Immer…

… wenn von Capri die Rede ist, muss ich an meine noch nicht furchtbar lang, aber immerhin doch schon einige Zeit zurückliegende Jugend denken: An anderer Stelle hatte ich Euch ja bereits einmal davon erzählt – ich war ein Waver, Grufti, Gothic oder wie auch immer man das nennen mag, siehe hier. Damals tanzte ich noch auf jedem Fest, war viel unterwegs, kreuz und quer durch die Republik und hatte natürlich einen entsprechend großen Bekanntenkreis. Dazu gehörten, na klar, auch etliche DJs, von denen meine zwei Lieblinge irgendwann einmal diesen Song auflegten, der mich damals als Freund von minimalistischem 80er-Sound sehr erfreute:

„Was kümmert mich, was morgen ist – heute haben wir die ganze Welt. Ich fühl mich wie ein großes Feuer, das vom Wind getrieben wird. Und es gibt überhaupt keine Grenzen, heute wird das Glück entführt. Du kannst es Liebe nennen oder einfach Spinnerei, heute brauchen wir keine Worte, heute laufen wir uns frei. Wir fliehen – für einen Tag.“

Simpel und ein bisschen sentimental, ich mag den Song und den Text aber bis heute sehr, ganz abgesehen davon, dass mir dieses Gefühl ebenfalls immer noch vertraut ist, sehr wahrscheinlich niemals fremd sein wird.

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Von den Caprifischern kommen wir jetzt an die naheliegende Amalfiküste, die schon immer für Schriftsteller, Maler, Dichter, Künstler jeglicher Art sowie später auch für den Jetset ein willkommener Fluchtpunkt war. Ein circa 40 Kilometer langer Küstenstreifen, benannt nach der Stadt Amalfi, eingerahmt von dem tyrrhenischen Meer und dem Lattarigebirge und seit Ende der 90er offizielles Unesco-Kulturdenkmal. Amalfi, Ravello, Positano – Rainer Maria Rilke pflegte hier zu weilen genauso wie André Gide, William Turner, Richard Wagner, Mirò und viele andere.

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„La bella gente“, die schönen Menschen kamen hierher – und sehr gerne auch in das überaus pittoreske Hotel Le Sirenuse nach Positano, jenen Ort, den John Steinbeck als den „einzigen senkrechten Ort der Welt“ bezeichnete. La Dolce Vita, den Reichen und Schönen vorbehalten, Mondänität, Glamour und natürlich Parties ohne Ende, von denen Otto Normalverbraucher nur träumen kann: Grace Kelly, Liz Taylor, Jackie Kennedy waren mit von der Partie genauso wie viele andere Promis, die sich auf sagenumwobenen Festen vergnügten. Das Sirenuse gibt es noch immer, es ist immer noch wunderschön, zeugt von der prunkvollen Vergangenheit und dem Stilbewußtsein der jetzigen Eigentümer. Die Kinder der Gründer betreiben das Hotel bis zum heutigen Tage, es ist für Normalsterblichen leider finanziell jenseits von Gut und Böse, aber Träumen darf man ja mal – siehe hier. Wer es sich wie ich (gerade?) nicht leisten kann dort zu urlauben, der kann sich einen Teil vom großen Ganzen gönnen – einen der herrlichen Düfte, die das Hotel mit seiner Eau d’Italie-Kollektion offeriert. An anderer Stelle hatte ich bereits geschwärmt, denn mir haben es viele der Düfte angetan, von denen ein Großteil im übrigen von „unserem“ Herrn Duchaufour kreiert wurden: Paestum Rose, mein zärtlich „Gruftimädchen“ genanntes Röschen, jene ambivalente, hell-dunkel irisierende. Der schöne Poetengarten, jenes krautig-grüne Wunder vom letzten Jahr. Magnolia Romana, eine der schönsten, wässrig-grünen Magnolien auf dem Markt. Bei Eau d’Italie ist ein Duft schöner als der andere – und ich finde es faszinierend, dass ein Hotel, ergo Branchenfremde, mit ihren Düften eine solch gelungene Kollektion auf die Beine stellen konnten. Tolles Design, tolle Düfte – kein einziger Rohrkrepierer, sondern gleichbleibend überdurchschnittliche Qualität und eigenständige Düfte. Kein Wunder, legte man doch auch offensichtlich Wert auf gute Nasen.

