Lederluder die Zweite

lederluder2Jasmin und Leder ist eine beliebte Kombination, hatten wir jene doch auch gestern schon mit Mecheris A Fleur de Peau. Sicher liegt es auch an den durch das Indol oftmals hervorgerufenen animalischen Tendenzen des Jasmins, die sich ganz hervorragend mit Leder vertragen. Unsere heutigen beiden Kandidaten zeichnen sich ebenfalls dadurch aus, das ihre beiden Hauptprotagonisten Jasmin und Leder heißen. Und – vielleicht verrät es das „Bildchen“ nebenan schon: Die Lederlinge heute haben es faustdick hinter den Ohren…

Cuir Ottoman von Parfum d’Empire ist mein erster Kandidat. Parfum d’Empire, diese kleine italienische Manufaktur von Marc-Antoine Corticchiato ist ein, ich werde es nicht müde zu erwähnen, meines Erachtens nach völlig unterschätztes Haus. Zahlreiche bemerkenswerte Düfte stammen dorther, von denen ich einige sicher noch vorstellen werde – unter anderem mein Ambra-Liebling Ambre Russe oder das wunderschön melancholische Rosenchypre Eau Suave, mein krautiger Lederliebling Eau de Gloire, der sich so perfekt für beginnende Sommer eignet und noch viele andere…

Kommen wir zurück zu Cuir Ottoman. Dessen Ingredienzen: Kopfnote: Jasmin, Iris, Labdanum (Zistrose); Herznote: Leder, Tolubalsam, Benzoe; Basisnote: Weihrauch, Vanille, Tonkabohne.
Cuir Ottoman ist, wie jeder Duft von Parfum d’Empire, eine Hommage. Eine Hommage an eine bestimmte Zeit oder Epoche, eine Reminiszenz, eine olfaktorische Impression davon. Cuir Ottoman sieht sich so inspiriert durch die Erotik und das Mysterische des Osmanischen Reiches… Was erwartet uns da? Eine sehr ambivalente und kraftvolle Komposition. Hier prallen alle möglichen Attribute aufeinander: Cuir Ottoman ist sowohl elegant als auch herrisch und dominant, sanft als auch wild und ungezügelt. Bereits kurz nach dem Sprühen zeigt Cuir Ottoman sein wahres Gesicht: Eine virile (Glatt)Ledernote, bestens ausbalanciert durch erdig-weiche, samtige Iris, die für eine durchgängige Süße sowie buttrige Noten sorgt und von indolisch anmutendem, betörendem Vollblutjasmin ergänzt wird. Virtuos abgestimmt ist das ganze Vergnügen mit Harzen, Weihrauch und würzig-weicher Vanille. Cuir Ottoman ist ein sehr besonderer Duft: Einerseits wirklich dreckig, tiefdunkel-ledrig und animalisch, verfügt er doch über eine Eleganz und eine, manche würden jetzt in falsch übersetztem Englisch „sensitive“ Art schreiben… Empfindsamkeit? Zartheit? Sensibilität? Kann ein Duft sensibel sein? Ich habe keine Ahnung. Aber ich weiß, daß ein Duft erotisch sein kann. Und das ist er auf jeden Fall. Im übrigen sicher an beiden Geschlechtern.

Parfum d'Empire Cuir OttomanAuf jeden Fall aber bemerkenswert ist nicht nur der Duft selbst, sondern auch eine spezielle Note, die nicht jedem gefallen wird: Ich rieche auf meiner Haut auch… Benzin. Mit etwas Gummi vielleicht? Nicht so extrem wie in den dementsprechenden Comme des Garçons-Düften, nein, aber Cuir Ottoman hat auch schon einen Tick Gummi aus Bulgaris Black inhaliert, die Spritnote wiederum erinnert mich an Nostalgia von Santa Maria Novella, der eigentlich nur Benzin, Rauch und Leder war, wie ein schönes altes Auto, das ich leider noch nie hatte 😉

Das nächste Lederchen ist eines, das ganz bestimmt in nächster Zeit noch bei mir einziehen wird: Tuscan Leather von Tom Ford aus seiner Private Blend Collection, konzipiert als Herrenduft – aber was sagt das schon… Unglücklicherweise habe ich ihn erst spät entdeckt, die Private Blend Collection ist so groß, nicht ganz billig… nun, ich war zu der Zeit auch ein bißchen ledermüde, ergo kam er mir erst vor circa einem halben Jahr unter die Nase. Wow. Ich könnte die ganze Restrezension mit Wows und Woahs füllen, das wäre für Euch aber sicher wenig lesenswert. Ein Kracher. Dieser Duft macht keine Gefangenen, wirklich nicht. Marcher ou mourir – marschieren oder sterben ist hier die Devise, hier gibt es keine Kompromisse. Und ich marschiere mit, keine Frage, schreite vorwärts in heller Freude, denn: Tuscan Leather ist ein Puristenleder allererster Güte, eine wirklich ganz reinrassige Interpretation schönsten Glattleders – einerseits. Aber andererseits eben auch mit einem modernen Twist, einer sehr zeitgemäßen Ausprägung.

