Washington Tremletts Clove Absolute und die Erinnerung an eine ganz große Liebe…

Ich bin, das will ich gleich vorwegnehmen, kein wirklicher Fan von Gewürznelke(n)– zumindest nicht in Parfums. Nicht, daß mich diese sofort in die Flucht schlagen würden, nein,  – aber eine heiße Liebe war bisher noch nicht dabei… oder doch?

Vielleicht ist ja alles dieser einen, für mich absolut traumatischen Erfahrung geschuldet, die ich relativ am Anfang meiner Nischenduftleidenschaft machen mußte. Ich war – innigst verliebt. Mein dritter Nischenduft, für mich eine Offenbarung: Carons Coup de Fouet, der Peitschenhieb, 1954 kreiert von Michel Morsetti. Was habe ich diesen Duft geliebt… und habe gleich etliche Freundinnen damit angesteckt… Irgendwann kam dann der Moment des Erwachens: Meine erste Flasche dieses Kleinods, das mittlerweile fast ausschließlich direkt in den Caron-Boutiquen zu haben ist, da der Duft zu den sogenannten „Urnendüften“ gehört, war – gekippt. Und zwar auf eine so wunderbare und leider einzigartige, weil unnachahmliche Art und Weise, daß Proben von ihm gleich einige Freundinnen ebenfalls zum Kauf animiert hatte, die mich dann auf die Diskrepanz zwischen „echtem“ Coup de Fouet, Poivre (der Parfum-Variante von Coup de Fouet, die nochmals einen Tick anders riecht) und meinem Exemplar aufmerksam machten.

„Mein“ Coup de Fouet war teuflisch pfeffrig im Auftakt und trug im Herzen mir bis dato vollkommen unbekannt wunderschöne Ledernoten, die mir in dieser Form nie wieder unter die Nase gekommen sind und die für eine beginnende Ledervorliebe verantwortlich waren, wie sich später zeigte. Nun, die Nelke war in meiner Variante auch präsent, aber fein und subtil im Hintergrund mitschwingend. Umso größer war meine Enttäuschung ob des „wirklichen“ Coup de Fouets: Nicht, daß der Duft selbst eine Enttäuschung wäre oder ist – er ist wunderbar und zu recht ein Klassiker. Aber – Coup de Fouet ist eben ein Nelkenduft mit einer vor allem in der Kopfnote äußerst präsenten Nelke. Und ebendiese hatte ich dort nicht erwartet.

Mittlerweile habe ich mich mit dem wahren Coup de Fouet versöhnt. Ich nenne auch Poivre mein Eigen und habe jegliche Pläne, einzelne Abfüllungen meines Coup de Fouets Temperaturschwankungen oder ähnlichen Außeneinwirkungen auszusetzen um eventuell ein positives Kippen herauszukitzeln ebenfalls ad acta gelegt.

Aber – Coup de Fouet ist bisher meine einzige Gewürznelke geblieben und ich trage den Duft zwar gerne, aber nur äußerst dosiert.

Washington Tremlett - Clove Absolute

Mit Clove Absolute könnte sich das vielleicht tatsächlich ändern. Ich mochte vor allem Washington Tremletts erste Düfte sowie den Royal Heroes 1805. Die letzten beiden Düfte, Neroli Absolute und Iris Absolute, waren zwar unbestritten schön, mir als Liebhaberin „derberer“ Geschichten aber doch ein wenig zu mmmh, feminin und gefällig.

Clove Absolute hingegen ist für mich eine echte Überraschung. Bin ich bei Nelken immer etwas stutzig und hege schnell die Befürchtung, einen allzu madamigen Duft vorzufinden, ist Clove Absolute eigentlich das genaue Gegenteil. Zuerst einmal aber die Ingredienzen: Kopfnote: Limette;
Herznote: Heliotrop, Rose, Gewürznelke; Basisnote: Patchouli, Vanille, Labdanum (Zistrose), Moschus, Weihrauch.

Die Kopf- und Herznote von Clove Absolute läßt einem das Wasser im Munde zusammenlaufen, so gourmandig-trockensüß kommt sie daher: Leckerster Lebkuchen mit einem Spritzer Limette und zarten Rosennuancen. Die Basis offeriert honiglikörigen Patchouli nebst feinwürziger Vanille, Labdanum sowie dezent pudrigem, weißzuckrigem Moschus, garniert mit einem kaum wahrnehmbaren Hauch Weihrauch. Und die Nelke reduziert im Duftverlauf ihre Pfeffrigkeit zugunsten der ihr typischen zurückhaltenden seifigen Note.

