker Fissore mit seinen ersten beiden Signaturedüften mir so sehr zusagte.
Nun – Cashmere Twill hat(te) damals bei mir auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Meine „alte“ Rezension ist hier nachzulesen. Ich habe mir aber heute nochmals die Mühe gemacht, diesen Eindruck aufzufrischen und trage gerade für Euch parallel sowohl Cashmere Twill als auch Kid Mohair.
Meine Cashmere Twill-Erinnerung bleibt bestehen: Ein sehr schöner, natürlicher Kuschel-Sauber-Duft mit einem kurzen Hesperidenfrischekick im Auftakt und einer fruchtig-säuerlichen, wunderbaren Himbeernote, die sich auf meiner Haut sehr lange hält.
Auf Basis der Kenntnis von Cashmere Twill stellt sich natürlich bei mir vorab bereits eine Erwartungshaltung ein: Ich erwarte von Kid Mohair, daß er ebenfalls ein Kuschelkandidat ist, daß er mehr Aura ist als Parfum, daß er mehr Umgebendes als den Träger tragendes ist. Schauen wir mal, ob sich das bestätigt. Zuerst einmal die Ingredienzen: Kopfnote: Mango, Mandarine; Herznote: bulgarische Rose, Osmanthus, rosa Pfeffer; Basisnote: Ambra, Moschus, Patchouli.
Namenspate für Kid Mohair war die gleichnamige Wolle, die von jungen Angora-/Mohairziegen stammt und, wie Kaschmirwolle ebenfalls, der Kategorie der Edelwolle zuzurechnen ist. Chiara Cantono, die das Familienunternehmen Acqua di Biella in vierter Generation leitet, widmete diesen Duft ihrer Großmutter Maria Rivetti, einer Dame mit hoher Sensibilität und enormem Charisma, die Nachfahrin einer der berühmtesten und größten italienischen Wolldynastien des 19. Jahrhunderts war. Inspiriert wurde Kid Mohair allerdings von Audrey Hepburn – jener rehäugigen Hollywoodschönheit der 50er Jahre. Soviel erstmal zum Hintergrund.
Frisch aufgesprüht präsentiert sich sogleich opulent fruchtig süß-reife Mango samt satt-saftiger Mandarine. Jedoch mogelt sich sofort weitere Wärme mit hinein: Auf meiner Haut greift die Basis vor, es drängt sich weich-kuscheliger und leicht ambrierter Moschus ins Bild, der stetig den Duftverlauf begleitet und gegen später an Intensität gewinnt. Osmanthus ist im Herzen wahrnehmbar als – wie so oft – pfirsichähnlicher Akzent, garniert mit einem Hauch frisch-zitroniger Rose.
Ich persönlich kann die Audrey Hepburn-Assoziation recht gut nachvollziehen und darüber hinaus meine Erwartungshaltung nur bejahen: Kid Mohair ist ein feiner Moschus mit einer sensibel umgesetzten (aber nicht zu unterschätzenden!) Frucht- und Moschussüße: Zart, feminin, anschmiegsam sowie behaglich und – sinnlich. Sinnlich eben aber nicht in der Art, wie es eine Marlene Dietrich vermochte zu sein oder eine Jayne Mansfield, auch nicht sinnlich wie Rita Hayworth. Sondern eben unschuldig-sinnlich wie Audrey.
Mal wieder hatte ich den Eindruck, mich an etwas erinnert zu fühlen – nach längerer Überlegung kam ich endlich darauf: Die Moschusnote in Kid Mohair erinnert mich sehr an das wunderschöne rare Kleinod All that matters von Anamor – den definitiv einzigen Moschusduft, den ich besitze. Für all jene, die Anamor nicht kennen: Ein stiller, leider Moschus, kuschelweich skinnig und reinweiß, zuckrig-süß ohne jegliche Klebetendenz. Darüber hinaus kam mir eine lichte Assoziation mit Parfum pour toi von The Pink Room: Ich finde die beiden Düfte weisen von der Art her eine ferne Ähnlichkeit auf, allerdings ist Parfum pour toi entschlossener, rauchiger, ein bißchen erotischer. Nachdem sich mir aber damals schon beim Testen Audrey gedanklich aufdrängte würde ich sagen: Kid Mohair für tagsüber, Parfum pour toi für abends.
Was meint ihr? Und wie gefällt er Euch?
Liebe Grüße,
Ulrike.
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