Bedeutungsschwanger präsentieren sich die beiden, von mir bereits letzte Woche angekündigten neuen Düfte von Parfum d’Empire, 3 Fleurs und Wazamba: Ersterer gemahnt der Liebe in all ihren Spielarten, letzterer dem Weihrauch als verehrtem Traditionsrauchwerk.
Aber widmen wir uns zuerst Wazamba, dessen Ingredienzen folgende sind: Kopfnote: Weihrauch, Zypresse, Apfel, Aldeyhde; Herznote: Weihrauch, Myrrhe, Pflaume; Basisnote: Weihrauchharz, Opoponax, Sandelholz, Farn.
Weihrauch und Koniferen – diese Kombination ist momentan gar nicht so selten, hat doch gerade auch Serge Lutens mit Fille en Aiguilles einen von den Zutaten her ähnlich klingenden Duft in seiner Exportlinie lanciert.
Der Vergleich scheint mir an dieser Stelle angebracht, da häufig im Internet die Meinung kursiert, Parfum d’Empires Kopf und Parfumeur Corticchiato hätte sich mit einigen seiner Düfte an Lutens orientiert – hier wird vor allem Cuir Ottoman mit Lutens‘ Cuir Mauresque sowie Ambre Russe mit Lutens‘ Ambre Sultan verglichen.
Ich habe alle diese Düfte und kenne beide Linien gut genug um für mich sagen zu können, daß ich eigentlich keine allzu großen Ähnlichkeiten feststellen kann. Daß bisweilen, genau wie in vielen anderen Bereichen wie der Literatur, dem Film, der Architektur, der Mode und anderen bestimmte Motive und somit auch Inspirationsquellen en vogue sind, ist ja nichts Neues und sorgt eben ab und an für einen Überschwang an Produkten, die sich einer ähnlichen Thematik verpflichtet sehen, wie man momentan auf dem Parfummarkt zum Beispiel an der Oud-Inflation sehen kann. Das muß ja per se noch nichts schlechtes verheißen, eher im Gegenteil – so zumindest meiner Meinung nach.
Im Falle von Wazamba und Fille en Aiguilles ist es meines Erachtens nach durchaus lohnenswert, beide Düftchen einem Test zu unterziehen, da sie doch ganz unterschiedliche Ausprägungen haben. Beide trennen jedoch in jedem Falle (olfaktorische) Welten von Omas Fichtennadelschaumbad – das sei nur am Rande erwähnt für diejenigen, denen Koniferen in Düften bisher suspekt waren 😉
Lutens‘ Fille en Aiguilles zeigt sich schon im Namen doppeldeutig: das Mädchen auf „Nadeln“ könnte ein be-High-Heeltes Society-Girl sein genauso wie eine Frau in der Natur, die auf hippiesken Pfaden wandelnd barfuß durch einen von der Sonne erwärmten Pinienwald streift.
Fille en Aiguilles, dessen Zutaten Pinie(nnadeln) und Weihrauch nebst Lorbeer, Gewürze, Früchte und Vetiver sind, ist endlich mal wieder ein kontroverser Lutens in der Exportlinie. Nachdem mich die Düfte der letzten Jahre (Nuit de Cellophane, Serge Noire, Five O’Clock au Gingembre und so weiter) leider eher kalt ließen, da sie für mich im Vergleich mit seinen früheren Werken (ich denke da zum Beispiel an Ambre Sultan oder Arabie, aus der Pariser Linie an Chergui oder Borneo 1834) zu – nennen wir es mal: konform waren, freut es mich nun außerordentlich, mal wieder einen kantigeren Serge unter die Nase zu bekommen.
Fille en Aiguilles rückt satt dunkelgrüne Pinien in den Vordergrund, die harzig-likörig besagte Koniferen fast beschwipst wirken lassen. Dazu gesellen sich Früchte, prall und reif und teils kandiert anmutend samt einer herben Würze und einem Hauch Weihrauch.
