Zweimal im Jahr, mindestens, verrutscht meine Parfumsammlung. Sie bedarf dann einer neuen Sortierung, weil sie sich größtenteils unterteilt in – jeder andere Duftliebhaber wird es sich denken –Frühjahr-/Sommer- und Herbst-/Winter-Düfte.
Heuer gelangt erstere Fraktion wieder in den Blickpunkt der Interesse, nachdem uns hier in Deutschland die ersten wirklich warmen, fast schon hochsommerlichen Tage beschert wurden. Die Freiluftgastro ruft, mindestens genauso laut wie die Wiese im Park, die Grillfeste mit Freunden, der Schrebergarten – mit dem man heute wieder voll im Trend liegt -, der Baggersee und ähnliche Lokalitäten.
Insofern bedarf auch das Duftsortiment einer Neujustierung, denn die Koordinaten sind neu gestellt und lauten: Sommer. Anläßlich dieser Gelegenheit würde es sich dann aber auch anbieten, ein wenig auszusortieren. So zumindest der fromme Plan, der mich eines nicht ganz so schönen und deshalb sehr gut zu häuslichen Tätigkeiten geeigneten Tages letzte Woche an mein Duftbuffet trieb.
Ich möchte nicht behaupten, daß ich die Ausmistekönigin par excellence bin. Auch bei Kleidung fällt mir dieses schon schwer. Allerdings verfahre ich hier mittlerweile nach dem Motto „Was die letzen zwei Jahre nicht das Licht der Welt oder besser: des Alltags erblickt hat, kann weg“ – funktioniert ganz gut, nicht immer, aber immer wieder.
Bei meinen Düften versagt dieser Kniff aber gänzlich, will sagen: er verkehrt sich eigentlich ins Gegenteil. Zuerst einmal wird die olfaktorische Wintergarderobe der Düfte verabschiedet: Jeder einzelne Duft wird, bevor er in sein Sommerlager verbannt wird, nochmals begutachtet, beschnuppert, bewertet. Auch und vor allem diejenigen Kandidaten, die schon lange nicht mehr an der Reihe, vielmehr: „am Hals“ waren.
Alsbald sammelt sich dann meist eine Reihe Parfums, Flasche an Flasche, meist von einer zarten Staubschicht überzogen, die, bevor sie geputzt und komplett aussortiert werden, natürlich nochmals auf der Haut getestet werden müssen – genau dieser Moment korrumpiert dann Mal um Mal aufs Neue meine Reduzierungsvorhaben und macht es mir unmöglich, mich zu trennen.
Wie könnte ich denn auch zum Beispiel auf Lutens’ Arabie verzichten – auch wenn es nur wenige Momente im Jahr sind, in denen ich das Bedürfnis habe, mich auf einen Gewürzmarkt in Marokko hinzusehnen, farbenfrohes pralles Leben zwischen kandierten Früchten, Datteln, Curry und wertvollen Hölzern, staubbedeckt, in der sengenden Sonne. Wie wäre es mir möglich, auf Histoire de Parfums 1740, den alten Marquis de Sade zu verzichten, dessen wollüstig-würziges Patchouli-Leder meine Nase kitzelt. Und warum nur kam Maitre Parfumeur et Gantiers Santal Noble diesen Winter nur so spärlich zum Einsatz? Dieses wundervoll komplexe Sandel-Wässerchen, daß eine atemberaubende Melange aus Tauers Wüstenduft meets L’Artisans Dzing meets Carons Coup de Fouet ohne Nelke meets Miller Harris’ Feuilles de Tabac meets Lutens’ Santal de Mysore darstellt – ein herrlich tiefes Sandelhölzchen mit einer feinen Wärme durch Ambra und Vanille, Würze und Tiefe durch Gewürze, Kaffee, Weihrauch und Patchouli.
Man ahnt es schon – schwelgend und neuentdeckend habe ich so den halben Nachmittag vertrödelt ohne mich schlußendlich von einem einzigen Fläschchen trennen zu können. Und habe darüberhinaus einige Neu- bzw. Wiederentdeckungen gemacht: Zum Beispiel die satte Feige von L’Artisan Parfumeur, Premier Figuier – die auf meiner Haut doch so viel schöner rauskommt, als ich sie in Erinnerung hatte. Mittelreif, garniert mit Blättern, dezenten (jawohl, weil grünen!) Kokosnoten und einem Hauch Sandelholz. Oder Houbigants anrührend sentimentales Quelques Fleurs – dieses wunderbare Blumenbouquet, das auch knapp 100 Jahre nach seiner Erschaffung noch nichts von seiner Anziehung verloren hat und zeitlos strahlend eine Reminiszenz an die 20er Jahre im Frühling darstellt.
Vielleicht ist das alles auch ganz gut so wie es ist. Die Düfte bleiben und ich bin glücklich. Was nicht heißt, daß nicht neue Begehrlichkeiten geweckt wurden… Der Sommer kommt und was noch fehlt… vielleicht ein weiterer Meerduft, eine schöne Mango oder doch noch ein paar Hesperiden…
Ich bin sicher, mir fällt schon etwas ein. Und Euch?
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Ulrike K.
Mein Liebling ist auch im Sommer das Wüstenwässerchen von Andy Tauer. Natürlich dann eher an einem Sommerabend, aber ich habe schon sehr viele Komplimente dafür bekommen. Ein Duft der zwei Komponenten in sich vereint: er ist sinnlich und durch die holzige Basis dennoch markant und nicht einer dieser Wischi Waschi Sommer Splashes.
Eure Bea
Ach liebe Ulrike, Du erzählst mir aus der Seele 😉 Ich muß meine Sommer- und Winterdüfte zwar nicht umräumen, da alle in einem großen Schrank wohnen, in dem es genug Platz für alle gibt, aber auch ich mache diese „Aktion“ ab und zu, da ich mir denke „es sind einfach zu viele – Du kannst den Einzelnen nicht genug würdigen. Gib was an jemanden weiter, der es zu schätzen weiß“. Dann schnüffel ich und vorbei ist´s mit den guten Vorsätzen. Ich kann mich nicht trennen – selbst wenn ich nur einmal im Jahr an dem Flakon schnuppere, bin ich doch so happy diese wundervollen olifaktorischen Schätze zu besitzen :-)))
LG, Petra
Hallo ihr zwei!
Jaja, die Düfte von Herrn Tauer sind schon etwas sehr besonderes – auch ich bekomme häufig Komplimente dafür und habe auch schon viele Damen und sogar einige Herren aus meinem Freundes-/Bekanntenkreis zu einem Kauf animieren können 😉
Was die Ausmistaktionen angeht bin ich froh, daß ich nicht die Einzige zu sein scheine, der eine Trennung so schwer fällt 😉 Ich habe tatsächlich Düfte wie z.B. den o.g. Arabie, für die es nur einen Tag im Jahr gibt, an diesem MUß es dann aber dieser Duft sein… so ist es wohl realistischer, ich schaue mich über kurz oder lang nach einem Anbau für mein Duftbuffet um 😉
Ganz liebe Grüße, Eure Ulrike.
aus einer tageslaune trug ich an einem perfekt-sonnigen tag patchouly und sandalo von etra im doppelpack auf. zwei mal wurde ich angefleht, den nahmen dieses „perfekten sommerduftes“ zu verraten. am besten ist es, jahreszeitenassoziazionen mal wegzulassen! p.s.: ich habe ein uraltes, etwas ranziges „mitzouko“ von guerlain. gut gereift wie ein spitzenwein. wer wagt, gewinnt…lg rebekka