Das erschließt sich einem schon nach der Lektüre der Ingredienzen: Safran ist da angeben, Himbeere und Thymian sowie Jasmin, Leder, Hölzer und Weihrauch. Leder ist schon von vornherein das dominierende Element, tiefschwarzes Glattleder wie dasjenige einer unendlich teuren Lederjacke oder einem sündhaften Paar neuer Schuhe (oder auch, olfaktorisch verglichen: wie das in Knize Ten). Rauchige Noten, ein wenig angebrannt, die einem fast schon in der Nase brennen, kommen hinzu und kreieren einen gewagten Spagat mit den wirklich vorhandenen, äußerst deliziösen Beerennoten, die eine hintergründige frische Fruchtigkeit schaffen. Jene Fruchtigkeit beherrscht allerdings eher den Hintergrund beziehungsweise zeichnet diesen, welcher ebenfalls von verhalten-leisen würzigen Noten bestimmt wird. Jasmin hingegen vollendet den Akkord von (Him)Beere und Leder und brilliert mit dem ihm eigenen Aroma, das ich, obgleich abgedroschen, eben immer nicht anders als „betörend“ weil eben typisch weißfloral atemberaubend bezeichnen kann. Kühles forderndes Leder kontrastiert mit dezenter Wärme und subtiler Süße – ich finde Tuscan Leather „hot hot hot“.

Für mich von Null auf Hundert einer der schönsten Lederdüfte, den ich kenne… und schon zuckt er wieder, mein Bestellfinger…

Viele liebe Grüße,

Eure duftsüchtige Ulrike.

Bildquelle: Beware! von Jenny Rollo, Warm to cool von Aldon Scott Mc Leod, beide via stockxchng – vielen Dank für die schönen Bilder!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

5 Kommentare

  1. Margot
    22. März 2010
    Antworten

    Liebe Ulli,
    konnte nicht widerstehen und habe am Samstag eine Exkursion nach S ins B-Exqisit unternommen, um mir das oder andere olfaktorische Vergnügen zu gönnen. Dabei habe ich mir Tom Ford vorgenommen und mich am Tuscan Leather versucht. Ist wahrlich ein toller Lederduft der Deiner Beschreibung wirklich entspricht. Alle Düfte aus dieser Private Blend Kollektin durch zu prbieren, hätte wohl meine Nase zu sehr in Anspruch genommen. Ich habe jedoch noch einen getestet, der sofort mein Herz erobert hat. Das ist Oud wood. Die anderen spare ich mir für weitere Besuche in diesem Etablissement auf.

    Viele Grüsse und einen schönen Wochenanfang,
    Margot

    • Ulrike
      25. März 2010
      Antworten

      Hallo liebe Margot,

      da hast Du ja was angerichtet 😉 Ich WUßTE in der Tat NICHT, daß der örtliche Breuni die Private Blends hat. Und habe prompt ein anstrengendes Telefonat geführt („Ja, ich verbinde Sie in den Exquisit-Bereich“ – „Ich möchte aber zu den Düften“ – „Ja, die Ford-Düfte“ – „Nein, die Private Blends“ – „Was?“ – usw.)… Jetzt MUß ich mir den Tuscan Leather ja doch bald kaufen… ansonsten war er ja noch weit weg à la „Wenn Du mal wieder nach München kommst…“… Doof das 😉
      OudWood ist toll, das stimmt. Erinnerte mich damals ein bißchen an Notte Bianca von Linari, dieser hatte mir fast noch ein bißchen besser gefallen. Trotzdem habe ich auch eine kleine Flasche hier stehen davon 😉
      Vielleicht schaffen wir es ja mal gemeinsam zum Schnüffeln in den Breuni? Die Schnupperrunde bei mir steht ja auch noch aus 🙂

      Liebe Grüße,

      die Uli.

  2. Margot
    25. März 2010
    Antworten

    Liebe Uli,
    soll das heißen du hast das mit dem Breuni verifizieren müssen? *megagrins* Der Breuni in S dürfte sich (meiner Meinung nach) nicht Exquisit nennen, wenn dafür und manch andere Marke KEIN Counter existieren würde.
    LG,
    Margot

  3. Ulrike
    25. März 2010
    Antworten

    😀 *lach*

    Nein, verifizieren mußte ich es nicht, ich wollte eigentlich nur SOFORT wissen, welche Düfte sie da haben, ob sie ALLE da haben (unter anderem auch die neuen Moschusdüfte)… Das war aber ein mehr als schwieriges Unterfangen (s.o.) und als Resultat weiß ich jetzt genauso viel wie vorher – DAß sie sie da haben. Hätte ich gleich besser Dich gefragt und/oder wäre gleich vorbeigeschlappt 😉
    Und was das Exquisit angeht – das Fräulein wollte mich in die Kleidungsabteilung verbinden trotz mehrmaliger Beteuerung, daß ich die Düfte, die Private Blends usw. haben will 😉

    Liebe Grüße zurück,

    die Uli.

  4. Margot
    25. März 2010
    Antworten

    Liebe Uli,
    die Fräuleins in der Telefonzentrale sind sowieso ein Fall für sich. Welche Düfte nun wirklich da sind, kann ich dir leider auch nicht sagen, ich glaube aber, dass es was mit „MUSK“ gab, schätze alles in allem standen da 12 Fläschchen, immer in so 3er-Gruppierungen.
    LG,
    Margot

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