Ich stand letzte Woche in der U-Bahn morgens neben einer Frau, die mich nahezu magisch anzog. Ihr Haar duftete nach einem ganz exquisiten Parfum, und ich hätte sie am liebsten angesprochen. Einfach so. Weil sie mir sympathisch war… und ich hätte mir wahrscheinlich eine Ohrfeige eingehandelt, denn die Dame sah bei näherem Betrachten so gar nicht nach Plauderlaune aus, schon gar nicht mit einem Wildfremden. Ich mochte sie trotzdem.
Dieser Moment war für mich wieder einmal ein Beweis, dass uns Düfte manipulieren können. Sie helfen nach, in wen wir uns verlieben, und steuern sogar, wie gut wir uns konzentrieren können.
Kapitel I: Die Partnerwahl
Die Wirkung von Gerüchen war schon in der Antike bekannt. Kleopatra zum Beispiel ließ – zumindest der Legende nach – die Segel ihres Schiffes mit duftenden Ölen einsprühen, um Mark Anton zu becircen. Ob dieser Versuch sofort geklappt hat, ist nicht überliefert, aber der heutige Stand der Wissenschaft würde eher von solchen olfaktorischen Frontal-Angriffen abraten. Denn eine Studie der amerikanischen Universität Purdue hat herausgefunden, dass Männer für solche Stimulanzen zwar anfälliger sind als Frauen, sie reagieren aber auch heftiger darauf – und zwar manchmal eher negativ. In der Studie wurde die Wirkung von Parfums in Bewerbungsgesprächen getestet. Und siehe da: männliche Personaler stuften stark duftende Kandidatinnen als weniger gepflegt, weniger intelligent und unattraktiver ein. Weibliche Personal-Chefs reagierten dagegen exakt umgekehrt, sie bevorzugten Bewerber mit etwas mehr Eau de Toilette.
Aber was bedeutet das auf die Gesetze der Sexualität und Anziehungskraft übertragen? Müssen sich mittelmäßig attraktive Männer nur kräftig mit dem richtigen Duft besprühen, schon liegt die Damenwelt zu ihren Füßen? Wohl nicht ganz. Denn entscheidend für die Partnerwahl ist eigentlich vor allem der Eigengeruch. Dieser unverfälschte Duft, den jeder Mensch besitzt, außer dem unheimlichen „Grenouille“ in Süßkinds Roman „Das Parfum“. Der Körpergeruch hat nämlich eine enorm wichtige Funktion: Auslese! Denn Menschen mit ähnlichem Erbmaterial erkennen sich am Geruch. Evolutions-biologisch ist das so zu erklären, dass genetische Vielfalt erzeugt, und die Weitergabe krankhafter rezessiver Merkmale verhindert werden soll, Stichwort Inzucht. Das heißt, man sucht sich also meist einen Partner, der anders riecht als man selbst.
Aber was sagt uns das? Dass wir aufhören könnten, Parfums zu benutzen, und stattdessen intensiver am anderen Geschlecht herumschnüffeln sollen? Um Himmels willen, bloß nicht. Denn so wie die mürrische Dame in der U-Bahn spontan mein Herz erweicht hat, so funktioniert Parfum eben. Es weckt in uns Assoziationen, Erinnerungen und Emotionen. Und die können auch mal falsch sein, daneben liegen oder uns schlichtweg manipulieren. Deswegen ist es so wichtig, stets ein Parfum auszuwählen, das zur eigenen Persönlichkeit, vielleicht auch zu Stimmung, Tageszeit und zum Anlass passt. Denn ein Parfum soll uns nicht verkleiden, sondern unseren Charakter, unsere Eigenschaften betonen. Nur dann kann ich davon ausgehen, dass jemand, dessen Parfum ich mag, wahrscheinlich auch sonst ganz gut zu mir passt.
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