Hier kommen nicht nur ausgewiesene Nelkenfreunde auf ihre Kosten. In seiner Machart hat mich Clove Absolute sehr an die Düfte Lorenzo Villoresis erinnert – Fans der gewürzigen Düfte Villoresis sollten auf jeden Falle mal schnuppern. Und diejenigen, die noch gen Weihnachten einen schönen, femininen trockenen Gourmand-Gewürzduft suchen sowieso.

Liebe Grüße,

Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

6 Kommentare

  1. Almut
    1. Oktober 2009
    Antworten

    hmmm, klingt das verführerisch. hat der duft denn kleine ähnlichkeiten mit garofano von villoresi?

    klingt jedenfalls unbedingt nach testenmuss. sehr schön geschrieben, liebe uli!

  2. Ulrike
    1. Oktober 2009
    Antworten

    Hallo liebe Almut,

    Vielen Dank für das Kompliment 🙂
    Ja, es ist auch durchaus verführerisch das Düftchen 😉
    Ich habe auf deine Frage hin gerade beide nochmals parallel auf der Haut getestet. Für mich sind sie doch sehr unterschiedlich und ich sehe keine großen Gemeinsamkeiten.

    Garofano ist für einen Villoresi m.e.n. noch eher „leicht“, die Nelke ist in diesem Duft sehr seifig-würzig, in dieser typischen Gewürznelkenausprägung.

    Clove Absolute hat zwar auch einen Touch Seifigkeit, ist aber in allererster linie pfeffrig-gewürzig-pudrig und – trocken, obgleich natürlich auch süß und warm. Deshalb hat Clove Absolute für mich auch VOM CHARAKTER HER die besagte Ähnlichkeit mit den (ge)würzigen Düften Villoresis (wie z.B. Spezie, Piper Nigrum). Mich erinnert, wenn Du so willst, die Struktur an die Villoresis.

    Hoffe, ich konnte ein wenig helfen aber ich nehme an, Du testest eh 😉

    Liebe Grüße, die Uli.

  3. Petra
    1. Oktober 2009
    Antworten

    Uli, nun bin ich aber doch neugierig. Der „Donna“ von Villoresi hat ja auch diese sehr deutliche Gewürznelke. Könntest Du die beiden mal vergleichen? Mir gefällt der Donna im Winter sehr, hätte es aber gerne eine Spur weniger nelkig – oder anders gesagt: etwas weicher und ausgewogener.
    Danke und lg, Petra

  4. Ulrike
    1. Oktober 2009
    Antworten

    Hallo liebe Petra,

    Donna ist wesentlich parfümiger und als Clove Absolute und ganz ausgesprochen weiblich. Ich rieche die Nelke in Donna auch, die in Verbindung mit einer sehr dominanten Rose und einem zitrischen Hauch daherkommt.

    Clove Absolute legt (mehr) Wert auf die gourmandig-(ge)würzige Interpretation der Nelke. Er ist ein bißchen foody, warm, weich und auch nicht merklich floral, obgleich man die Rose im Hintergrund ahnt. Ich denke, Clove Absolute ist ein perfekter Winterduft und ja, ich persönlich, halte ihn für einfacher tragbar als den Donna – man muß seine Richtung aber auch mögen. Und: Die beiden Düfte sind von ihrer Aussage her schon sehr unterschiedlich.

    Liebe Grüße, die Uli.

  5. Christiane
    11. April 2010
    Antworten

    Bei meiner letzten Probenbestellung habe ich auch Clove geordert, um den ich schon eine Weile schleiche. Hmh, sehr sehr schön, würzig, holzig, trocken und dennoch frisch… Ein Traum. Ein Glück, dass es auf den Frühling/Sommer zugeht bzw. angeblich zugehen soll – heute siehts es ja nicht so aus da draußen (aber ein Sonntag im Bett mit Kaffee, Katze, Krimi – meine drei Ks – ist auch o. k.)… So kann ich die grauen Tagen mit dem Pröbchen verschönern und für die „Suchtpackungsgröße (Abgabe nur an Kliniken/Anstalten)“ bis zum Herbst sparen.
    Liebe Grüße
    Christiane

    • Ulrike
      12. April 2010
      Antworten

      … bis wieder Herbst ist bleibt noch ein bißchen Zeit 😉

      Liebe Grüße zurück – die Uli.

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