Wazamba, von dem ich jetzt abgeschweift bin, ist für mich eindeutig weihrauchlastiger – und nicht nur das… Der Name, das hatte ich bereits erwähnt, stammt wohl von einem westafrikanischen Musikinstrument, einem Schlaginstrument, welches dort vornehmlich anlässlich von Stammesritualen gespielt wird. Die Assoziation Weihrauch und Stammesrituale liegt nahe, ist der Weihrauch, dessen tausend Gesichtern und Facetten Wazamba gewidmet ist, historisch betrachtet transkulturell schon immer für religiöse Kulthandlungen, Reinigungen und ähnliches verwendet worden – so auch geschehen bei den alten Römern und den Ägyptern, die ihn als den „Schweiß Gottes“ bezeichneten.
Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was für eine Art Instrument Wazamba nun genau ist – auf jeden Fall kann ich es mir als eine Art hypnotisches und rhythmisches vorstellen, das eine durchdringende Präsenz hat ohne allzu vordergründig zu sein. Genauso präsentiert sich nämlich auch der dazugehörige Duft: Der Auftakt ist sehr fruchtig, die Apfelnoten sind deutlich wahrzunehmen, meiner Nase nach leuchtend grüner, leicht säuerlicher Apfel gleich einem Granny Smith. Der Weihrauch läßt nicht lange auf sich warten und präsentiert sich am Anfang eher rauchig-schwelend, um dann später sanfter zu werden. In Kopf und Herz des Duftes dominiert darüber hinaus neben Weihrauch und fruchtigen Noten nebst Apfel die Zypresse. Myrrhe ist dezent vorhanden, die Pflaumennoten erschließen sich mir sowohl auf der Haut als auch auf dem Teststreifen nicht. Die Basis ist harzig-holzig: Zur Ruhe gekommener Weihrauch samt Sandelholz und Opoponax sorgen für eine kontemplative Atmosphäre, in die noch von fern ein Hauch Fruchtigkeit herüberweht.
Im Gegensatz zu Fille en Aiguilles ist Wazamba, obgleich ebenfalls mit deutlicher Koniferenpräsenz, weihrauchzentrierter. Wazambas Fruchtnoten sind nicht süß, weder likörig noch kandiert, sondern frisch und erzeugen so eine flirrende Spannung innerhalb des Duftes, die ich ansonsten bei Weihrauchdüften nur – allerdings in deutlich extremerer Variante – in Etros Messe de Minuit vorgefunden habe. Jedoch ist Wazamba deutlich harmonischer als die Mitternachtsmesse und, alles in allem, im Vergleich mit dem Lutenschen Mädchen der tragbarere Duft von beiden.
3 Fleurs, der Duft für die Liebenden, vielleicht auch von einem Liebenden? Ich möchte gar nicht näher auf diese Thematik eingehen, aber überrascht hat mich der Duft schon, möchte er sich doch auf den ersten Blick gar nicht in die ansonsten doch kantig(er)e Kollektion von Parfum d’Empire einfügen: Ein Blütenbouquet rund um Rose, Jasmin Tuberose, den drei Blüten, die stellvertretende Sinnbilder für die unterschiedlichen Spielarten der Liebe sind – Rose für die leidenschaftliche Liebe, Jasmin für die romantische Liebe und Tuberose für die verbotene Liebe. Ein Blumenstrauß von Parfum d’Empire? Ja, warum denn nicht. Und weil Herr Corticchiato Herr Corticchiato ist – ob nun verliebt oder nicht – , ist dieses Intermezzo, dieser Ausflug in blühende Gefilde natürlich weder girliesk noch madamig sondern opulent und voller strotzender Sinnlichkeit. Ein voluminöses ausladendes Blütengebinde mit zarter Minzfrische und einer cremigen, weich-pudrigen Basis von weißem Moschus. Ein solch stolzer Blumenreigen hatte in der Kollektion tatsächlich noch gefällt – et voilà, hier ist er 😉
Einen schönen Tag noch und liebe Grüße,
Ulrike.
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