Die Nase hinter dem neuen Duft, der auf den zauberhaften Namen Un Bateau pour Capri hört, war Jacques Cavallier-Belletrud – ebenfalls ein alter Bekannter: Für Stella McCartney hat er bereits gearbeitet genauso wie für Paco Rabanne, Rochas, Bulgari und Calvin Klein. Poême schuf er für Lancôme, einen meiner damalig liebsten Düfte, des weiteren Jean Paul Gaultiers Classique für die Dame, jenen legendären Torso, sowie die Klassiker L’Eau d’Issey und Le Feu d’Issey für Miyake, Alchimie für Rochas und den weißen Tee für Bulgari.

Un Bateau pour Capri, das Boot nach Capri, sieht sich inspiriert durch den prominenten Besuch, den das 1951 eröffnete Hotel Le Sirenuse in den 50er und 60er Jahren anzog: Jene Damen in ihren elegant-mondänen Kleidern mit aufwendigen Frisuren und teurem Schmuck. Gehüllt in weiche Seide und von riesigen Sonnenbrillen bebrillt, die heutzutage wieder ein Comeback feiern – Ihr wisst schon, Puck die Stubenfliege lässt grüßen… Von dunkelroten Lippen und zahlreichen Verehrern im Smoking ist da die Rede – und von unverkennbaren Düften, weiblich und verführerisch…

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Cavallier-Belletrud hat diese Impression auf ganz zauberhafte Weise umgesetzt: Obgleich viele seiner Damendüfte zu schwerer und pudriger Süße neigen, hatte er ja bereits mit den Düften für Issey Miyake bewiesen, dass er auch ganz anders kann. Un Bateau pour Capri ist ein fruchtig-florales Femininchen, auf einem zarten Moschus-Zedernbettchen sich räkelnd: Der Kopf ist angenehm frisch und frei wie bei einigen dieser Schönen. Wässrig-weiblich anmutende Freesie, Pfingstrose, die jene dezent-aquatische Anmutung floral unterstreicht sowie leckerer und verdammt frühreifer Samtpfirsich, lolitaeske Jugendlichkeit ausstrahlend. Im Herzen zeigt sich der Duft heiter, weiblich und wohllüstig – üppiger Jasmin, hell-fruchtige, sanft-zitronige Rose und verhalten marzipaniges Heliotrop, die auf jener modernen (Zedern)Holz-Moschus Basis ruhen.

Ihr seht schon – Un Bateau pour Capri ist kein Intellektueller. Dem Duft fehlt jenes originäre Moment, jene Charakteristik, die einige frühere Duchaufour-Eau-d’Italie-Düfte auszeichnete. Vielleicht, …ganz sicher braucht man das aber auch nicht jeden Tag. Un Bateau pour Capri wohnt jene Laissez-Faire-Leichtlebigkeit inne, die ich mit einem solchen Urlaub assoziiere, auf den ich nun wirklich schon sehr lange warte: Einfach nur sein – und zwar in angenehmer Atmosphäre, die den Augen und dem Gaumen schmeichelt und die Seele eines jeden Ästheten berührt.

Will sagen: Ich mag den Duft. Und ich finde die Kombination Pfirsich-Rose-Pfingstrose ganz hinreißend. Wenn es demnächst nicht zu einem Urlaub reicht muss wohl ein solcher als Urlaubsersatz her.

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

3 Kommentare

  1. Evelyn
    30. August 2012
    Antworten

    *weglach*

    „Der Kopf ist angenehm frisch und frei wie bei einigen dieser Schönen.“

    Herrlich Uli, vielen Dank für diesen Lacher am Morgen!

    *breitgrins*

    Lass es Dir gut gehen! 🙂

    Evelyn

  2. Ulrike
    30. August 2012
    Antworten

    Aber sowas von gerne geschehen 😉
    Dito!

    Liebe Grüße,

    Uli.

  3. Harmen
    30. August 2012
    Antworten

    Bois d’Ombrie hat mich absolut überzeugt, bei Eau d’Italie die Nase noch tiefer hineinzustecken…
    LG Harmen

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